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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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siehst bezaubernd aus. Natürlich weiß ich, das allein macht es nicht aus! Es liegt an etwas anderem. Aber was ist das? Du kannst sagen, es ist nicht für jeden, es ist nicht für jeden dasselbe, bei einem trifft es zu, und der hängt dann daran. Aber das stimmt auch nicht, es ist doch etwas dabei, etwas Gewöhnliches, das für jeden ist, und davon kommt erst das: Liebe ohne Rettung. Man kann nicht sagen, wieso. Aber es ist so, – und du hast es. Das weiß ich, und du mußt mir sagen, was es ist, ich würde es doch gerne wissen. Ach, ich stelle es mir doch schrecklich vor, wenn man so ist wie du, „zum Lieben“!
    Ja, besser wäre ich tot, dachte Susanna und sah auf das schöne Bild dieser Person, von der alle diese Worte kamen, und die ja ohne Zweifel tot war – oder doch etwas ähnliches, obwohl sie aussah wie das Leben selbst, – sie dachte: das bin ja ich – bin ich denn die Pallas-Ledwinka, bin ich es, die hier redet …
    O Gott, sie kam elend! Sie hatte sichs nicht einfach vorgestellt, Karl Jorhan wiederzusehen, ihren Mann, wenn er heimgekehrt sein würde; und im Stillen, ohne sichs einzugestehen, hatte sie sich tatsächlich vorgestellt, er würde nicht heimkehren, und es würde ihr erspart bleiben. – Wie sie nun kam, da war nichts, nichts, nichts, drüben nichts, und hier nichts. Drüben – das war für sie: Axel, der ihr nicht geglaubt hatte. Und hier war Jorhan. Aber nein, von uns kann ich ihm nichts erzählen. Ich muß ihm im Gegenteil freudig erzählen, wie drüben der kleine Sohn ist. Und in der Nacht werde ich mit ihm sein und beim nächstenmal, recht bald, werde ich ihm sagen, daß ich schwanger bin. Das wird er mir dann alles gern glauben. Aber daß ich so gut wie tot bin, – wenn ich ihm das erzähle, das wird er nicht glauben. Er wird ja nicht einmal merken, daß ich nur scheinbar seine Frau bin, Susanna Jorhan.
    Nun war sie doch bei ihm und sie behielt recht: er merkte nichts. Er hatte von Anfang nur gemerkt, daß sie erschöpft war, daher seine Reden: Ach du liebe Güte! und: Ach, du Ärmste! und: Soviel Staub; und: Endlich bist du da, ich habe dich schon so sehr erwartet, schon gestern und vorgestern …
    Er entschuldigte sie bei sich: unser erstes Wiedersehen, im Grunde weiß sie gar nicht, was sie sagen soll, sie muß sich an mich erst wieder gewöhnen. Aber dann dachte er: wird es je besser werden zwischen uns, wird es je gut werden?
    Sie standen in Jorhans Zimmer; in diesem Haus gab es, scheints, in jedem Zimmer die gleiche Couch mit Gummibezug. Was ist das? fragte sie und zeigte auf das Sternenmuster.
    Was meinst du? fragte er. Sie schwieg.
    Ja, mein Zimmer, sagte er dann und zwang sich die Vorstellung auf, daß er sie liebte, – unser Zimmer, und wir können jetzt hier zusammenbleiben!
    Er sagte: Du ruhst dich aus jetzt.
    Ja, lieber wäre ich tot, dachte sie wieder. – Es war fürchterlich, „zum Lieben“ zu sein. Man konnte nicht darin bleiben, man konnte nichts dabei werden; es hätte dieses andere dazugehört, das ohne Fleisch war, ohne Haut, ohne Nahesein – nur: Vertrauen, Glauben!
    Sie sagte: Fini hat mir etwas mitgegeben für dich, und überhaupt, ich muß dir dann erzählen.
    Sie öffnete das Einkaufsnetz, faltete die Serviette auseinander und legte Brot, Äpfel und Speck heraus.
    Sie dachte: wenn ich ihm alles erzählen könnte, er würde mir ja vielleicht glauben. Aber bei ihm strengt es mich nur an. Sogar seine Freundlichkeit strengt mich an. Er denkt, jetzt kommt der Abend, und ich erzähle ihm etwas und lege mich zu ihm hin, und dann geht es weiter, wir haben unsere Zeit noch vor uns. Aber ich lebe nicht mehr so. Ich habe schon gelebt, hier bin ich anderswo. Mir macht es Mühe, mich an all das zu erinnern, von dem er glaubt, daß es geschieht.
    Für Susanna war alles gleich wirklich: Jorhan nicht wirklicher als Fräulein Pallas-Ledwinka.
    Sie sagte: Lieber Jorhan, jetzt ist alles gut, – seit deinem ersten Brief. Seit ich erfahren habe, daß du zurückgekommen bist, war alles gut! – Er stand in dem dunklen Zimmer. Sie hatten nicht Licht gemacht. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen. Aber er sah ihr weißes Kleid, sie lehnte am Fenster und blickte hinaus. Sie sagte: Und warum heißt es hier „Neue Welt“?
    Er sagte: Die ganze Gegend hier heißt so. Wir konnten ja seinerzeit nicht übers Meer. – Wir haben uns hier die Neue Welt gegründet. Aber nun ist sie natürlich ziemlich ramponiert.
    Sie sagte: Aber es ist ja gut, daß du jetzt hier sein kannst. Denn

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