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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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hinüberzuckte.
    »Dr. Baird?«, beharrte Jones.
    »Nun, gewiss, wenn eine Lüge kompliziert ist und die Vergegenwärtigung bestimmter Folgen einschließt, dann wird soziale Imagination sehr wichtig sein … aber man sollte nicht vergessen, dass es für Menschen mit Asperger oft unmöglich ist zu lügen.«
    »Aber, Dr. Baird«, sagte Jones, ein sardonisches Lächeln auf den Lippen, »Sie haben uns gerade gesagt, dass Sebastian nicht Asperger hat, aus dem einfachen Grund, weil er eine Befähigung … ja, eine Begabung … für soziale Imagination an den Tag legt, was ihm erlaubt haben mag, hinsichtlich des Mordes an dem kleinen Ben Stokes überzeugend zu lügen. Ist es nicht so?«
    »Ich … denke, dass PDD - NOS die angemessenere Diagnose ist, ja … ich kann nicht sprechen über …«
    »Dr. Baird. Würden Sie sagen, dass Kinder mit Asperger und auch diejenigen, bei denen das geringere Symptom PDD - NOS diagnostiziert worden ist, oft zu Gewalt neigen?«
    »Nun, ich …«
    Irene stand auf. Daniel faltete die Hände.
    »Euer Ehren, erneut bezweifle ich die Sachdienlichkeit … Der Zeuge gibt seine fachmännische Meinung über die psychologische Verfassung meines Klienten wieder. Wir haben keine Zeit für Verallgemeinerungen.«
    »Das mag sein, Miss Clarke, aber der Zeuge möge antworten … Als Fachmann hat er das Recht darzulegen, von welcher Bedeutung die psychologische Verfassung Ihres Mandanten für … allgemeinere Verhältnisse ist.«
    »Nun …«, stammelte Baird, »Kinder, die Symptome von PDD - NOS und Asperger an den Tag legen, können leichter entmutigt sein und als Folge davon eher zu Trotzanfällen, Tobsucht, heftiger Wut und gewalttätigen Verhaltensformen neigen.«
    »Ich verstehe … heftige Wut und gewalttätige Verhaltensformen «, wiederholte Jones und drehte sich zu den Geschworenen herum. »Würde Kindern, die solche Symptome zeigen, auch … Mitgefühl fehlen?«
    »Noch einmal, die Störung besitzt ein breites Spektrum, aber … und das trifft auf aggressive Kinder allgemein zu … recht oft fühlen oder vielmehr verstehen sie nicht die Leiden von anderen.«
    »Danke, Dr. Baird«, sagte Jones.
    Jones schien mit sich zufrieden zu sein.
    »Wenn Sie gestatten, Euer Ehren«, sagte Irene und erhob sich wieder.
    Richter Baron wedelte zustimmend mit seinen Fingern.
    »Dr. Baird … wenn wir uns jetzt auf Sebastian konzentrieren und von den Verallgemeinerungen von vorhin Abstand nehmen, ist es Ihre fachmännische Ansicht, dass er aggressiv oder aber verlogen war, als Sie – zweimal – mit ihm zusammentrafen?«
    »Diese Erfahrung habe ich bei ihm nicht gemacht, und wir sollten nicht unterstellen, dass er zu diesen Dingen fähig ist.«
    »Ich verstehe. Sie haben ausgesagt, dass Sie annehmen, dass Sebastian eine Störung aus dem Asperger-Spektrum, nämlich PDD - NOS , haben kann. Ist sie weit verbreitet?«
    »Sehr weit verbreitet.«
    »Ist es also möglich, dass eine große Zahl ansonsten gesunder und normaler Erwachsener in der Gesellschaft Merkmale dieses milden Asperger-Spektrums besitzen könnte?«
    »Ja, natürlich, es gäbe allerdings keine Möglichkeit zu sagen, wie weit verbreitet es ist, da es auch heute noch weitgehend unerkannt bleibt.«
    »Also können Menschen in diesem Gerichtssaal, neben dem Angeklagten, ebenfalls PDD - NOS haben?«
    »Das ist durchaus möglich.«
    »Menschen unter den Geschworenen könnten PDD - NOS haben, und sogar die Ankläger, Verteidiger und der Richter heute im Gerichtssaal?«
    Ihre Worte waren schockierend, und Daniel blickte zu Baron hinüber. Der alte Mann machte ein finsteres Gesicht, sagte aber nichts.
    »Noch einmal, es ist … möglich.«
    »Und ist das nicht besorgniserregend? Deutet PDD - NOS nicht auf kriminelle oder gewalttätige Neigungen hin?«
    »Ganz und gar nicht, es ist nur so, dass die Einschränkungen durch die Störung bei bestimmten Menschen Frustrationen steigern und gelegentlich zu Wutanfällen führen können.«
    »Danke für diese Klarstellung.« Daniel sah, dass Irene die Notizen zurate zog, die sie sich während Jones’ Befragung gemacht hatte. »Nun, hinsichtlich der angeblichen morbiden Faszination des Angeklagten haben Sie als Beispiel seine Schil derung von der Fehlgeburt seiner Mutter angeführt. Seite dreiundsechzig, Absatz vier in Ihren Unterlagen enthält das Protokoll des Gesprächs, auf das Sie sich beziehen. Was genau hat Sebastian gesagt, was Sie für morbid oder für sein Alter unangemessen hielten?«
    »Es war verblüffend,

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