Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
bekannt«, sagte Suess. »Jedes der Phänomene ist für sich betrachtet nichts Neues. Das Neue entsteht im Zusammenwirken. Sobald man alle Komponenten in Beziehung zueinander setzt, wird die Zersetzung der Hydrate offenkundig.« Er gähnte. Es wirkte seltsam unpassend angesichts der schrecklichen Bilder, aber keiner von ihnen hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden ein Auge zugetan. »Mir ist nur keine Erklärung dafür eingefallen, warum die Würmer überhaupt da sind.«
    »Mir auch nicht«, sagte Bohrmann. »Und ich denke schon länger darüber nach als du.«
    »Und wen informieren wir jetzt?«, fragte Sahling.
    »Hm.« Suess legte den Finger an die Oberlippe. »Wie war das noch? Die Angelegenheit ist vertraulich, richtig? Wir müssten also erst mal Johanson ins Bild setzen.«
    »Warum nicht gleich Statoil?«, schlug Sahling vor.
    »Nein.« Bohrmann schüttelte den Kopf. »Auf gar keinen Fall.«
    »Du glaubst, die kehren es unter den Tisch?«
    »Johanson ist die bessere Option. Wie ich ihn einschätze, ist er neutraler als die Schweiz. Wir sollten ihm die Entscheidung überlassen, wann ....«
    »Es bleibt keine Zeit, jemandem was zu überlassen«, unterbrach ihn Sahling. »Wenn die Simulation auch nur annähernd wiedergibt, was am Hang passiert, müssten wir streng genommen die norwegische Regierung verständigen.«
    »Dann gleich auch sämtliche Nordseestaaten!«
    »Gute Idee. Nimm Island dazu.«
    »Augenblick mal!« Suess hob die Hände. »Wir führen hier doch keinen Kreuzzug.«
    »Darum geht's nicht.«
    »Darum geht es wohl. Noch ist es nur eine Simulation.«
    »Schon, aber ....«
    »Nein, er hat Recht«, unterbrach ihn Bohrmann. »Wir können nicht die Pferde scheu machen, einfach damit es jeder weiß. Wir wissen es ja selber nicht genau. Ich meine, wir wissen, wie es sich abspielt, aber die Resultate sind Hochrechnungen. Augenblicklich können wir lediglich sagen, dass große Mengen Methan in die Atmosphäre gelangen werden.«
    »Träumst du?«, rief Sahling. »Wir wissen verdammt genau, was passieren wird.«
    Bohrmann betastete unwillkürlich die Stelle, an der sein Schnurrbart nachwuchs. »Na gut. Wir können es veröffentlichen. Es reicht für ein Dutzend Titelseiten. Aber was wären die Folgen?«
    »Was sind die Folgen«, sinnierte Suess, »wenn in der Zeitung steht, dass die Erde von einem Meteoriten getroffen wird?«
    »Hältst du den Vergleich für treffend?«
    »Irgendwie schon.«
    »Ich bin der Meinung, wir sollten das nicht alleine entscheiden«, sagte Mirbach. »Gehen wir schrittweise vor. Zuallererst reden wir mit Johanson. Er ist schließlich der Kontaktmann. Außerdem, wenn wir es aus rein wissenschaftlicher Warte betrachten, gebührt ihm die Ehre.«
    »Welche Ehre?«
    »Er hat die Würmer entdeckt.«
    »Nein, Statoil hat sie entdeckt. Aber meinetwegen. Johanson die Ehre. Und dann?«
    »Holen wir die Regierungen ins Boot.«
    »Und veröffentlichen die Sache?«
    »Warum denn nicht? Alles wird veröffentlicht. Wir wissen von koreanischen und iranischen Nuklearprogrammen und dass irgendwelche Idioten Milzbranderreger freisetzen. Wir wissen alles über BSE, über die Schweinepest und über genmanipuliertes Gemüse. In Frankreich erkranken und sterben die Leute gerade zu Dutzenden und Hunderten an irgendwelchen Bakterien aus verseuchten Schalentieren. Herrgott, die rennen ja nicht gleich in die Berge, um sich zu verstecken.«
    »Nein«, sagte Bohrmann. »Natürlich nicht. Aber wenn wir öffentlich über einen Storegga-Effekt nachdenken ...«
    »Dafür sind die Daten zu oberflächlich«, sagte Suess.
    »Die Simulation zeigt, wie schnell die Zersetzung voranschreitet. Damit zeigt sie auch alles Weitere.«
    »Aber sie sagt nicht definitiv, was dann passiert.«
    Bohrmann setzte zu einer Antwort an, aber Suess hatte Recht. Sie konnten sich denken, was passierte, aber sie konnten es nicht beweisen. Wenn sie jetzt damit rauskamen, ohne dass ihre Theorie hieb- und stichfest war, würde die Öl-Lobby alles runterreden. Ihre Argumentation würde zusammenbrechen wie ein Kartenhaus. Es war zu früh.
    »Also gut«, sagte er. »Wie lange brauchen wir, um ein verbindliches Ergebnis vorzulegen?«
    Suess runzelte die Stirn.
    »Eine weitere Woche, denke ich.«
    »Das ist verdammt lang«, sagte Sahling.
    »Na, hör mal!« Mirbach schüttelte entgeistert den Kopf. »Das ist verdammt schnell. Wenn du heute ein taxonomisches Urteil über einen neuen Wurm einholen willst, kannst du dich auf monatelanges Däumchendrehen

Weitere Kostenlose Bücher