Der Schuß im Nachtklub
Taschentuch ab. »Ein sehr unerfreulicher Zwischenfall, Lieutenant.
Der Wärter war äußerst unvorsichtig, aber es wird nicht wieder vorkommen.
Cedric ist die meiste Zeit ganz liebenswürdig.«
Er strich sich wieder mit dem
Fingernagel einen Augenblick über den Schnurrbart hin.
»Und er stammt aus einer
unserer besten Familien«, fügte Maybury hinzu.
»Natürlich.«
SIEBENTES KAPITEL
A uf dem Weg zurück in die Stadt
hielt ich an der ersten besten Bar. Nach diesem Erlebnis hatte ich eine
Stärkung nötig. So was wie Cedric erlebte man sonst nur in Alpträumen. Die Sanatoriumsspur hatte im Nichts geendet. Booth, der Kellner,
fiel mir ein. Er war ein bißchen aus sich herausgegangen, als ich ihn etwas
unter Druck gesetzt hatte. Vielleicht ließ sich aus ihm noch mehr
herausquetschen, wenn man den Druck noch etwas verstärkte. Es war ein Versuch
wert.
Ich rief im Büro an und
erkundigte mich bei Polnik nach der Adresse des
Kellners. Er wohnte in einem Mietshaus sechs Blocks vom Goldenen Hufeisen entfernt. Ich genehmigte mir noch einen, um die Zwangsjacke verblassen zu
lassen, und ging zu meinem Healey zurück.
Etwa eine halbe Stunde später
erreichte ich die Straße und das Haus. Wenn es jemals bessere Tage gesehen
hatte, so mußten auch sie hart gewesen sein. Der nächste freie Platz zum Parken
am Straßenrand lag fünfzig Meter weiter. Ich stellte den Healey ab, und gerade
als ich anfing, auf das Haus zuzugehen, sah ich jemand aus dem Haus treten.
In dieser Gegend war er so
auffällig wie ein Marsmensch. Der schwarze Anzug, der steife weiße Kragen und
die schwarze englische Melone gehörten ganz einfach nicht hierher. Er blieb
einen Augenblick auf dem Trottoir stehen, blickte aufgeregt um sich, überquerte
dann die Straße mit schnellen Schritten und verschwand um die nächste Ecke.
Mr. Talbot war entschieden ein
Butler, der es eilig hatte.
Ich beschleunigte meine
Schritte. Im Hauseingang hing eine abgeblätterte Tafel, auf der die Bewohner
des Hauses angegeben waren. Neben Nummer Neun war der Name Booth mit Kreide
hingeschrieben.
Ich stieg die Treppe bis zum
zweiten Stock hinauf. Nummer Neun war direkt gegenüber vom Treppenabsatz. Ich
klopfte an und wartete. Ich glaubte ein leises Geräusch hinter der Tür zu
vernehmen, war jedoch nicht sicher. Vielleicht wollte Booth nicht mit sich
reden lassen. Ich drückte auf die Klinke, die Tür war nicht verschlossen.
Ich stieß die Tür weit auf und
sagte: »Booth?«
Den Bruchteil einer Sekunde
später sah er mich an, antwortete jedoch nicht. Das war verständlich. Hätten
wir die Absicht gehabt, uns zu unterhalten, hätten wir einen der Tische zu
Hilfe nehmen müssen, die man auf spiritistischen Sitzungen benutzt, um die
Stimmen der Abgeschiedenen herbeizuzaubern.
Booth war sauber mitten durch
die Stirn geschossen worden. Das Blut rann noch aus der Einschußwunde ,
das Ganze konnte nur während der letzten paar Minuten stattgefunden haben. Ich
ging ins Zimmer, um ihn mir näher anzusehen, und das war ein Fehler.
Ich hörte die Bewegung hinter
mir, aber bevor ich mich umwenden konnte, sauste etwas Schweres auf meinen
Hinterkopf. In dem Augenblick, in dem mir das Bewußtsein schwand, fragte ich mich, ob Cedric wohl einen Bruder hatte.
Wieder zu Bewußtsein zu kommen, nachdem man einen Schlag auf den Schädel erhalten hat, entspricht
nicht meinem Ideal, einen Nachmittag zu verbringen. Als ich wieder hochkam, war
ich überzeugt, daß jemand eine Schädeloperation bei mir vorgenommen hatte, ohne
sich die Mühe zu machen, die Sache hinterher zu nähen.
Das Zimmer hatte sich nicht
verändert. Booth’ Leichnam lag regungslos auf dem Boden. Ich verließ das Zimmer
und schloß die Tür hinter mir. Ich benutzte das Telefon im Hauseingang und rief
die Mordkommission an. Hammond war nicht da, aber Polnik .
Ich erzählte ihm, was geschehen war, und sagte ihm, er sollte sich nun um den
üblichen Kleinkram kümmern.
Mit einem sauren Geschmack im
Mund kehrte ich zum Healey zurück. Ich hatte eine Beule auf dem Hinterkopf, die
ständig größer zu werden schien, und einen Denkzettel, der sich immer tiefer in
mein Selbstbewußtsein einfraß.
Wer auch Booth umgelegt hatte,
mich hatte der Betreffende auf jeden Fall zum Narren gehalten. Er hatte einfach
in dem Zimmer gewartet, und ich war hineingegangen, ohne überhaupt an eine
solche Möglichkeit zu denken. Wahrscheinlich hatte ich noch Glück, daß ich nur
einen auf den Kopf bekommen hatte.
Wenn ich jetzt
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