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Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Ellory
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sich auf ein einziges Thema reduziert. Sein ganzes Leben bestand inzwischen nur noch aus dem Verlangen zu begreifen, was Rebecca, Kelly und den anderen zugestoßen war. Und warum war diese Frage so bedeutsam? Warum stellte dieser Fall alle anderen in den Schatten? Weil diese Mädchen wie Caitlin waren? Weil sie ihn an jedes einzelne Versagen erinnerten, das er sich bei seiner eigenen Tochter geleistet hatte? Weil Caitlin genauso gut eines der Opfer hätte werden können? Weil es noch viele Opfer geben konnte, falls dieser Mann nicht aufgehalten wurde?
    Jemand da draußen kannte die Wahrheit. Jemand bei Family South Two. Lester Young vielleicht? Ein Mann, der zur Bewährungsbehörde gewechselt war und womöglich gerade in diesem Augenblick dafür sorgte, dass die Verlorenen und Vergessenen von der Oberfläche der Erde verschwanden.
    Es gab zu viele Zufälle, zu viele Verbindungen, als dass Parrish sie hätte übersehen können. Einer dieser achtundvierzig Männer kannte die Namen dieser Mädchen, kannte ihre Gesichter, ihre persönlichen Verhältnisse. Diese Mädchen waren von irgendjemandem ausgewählt worden, zu einem bestimmten Zweck. Vielleicht bloß zum Sex. Vielleicht für Fotos. Vielleicht waren sie bewusst so gekleidet worden, dass sie jünger wirkten, als sie waren, und die Fotos zirkulierten jetzt in Kreisen, die für solche Dinge zahlten. Dort draußen gab es einen Sumpf aus Schande und Verdorbenheit, von dem die große Mehrheit der Menschen sich überhaupt kein Bild machte. Was auch immer man sich an Schlechtigkeit vorstellen konnte, war längst von irgendjemandem praktiziert worden. Und es gab immer einen, der seine Zeit damit zubrachte, Pläne zu schmieden, wie sich die Grenzen noch weiter überschreiten ließen. Derjenige, der diese Mädchen aus ihren Familien gerissen, sie betäubt und getötet hatte, stand nicht am untersten Ende der Nahrungskette. Woher Parrish das wusste? Weil die Mädchen gefunden worden waren. Und nicht nur das, sie waren in einem Stück gefunden worden. Mörder, die noch tiefer gesunken waren, hätten die Leichen zerstört, in Stücke gerissen und vergraben oder wären sie hier und dort in Einzelteilen losgeworden; sie hätten die Opfer in Abwasserrohre gestopft und in Müllbehälter geworfen, in den Fluss, in die Sümpfe von New Jersey. Und die Mädchen wären nie wiederaufgetaucht.
    Er dachte an die künstlich gealterten Fotos auf den Anzeigenseiten der Zeitungen: So würde unser Sohn heute aussehen. Haben Sie ihn oder jemanden, der ihm ähnlich sieht, gesehen? Bitte rufen Sie an bei 1-800- THELOST . Vielen Dank. (Dieser Aufruf wird vom Nationalen Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder unterstützt.)
    Tausende. Zehntausende. Wo waren sie? Wohin verschwanden sie? Und warum?
    Parrish schlief nicht mehr ein. Er wartete geduldig, bis hinter den Schlafzimmervorhängen der Tag anbrach, dann stand er auf, duschte, rasierte sich und zog sich an.
    Ein neuer Tag, und trotzdem ein Tag wie all die anderen.

40
    Freitag, 12. September 2008
    »Ich hab Mist gebaut.«
    »Ich weiß.«
    »Radick hat es Ihnen erzählt.«
    »Allerdings.«
    »Und er hat es Valderas und Gott weiß wem noch erzählt, stimmt’s?«
    »Nein, das hat er nicht. Und er sagt, dass er es auch nicht vorhat.«
    »Und was denkt er sich dabei?«
    »Fragen Sie ihn.«
    »Ich frage Sie.«
    »Er ist der Auffassung, dass es sich bei dem, was gestern Abend passiert ist, um eine Angelegenheit zwischen Ihnen und Ihrer Tochter handelt, nicht zwischen Ihnen und dem Dezernat.«
    »Na, das ist ja ziemlich edel von ihm.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie sich Ihren Sarkasmus leisten können, Frank.«
    »Ich hab Mist gebaut, okay? Ich hab doch schon gesagt, dass ich Mist gebaut hab, oder? Ich bin nicht sarkastisch, sondern direkt und geradeheraus.«
    »Ehrlich, Frank, meiner Meinung nach sind Sie das wahrhaftig nicht gewesen.«
    »Was, zum Teufel, soll das jetzt heißen?«
    »Schauen Sie sich bloß an. Er will nicht mit Ihnen arbeiten, ist Ihnen das klar? Er weiß, dass er keine Wahl hat, will aber ein Gesuch um erneute Versetzung einreichen. Er würde gern weiterhin in einer Mordkommission arbeiten, allerdings in einem anderen Revier.«
    »Meinen Sie das ernst?«
    »Natürlich meine ich es ernst. Sie haben ihn körperlich angegriffen, Frank. Sie sind in die Wohnung Ihrer Tochter eingedrungen und haben chinesisches Essen im Hausflur verteilt …«
    »Ich war wütend.«
    »Wütend oder nicht, Frank, Sie haben kein Recht, sich so

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