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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Spektrogramme?«
    »Einerseits. Aber das reicht nicht. Wenn es ums Hören geht, sind wir immer noch am besten, wenn wir wirklich etwas hören. Dafür greifen wir zu einem Trick, ähnlich wie in der Darstellung von Satellitenbildern, wo man Radarerfassungen über Falschfarben sichtbar macht. In diesem Fall ersetzen wir jedes Signal unter Beibehaltung seiner Länge und Intensität durch eine Frequenz, die wir hören können. Wenn das Original unterschiedliche Frequenzhöhen aufweist, rechnen wir auch das entsprechend um. Auf diese Weise sind wir mit Scratch verfahren.« Crowe gab einen Befehl in die Tastatur. »Was wir empfangen haben, klingt jetzt so.«
    Die Laute wummerten wie eine unter Wasser geschlagene Trommel. Schnell aufeinander folgend, fast zu schnell, um sie auseinander halten zu können, aber eindeutig eine differenzierte Abfolge unterschiedlich lauter und langer Impulse.
    »Klingt tatsächlich wie ein Code«, sagte Anawak. »Was bedeutet es?«
    »Wir wissen es nicht.«
    »Sie wissen es nicht?«, fragte Vanderbilt. »Ich dachte, Sie hätten es entschlüsselt?«
    »Wir wissen nicht, was das für eine Sprache ist«, sagte Crowe geduldig, »wenn sie unter normalen Umständen gesprochen wird. Wir haben nicht die geringste Ahnung, was die bisher aufgezeichneten Scratch- Signale aus den letzten Jahren zu bedeuten haben. Aber das ist nicht wichtig.« Sie blies Rauch durch ihre Nasenlöcher. »Wir haben was viel Besseres, nämlich Kontakt. Murray, zeig ihnen den ersten Teil.«
    Shankar klickte ein Computerbild an. Es überzog den Bildschirm mit endlosen Reihen von Zahlen. Ganze Kolonnen davon waren gleich.
    »Wir hatten, wie Sie sich erinnern, ein paar Hausaufgaben nach unten geschickt«, sagte Shankar. »Mathearbeit. Wie beim Intelligenztest. Es ging darum, Dezimalreihen fortzusetzen, Logarithmen zu entschlüsseln, fehlende Elemente zu ersetzen. Im besten Fall, haben wir uns ausgemalt, werden die da unten Spaß an der Sache finden und uns die Antworten schicken, womit sie signalisieren: Wir haben euch gehört – Wir sind da – Wir verstehen Mathematik und sind in der Lage, damit umzugehen.« Er zeigte auf die Zahlenreihen. »Das sind die Ergebnisse. Note eins mit Auszeichnung. Sie haben jede Aufgabe richtig gelöst.«
    »Oh Mann«, flüsterte Weaver.
    »Das zeigt uns zweierlei«, sagte Crowe. »Zum einen, Scratch ist tatsächlich eine Art Sprache. Mit hoher Wahrscheinlichkeit enthalten Scratch-Signale komplexe Informationen. Zum anderen – und das ist entscheidend! – beweist es, dass sie in der Lage sind, Scratch so umzubauen, dass es für uns einen Sinn ergibt. Das ist eine Leistung erster Güte. Es zeigt, dass sie uns in nichts nachstehen. Sie können nicht nur decodieren, sondern auch codieren.«
    Eine Weile starrten alle nur auf die Zahlenkolonnen. Es herrschte Schweigen, angesiedelt zwischen Ergriffenheit und Beklommenheit.
    »Aber was genau beweist es?«, sagte Johanson in die Stille hinein.
    »Ist doch klar«, antwortete Delaware. »Dass da jemand denkt und antwortet.«
    »Ja, aber könnte ein Computer nicht dieselben Antworten geben?«
    »Du meinst, wir unterhalten uns mit einem Computer?«
    »Er hat Recht«, sagte Anawak. »Es zeigt uns, dass jemand brav seine Rechenaufgaben gemacht hat. Das ist in höchstem Maße beeindruckend, aber nicht unbedingt ein Beweis für selbstbewusstes, intelligentes Leben.«
    »Wer soll denn sonst derartige Antworten ablassen?«, fragte Greywolf entgeistert. »Makrelen?«
    »Quatsch, nein. Aber denk doch mal nach. Was wir hier erleben, ist der gekonnte Umgang mit Symbolen. Höhere Intelligenz lässt sich darüber nicht nachweisen. Ein Chamäleon vollzieht, salopp gesagt, eine hochkomplexe rechnerische Leistung, wenn es sich seiner Umgebung anpasst. De facto merkt es nicht mal was davon. Jemand, der nicht weiß, wie intelligent ein Chamäleon ist, könnte zu dem Schluss gelangen, dass es verdammt intelligent sein muss, um ein Programm zu beherrschen, das sein Äußeres heute einem Blätterwald und morgen einerFelswand angleicht. Man würde ihm ein hohes Maß an Erkenntnisfähigkeit unterstellen, weil es sozusagen den Code seiner Umgebung entschlüsselt, und kreatives Vorgehen, weil es seinen eigenen Code darauf abstimmen kann.«
    »Also was haben wir dann hier?«, fragte Delaware ratlos. Sie wirkte enttäuscht.
    Crowe schmunzelte.
    »Leon hat Recht«, sagte sie. »Das Manipulieren von Symbolen bietet keinerlei Gewähr, dass die Symbole auch verstanden werden. Echter Geist

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