Der Schwarm
freundlich, Jack.« Sie musterte ihn. »Leider sind die Anzüge in Ihrer Größe gerade alle ausgegangen.«
Sie traten zu viert durch die Stahltür in den ersten von drei Schleusenräumen. Das System war so konzipiert, dass sich die Schleusen wechselseitig verriegelten. Eine Kamera lugte aus der Decke. An einem Bord hingen vier knallgelbe Schutzanzüge mit transparenten Kapuzen, Handschuhen und schwarzen Stiefeln.
»Sind Sie alle mit der Arbeit in einem Hochsicherheitslabor vertraut?«, fragte Oliviera.
Roche und Rubin nickten.
»Theoretisch«, gab Johanson zu.
»Kein Problem. Normalerweise müssten wir Sie schulen, aber dafür reicht die Zeit nicht aus. Der Anzug ist ein Drittel Ihrer Lebensversicherung. Um den müssen Sie sich keine Sorgen machen. Er besteht aus verschweißtem PVC. Die anderen beiden Drittel sind Vorsicht und Konzentration. Warten Sie, ich helfe Ihnen beim Anlegen.«
Das Ding war sperrig. Johanson schlüpfte in eine Art Weste, deren Zweck darin bestand, die zugeführte Luft gleichmäßig im Anzug zu verteilen. Er quälte sich in den gelben Überzug und lauschte dabei ergeben Olivieras Erklärungen:
»Sobald Sie drinstecken, schließen wir Sie an ein Schlauchsystem an und blasen Ihren Anzug mit Atemluft auf. Die Luft wird entfeuchtet,temperiert und über Kohlefilter so hineingeleitet, dass im Innern Überdruck entsteht. Das ist wichtig, damit sie von Ihnen wegströmen kann. Überschüsse gelangen durch ein Ventil nach draußen. Wenn Sie wollen, können Sie die Zufuhr selber regulieren, aber das wird nicht nötig sein. – Alles klar? Wie fühlen Sie sich?«
Johanson sah an sich hinunter.
»Wie ein Marshmallowmann.«
Oliviera lachte. Sie betraten die erste Schleuse. Johanson hörte Oliviera gedämpft weitersprechen und registrierte, dass sie jetzt über Funk miteinander verbunden waren: »Im Labor herrscht ein Unterdruck von -50 Pascal. Keine Spore kommt da raus. Bei Stromausfall haben wir immer noch das Notstromaggregat, es ist also kaum anzunehmen, dass es Probleme gibt. Der Fußboden besteht aus versiegeltem Beton, die Fenster sind aus Panzerglas. Alle Luft im Innern des Labors wird durch Hochleistungsfilter steril gehalten. Es gibt keine Abflüsse hier, Abwässer sterilisieren wir gleich im Gebäude. Mit der Außenwelt kommunizieren wir entweder über Funk oder per Fax und PC. Alle Kühltruhen, Zu- und Abluftmechanismen sind über Alarm gesichert, der gleichzeitig im Kontrollraum, in der Virologie und beim Pförtner aufläuft. Jeder Winkel wird videoüberwacht.«
»So ist es«, erklang Vanderbilts Stimme im Lautsprecher. »Wenn also einer von Ihnen umfällt und stirbt, gibt's ein schönes Erinnerungsvideo für die Enkel.«
Johanson sah, wie Oliviera die Augen verdrehte. Sie passierten nacheinander die drei Schleusen und betraten das Labor. In ihren Anzügen, angeschlossen an die Schläuche, sahen sie aus, als wollten sie den Mars betreten. Der Raum war schätzungsweise 30 Quadratmeter groß und mutete an wie eine Restaurantküche mit Tiefkühlschränken, Kühltruhen und weißen Hängeschränken. An einer Wand standen ölfassgroße Stahlbehälter mit stickstoffgekühlten Virenkulturen und anderen Organismen. Mehrere Arbeitstische boten reichlich Platz. Die gesamte Inneneinrichtung hatte abgerundete Kanten, damit man sich nicht aus Versehen den Anzug aufriss. Oliviera zeigte ihnen die drei großen roten Knöpfe im Raum, mit denen sich Alarm auslösen ließ, führte sie zu einem der Tische und öffnete einen wannenförmigen Behälter.
Er war gefüllt mit kleinen, weißen Krabben. Sie schwammen in zwei Handbreit Wasser und sahen ziemlich leblos aus.
»Mist!«, entfuhr es Rubin.
Oliviera nahm einen metallenen Spatel zur Hand und berührte die Tiere der Reihe nach, aber keines regte sich.
»Tot, würde ich sagen.«
»Das ist unglücklich.« Rubin schüttelte den Kopf. »Sehr unglücklich. Hat es nicht geheißen, wir bekommen lebende?«
»Li zufolge lebten sie, als sie auf Reisen gingen«, sagte Johanson. Er beugte sich vor und betrachtete die Krabben ausgiebig und der Reihe nach. Dann tippte er Oliviera auf den Unterarm. »Dort oben. Der zweite von links. Hat gerade mit den Beinen gezuckt.«
Oliviera beförderte die Krabbe auf die Arbeitsplatte. Sie saß einige Sekunden still, dann begann sie plötzlich in großer Eile zur Kante zu laufen. Oliviera holte sie zurück. Die Krabbe ließ sich widerstandslos über den Tisch schieben und versuchte erneut zu fliehen. Sie wiederholten die
Weitere Kostenlose Bücher