Echt zauberhaft
GOLDMANN
Die englische Originalausgabe erschien 1994 unter dem Titel
»Interesting Times« bei Victor Gollancz Ltd. London
Der Goldmann Verlag ist ein Unternehmen
der Verlagsgruppe Bertelsmann
Deutsche Erstveröffentlichung 04/97
Copyright © Terry and Lyn Pratchett 1994
First published by Victor Gollancz Ltd. London
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe
1997 by Wilhelm Goldmann Verlag, München
Umschlaggestaltung: Design Team München
Umschlagil ustration: Josh Kirby
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
Druck: Graphischer Großbetrieb Pößneck GmbH
Verlagsnummer: 41599
VB – Redaktion: Michael Bal auff
Herstellung: Peter Papenbrok
Made in Germany
ebook by Monty P.
ISBN 3-442-41599-3
Es gibt einen Fluch,
der lautet:
Hier spielen die Götter mit dem Leben von Menschen, auf einem Brett,
das der Spielbereich und gleichzeitig die ganze Welt ist.
Und das Schicksal gewinnt immer.
Es gewinnt immer. Die meisten Götter würfeln, aber Schicksal spielt
Schach, und zwar mit zwei Damen – was man erst ganz zum Schluß
herausfindet, wenn es zu spät ist.
Das Schicksal gewinnt. So sagt man jedenfal s. Was auch immer pas-
siert: Hinterher heißt es, daß es Schicksal gewesen sein muß.*
Götter können jede beliebige Gestalt annehmen, doch sie sind nicht
imstande, etwas an den Augen zu ändern, die ihre wahre Natur verraten.
Schicksals Augen sind zwei dunkle Öffnungen, durch die man eine Un-
endlichkeit sieht, in der Sterne oder vielleicht auch ganz andere Dinge
funkeln.
Er blinzelte nun und lächelte so, wie Gewinner lächeln, bevor sie ge-
winnen.
»Ich beschuldige den Hohepriester der Grünen Kutte in der Bibliothek
mit der zweihändigen Streitaxt.«
Er gewann.
Und strahlte.
»Ef ift feuflich, wenn jemand dauernd gewinnt«, lispelte der Krokodil-
gott Offler durch seine langen Reißzähne.
»Offenbar habe ich heute Glück«, sagte Schicksal. »Wie wär’s mit ei-
nem anderen Spiel?«
Die Götter zuckten mit den Schultern.
»›Irre Könige‹?« schlug Schicksal vor. »›Verzweifelte Liebe‹?«
»Ich glaube, dafür haben wir die Spielregeln verloren«, meinte der Blin-
de Io, das Oberhaupt der Götter.
* In dieser Hinsicht sind die Leute ein wenig verwirrt, ebenso bei Wundern. Wird jemand durch eine sonderbare Verkettung von Umständen vor dem sicheren Tod
gerettet, spricht man von einem Wunder. Doch wenn eine unglückselige Folge
von Ereignissen jemanden umbringt - hier ein Ölfleck und dort eine Lücke in der Leitplanke -, so ist das ebenfal s ein Wunder. Der Vorgang wird nicht weniger wundersam, nur weil er uns nicht gefäl t.
»Was haltet ihr von ›Seeleute im Sturm‹?«
»Du läßt sie immer wieder ertrinken«, stellte Io fest.
»›Flut und Dürre‹?« fragte Schicksal hoffnungsvoll. »Das ist ganz ein-
fach.«
Ein Schatten fiel auf den Tisch. Die Götter hoben den Blick.
»Ah«, kommentierte Schicksal.
»Laßt uns ein Spiel beginnen«, sagte die Lady.
Es herrschte noch immer keine Einigkeit darüber, ob die Lady zu den
Göttern zählte. Nie hatte sie jemand mit Erfolg verehrt, und sie erschien
immer dann, wenn man sie nicht erwartete, so wie jetzt. Wer ihr vertrau-
te, überlebte nur selten. Ihr gewidmete Tempel wurden ziemlich sicher
vom Blitz getroffen. Wer ihren Namen nannte, brachte sich in größere
Gefahr als jemand, der auf einem hohen Drahtseil mit Äxten jonglierte.
Sie war die Kellnerin in der Taverne Letzte Chance.
Für gewöhnlich nannte man sie einfach nur Lady. Ihre Augen waren
grün, aber nicht so wie bei Menschen. Es war das Grün von Smaragden,
und es beschränkte sich nicht auf die Pupillen. Es hieß, Grün sei die
Lieblingsfarbe der Lady.
»Ah«, wiederholte Schicksal. »Und an welches Spiel hast du gedacht?«
Sie nahm ihm gegenüber Platz. Die anderen Götter beobachteten das
Geschehen und erhofften sich gute Unterhaltung. Schicksal und die Lady
galten als alte Feinde.
»Ich hätte Lust zu…« Die Lady zögerte kurz. »›Mächtige Reiche‹?«
»Ein gräflichef Fpiel«, grummelte Offler, nachdem es einige Sekunden still geblieben war. »Zum Schluff fterben alle.«
»Ja«, bestätigte Schicksal. »Das stimmt tatsächlich.« Er nickte der Lady
zu und sprach in einem Tonfall, in dem professionelle Spieler »Sind Asse
hoch?« fragten. »Der Niedergang großer Häuser? Das Schicksal der Na-
tionen hängt an einem seidenen Faden?«
»Natürlich«, erwiderte die Lady.
»Oh, gut .« Schicksal hob die Hand übers
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