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Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Ellory
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zur Jukebox und wählte Art Tatum aus.
    Ich trinke, weil ich mich einsam fühle. Ich trinke, weil ich Angst habe. Ich trinke wegen meines Vaters. Immer die gleichen alten Gründe: Ein Lügner ändert seine Geschichte nicht.
    Er versuchte, sich zu erinnern, was in Caitlins Wohnung geschehen war, wie fest er sie geschlagen hatte.
    Und du warst das Düsterste all meiner Nächte, das Strahlendste all meiner Tage.
    Doch er schaffte es nicht. Er wusste, dass in seinem Hirn eine Tür zugeschlagen war und dass es eine Weile dauern würde, bis er sich wieder an das erinnern würde, was hinter dieser Tür lag.
    Hier ist es wie überall und überall sonst.
    Er fühlte sich wie der Abschaum der Menschheit. Und noch schlimmer. Nicht mal wie ein Mensch.
    Oh, Frank. Deine Mutter muss sehr, sehr stolz auf dich sein …
    Und er fragte sich, was der morgige Tag bringen würde. Fragte sich, ob Radick Valderas informieren würde, ob alles vorbei war, ob seine bisherige Welt aufgehört hatte zu existieren und ob es für Frank Michael Parrish vielleicht keinen Platz mehr auf der Bühne gab.
    Herrgott, schenk mir wenigstens noch einen einzigen Tag.
    Fünf, sechs Drinks, und er wusste, dass er jetzt gehen, ein Taxi nehmen, nach Hause fahren und sich ausschlafen sollte.
    Das tat er. Er zahlte seinen Deckel, ließ zehn Dollar Trinkgeld zurück und schaffte es ohne Hilfe hinaus auf die Straße.
    Nach all seinen Jahren bei der Polizei konnte Parrish die Nächte, in denen er von Albträumen geweckt worden war, an einer Hand abzählen.
    Heute aber war die Macht der Bilder und Gefühle, die ihn überfielen, so stark, dass er nach dem Aufwachen glaubte, immer noch zu träumen.
    Die Bilder ließen sich nicht zurückdrängen; die Gefühle füllten seinen Bauch, seine Brust und sein Herz aus; er fand sie im Schweiß auf seinen Händen, in der Feuchtigkeit seiner Laken, seines T-Shirts und seiner Haare wieder.
    Die Tür, die früher so entschieden die beiden Bereiche seines Lebens getrennt hatte, war keine Tür mehr. Nur noch ein Vorhang – dünner als Spinnweben –, durch den er nicht bloß die Stimmen der Toten hören, sondern sogar ihre Gesichter sehen konnte.
    Kelly, Rebecca, Karen, Nicole, Jennifer – und Melissa, denn irgendetwas sagte ihm, dass auch sie tot war; sagte ihm definitiv, dass sie tot war.
    Und zwischen all diesen Gesichtern sah er Caitlin, die ihn anschaute – in einem Moment freundlich, im nächsten anklagend. In ihren Augen begegnete er wieder Clare, und er fragte sich, was seine Exfrau bei ihrer nächsten Begegnung zu ihm sagen würde. Vielleicht würde sie nicht so lange warten und ihn vorher anrufen …
    Du hast dein eigenes Leben versaut, Frank, und meines gleich mit. Darf ich dich dringend darum bitten, dich von den Kindern fernzuhalten, um ihr Leben nicht auch noch zu versauen? Ist das zu viel verlangt?
    Aber … aber … aber …
    Es reicht, Frank. Ich habe schon oft gesagt, dass es Kerle gibt, bei denen es eine Weile dauert, bis sie alles vermasselt haben. Aber du? Bei dir muss man nicht lange warten. Du kriegst alles kaputt, bevor du überhaupt auf der Bildfläche erscheinst.
    Parrish stand auf. Er ließ das Waschbecken im Bad volllaufen und hielt sein Gesicht so lange ins Wasser, wie er es aushalten konnte.
    Er trank einen Orangensaft und versuchte, sich zu übergeben, doch es gelang ihm nicht.
    Dann kehrte er ins Bett zurück und führte in einem Zustand zwischen aufgewühlter Wachheit und ruhelosem Schlaf Gespräche mit jedem einzelnen Mädchen. Er hörte sich an, was sie zu sagen hatten. Er wusste, dass sich alles nur in seiner Einbildung abspielte, doch ging von dieser Einbildung eine solche Kraft aus, dass er glauben konnte, sie säßen neben seinem Bett und erzählten ihm, was ihnen zugestoßen war.
    Mädchen, deren Leben noch nicht richtig begonnen hatte. Betäubt, gefesselt, gevögelt und getötet. In einem Flur zurückgelassen, in einem Hotelzimmer, in einem Karton, um vom Hausmeister entdeckt zu werden. Was für ein sinnloser Verlust. Was für ein schrecklicher, beschissener Verlust.
    Die Schmerzen weckten ihn auf, und es waren echte Schmerzen, nichts aus seinen Träumen. Wieder die schrecklichen Krämpfe in seinen Eingeweiden. Diese Schmerzen hatten sich so oft bemerkbar gemacht, dass er mit dem Gedanken gespielt hatte, sich darum zu kümmern, zum Arzt zu gehen und sich untersuchen zu lassen.
    Natürlich würde er das nicht tun. Nicht, ehe er die Wahrheit über diese Morde herausgefunden hatte. Alles hatte

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