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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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erscheinen würde! Aber nun sagte seine Stimme:
    Endlich bist du hier, wir haben dich schon erwartet.
    Susanna sagte: Ich habe mich ja bis zuletzt gefürchtet, es könne sich alles als Irrtum erweisen! Sie dachte: wenn er zuhört, – jetzt hat er gewiß nicht gemerkt, daß ich lüge! Ich habe ja in Wirklichkeit gehofft, es könne sich als Irrtum erweisen; und nun ist es gottseidank so, ich brauche ihm nicht sofort zu begegnen, und vielleicht bleibt mir überhaupt alles erspart!
    Sie folgte der Pallas-Ledwinka durch die Glastür und sagte: Aber jetzt hört es doch auf, daß man sich fürchten muß. Hier herüben wenigstens hört das auf. Das habe ich immer gedacht, daran habe ich mich festgehalten unterwegs, und deshalb hatte ich ja auch mein weißes Kleid angezogen. Ich wollte von vornherein zeigen, daß ich feste Hoffnung habe. Ich bin ja so weit gegangen, – wozu, habe ich immer gedacht, wozu alles, wenn ich dann nicht an einen Ort komme, an dem ich mich nicht mehr fürchten muß wie drüben. Und doch, bis zuletzt …
    Aber nein, Liebste, sagte die Pallas-Ledwinka, wie kommst du darauf, daß es ein Irrtum sein könnte?
    Susanna sagte: Ein falsches Lazarett, oder irgendein Irrtum eben! Ach, weißt du, man macht sich solche Gedanken unterwegs! Es ist so schrecklich, allein zu gehen. Kein Auto, und die Autos der Soldaten nehmen einen ja nicht mit nach drüben, und das Milchauto, auf das ich gehofft hatte, war schon durch, und dann diese Posten und Kontrollen, sie wollten mich wieder zurückschicken, obwohl ich doch seinen Passierschein habe, diesen Schein hier.
    Und Susanna faltete ihn auseinander.
    Das Papier war verknittert und von Streifen aus Schweiß gerändert, aber es zeigte deutlich das Abbild des Paradieses, die grünen Bäumchen wie zu einem Strauß gebunden, und darunter die Unterschrift „Kapitän Waldfee“.
    Ich bin dort schon gewesen, in diesem Ort des Kapitäns, sagte Susanna, und du glaubst es mir doch, mit dem Papier kann ich es doch bezeugen – das heißt: er hat mir diesen Passierschein gegeben zum Hinübergehen, – ich mußte doch hinüber, – und du mußt es mir jetzt glauben, wenn ich dir das hier zeige …
    Die Pallas-Ledwinka leuchtete von Heiterkeit, und Susanna, glücklich über dieses Licht, konnte nun alles erzählen:
    So lange bin ich aufgehalten worden und bin gar nicht recht vorangekommen. Den ersten Abend habe ich nochmals übernachten müssen in einem Dorf bei wildfremden Leuten. Trotzdem war mir wohl. Es ist ja hier drüben alles viel besser als bei uns. Ach, wenn ich mich an das bei uns erinnere, – ich darf gar nicht dran denken!
    Du sollst jetzt auch nicht mehr dran denken, du sollst gar nichts erzählen davon, – jetzt bist du bei uns!
    Ja, ich bin hier, bei euch, – es kommt mir ganz unwahrscheinlich vor, – aber jetzt bin ich ja wirklich hinüber, ach, ich bin selig!
    Der Korridor war eingerichtet wie ein Wartezimmer, sie hatte es zu Anfang nicht bemerkt, aber inzwischen waren sie von der Glastür fortgegangen, und je mehr sie redeten, um so mehr sah der Korridor einem Zimmer ähnlich; jedes Wort verwandelte ihn, und machte, daß sie tiefer ins Haus kamen, und nun waren sie schon weit innen. Susanna konnte sich gar nicht mehr vorstellen, wo der Eingang war. Sie blickte um sich, da sah sie, es stand auch eine mit Gummi bespannte Couch in dem Raum; und seltsamerweise – das unterschied sie sofort – war in den Gummi ein ebensolches Sternenmuster eingepreßt, wie es in ihrer Villa drüben das Sofa gehabt hatte, – nur war es dort Stoff gewesen, und hier war es Gummi. Daneben stand ein Nachtkästchen, und eine schmale Tür führte in ein Bad. Das Wort „Bad“ stand auf einem Emailschildchen an der Tür. Während Susanna es las, flossen die Buchstaben auseinander und setzten sich neu zusammen; auf einmal waren es kyrillische Buchstaben. Susanna wagte nicht, etwas zu erwähnen, sie dachte an den Kapitän. War es möglich, daß er ihr nachgereist war, oder vorausgereist, und sich mit Jorhan besprochen hatte, und daß hier etwas im Gang war, sie zu täuschen? Alles war so seltsam: der Empfang, und dann dieses Wesen hier, diese Frau. Aber an wen hätte sie sich halten sollen, um Jorhan auszuweichen, wenn nicht an dieses Bild?
    Das ist mein Zimmer, sagte Fräulein Pallas-Ledwinka, und du kannst jetzt hier bleiben, solange du willst!
    Susanna dachte: das ist nun doch eine ganz eindeutige Antwort, daß ich an Jorhan nicht zu denken brauche. Ich soll es nicht wichtig nehmen

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