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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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tue?«
    »Es ist offensichtlich.« Li legte die Unterlagen aus der Hand. »Kaffee?«
    »Gerne.«
    »Sie haben sich gestern auf der Veranstaltung geoutet. Keiner der anwesenden Wissenschaftler hat bislang mehr gesehen als seinen ureigenen Bereich. Shankar brütet über Tiefseegeräuschen, die er nicht einordnen kann, Anawak fragt sich, was mit seinen Walen los ist, wenngleich ich ihm zugute halten muss, dass er noch am ehesten über den Tellerrand hinausdenkt. Bohrmann sieht die Gefahren eines Methan-GAUs und versucht, mit Bekannten und Unbekannten zu jonglieren, um eine zweite Rutschung zu verhindern. Und so weiter und so fort.«
    »Das ist doch eine ganze Menge.«
    »Aber keiner von denen hat eine Theorie entwickelt, wie alles miteinander in Zusammenhang steht.«
    »Das wissen wir ja nun«, sagte Johanson gleichmütig. »Es sind arabische Terroristen.«
    »Und glauben Sie das auch?«
    »Nein.«
    »Was also glauben Sie?«
    »Ich glaube, dass ich noch ein bis zwei Tage brauche, bevor ich es Ihnen sagen werde.«
    »Sie sind sich nicht sicher?«
    »Fast.« Johanson nippte an seinem Kaffee. »Aber das ist ein heikles Thema. Ihr Mr. Vanderbilt hat sich auf Terrorismus eingeschossen. Ich will Rückendeckung, bevor ich meine Vermutungen äußere.«
    »Und wer soll Ihnen die geben?«, fragte Li.
    Johanson stellte die Kaffeetasse ab.
    »Sie, General.«
    Li wirkte nicht sonderlich überrascht. Sie schwieg einen Moment lang, dann sagte sie: »Wenn Sie mich von irgendetwas überzeugen wollen, sollte ich vielleicht wissen, was es ist.«
    »Ja.« Johanson lächelte. »Beizeiten.«
    Li schob ihm den Schnellhefter hinüber. Johanson sah, dass er mehrere Faxausdrucke enthielt. »Vielleicht beschleunigt das Ihre Entscheidung, Doktor. Das kam heute früh um fünf. Wir haben noch keinen Überblick, und niemand kann verlässlich sagen, was da eigentlich geschieht, aber ich habe beschlossen, dass wir im Verlauf der nächsten Stunden den Ausnahmezustand über New York und die angrenzenden Gebiete verhängen werden. Peak ist bereits dort, um alles in die Wege zu leiten.«
    Johanson starrte auf den Schnellhefter. Das Bild einer weiteren Flutwelle suchte ihn heim.
    »Warum?«
    »Was würden Sie sagen, wenn entlang der Küste von Long Island Milliarden weißer Krebse dem Meer entstiegen?«
    »Ich würde sagen, sie machen einen Betriebsausflug.«
    »Schöne Idee. Für welchen Betrieb?«
    »Was ist mit diesen Krebsen?«, fragte Johanson, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Was tun sie?«
    »Wir sind uns nicht sicher. Aber ich schätze, sie tun etwas Ähnliches wie die bretonischen Hummer in Europa. Sie schleppen eine Seuche ein. Wie passt das in Ihre Theorie, Doktor?«
    Johanson überlegte. Dann sagte er:
    »Gibt es irgendwo hier oder im Umkreis ein hermetisch abgeschlossenes Labor, in dem man die Tiere untersuchen kann?«
    »Wir haben so was eingerichtet. In Nanaimo. Exemplare der Krebse sind auf dem Weg hierher.«
    »Lebende Exemplare?«
    »Ich weiß nicht, ob sie noch leben. Mein letzter Wissensstand ist, dass sie lebendig waren, als sie eingefangen wurden. Dafür sind mehrere Leute tot. Toxischer Schock. Dieses Gift scheint schneller zu wirken als das der Algen in Europa.«
    Johanson schwieg einen Moment.
    »Ich fliege hin«, sagte er.
    »Nach Nanaimo?« Li nickte befriedigt. »Gute Idee. Und wann werden Sie mir sagen, was Sie denken?«
    »Geben Sie mir vierundzwanzig Stunden.«
    Li schürzte die Lippen und dachte einen Moment nach.
    »Vierundzwanzig Stunden«, sagte sie. »Keine Minute länger.«
     
     
    Nanaimo, Vancouver Island
    Anawak saß mit Fenwick, Ford und Oliviera im großen Vorführraum des Instituts. Der Beamer projizierte dreidimensionale Modelle von Walgehirnen. Oliviera hatte sie im Computer angelegt und die Stellen markiert, an denen sie auf Gallerte gestoßen waren. Man konnte um die Hirne herumfahren und sie mit einer virtuellen Klinge der Länge nach in Scheiben schneiden. Drei Simulationen hatten sie bereits durchgespielt. Die vierte zeigte, wie sich die Substanz zwischen den Hirnwindungen in feinste Ausläufer verzweigte, die stellenweise ins Innere eindrangen.
    »Die Theorie ist folgende«, sagte Anawak mit Blick auf Oliviera. »Nimm an, du bist eine Küchenschabe ...«
    »Danke, Leon.« Oliviera hob die Brauen, was ihr Pferdegesicht noch länger erscheinen ließ. »Du verstehst es wahrhaftig, einer Frau zu schmeicheln.«
    »Eine Küchenschabe ohne Intelligenz und Kreativität.«
    »Mach ruhig weiter so.«
    Fenwick

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