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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Wasser. Unbarmherzig drückte das Boot sie nach unten, durch die Schleuse hindurch und hinaus ins offene Meer. Die Kälte drang schockartig in ihre Knochen. Halb besinnungslos sah sie die Stahlschotts mit hohlem Klonk gegen das Tauchboot prallen, und das Deep-flight hörte auf zu sinken. Es steckte fest, aber Delaware sank weiter. Sie streckte die Arme aus, versuchte sich an dem entschwindenden Boot festzuhalten, aber ihre Finger glitten ab. Sie hatte keine Kraft mehr, und ihre Lungen waren wie Brei. In ihrer Bauchhöhle schien alles zerquetscht zu sein.
    Bitte, dachte sie, ich will zurück. Zurück ins Schiff. Ich will nicht sterben.
    Irgendwo zwischen den blockierten Schotts und dem eingeklemmten Boot sah sie verschwommen Greywolfs Gesicht, aber ebenso gut mochte es ein Wunschbild sein, ein schöner Traum, gerettet zu werden.
    Etwas Dunkles, Großes kam von der Seite. Klaffende Kiefer, Reihen kegelförmiger Zähne.
    Der Biss des Orcas zerbrach ihr den Brustkorb.
    Sie sah nicht mehr die leuchtende Masse an sich vorbeischießen. Als der Organismus durch die Schleuse drang, war Delaware schon tot.
     
    Peak schlug vor Wut mit der Faust auf das Kontrollpult. Sein Versuch, das Schott zu schließen, war fehlgeschlagen. Das Deepflight blockierte die beiden Stahlplatten. Entweder ließ er sie wieder auseinander fahren und opferte das Boot, oder er riskierte, dass Gott weiß was ins Innere gelangte.
    Von Browning war nichts zu sehen. Roscovitz hing zuckend an der Kette, mit den Beinen im Wasser, die Hände um den Hals geklammert.
    Wo war der verdammte Orca?
    »Sal«, heulte Rubin.
    Das Wasser brodelte und schäumte. Die Soldaten hasteten durcheinander, ohne Plan. Greywolf war untergetaucht. Von Anawak keine Spur. Und Delaware? Was war mit Delaware?
    Jemand stieß ihn in die Seite.
    »Sal, verdammt nochmal!« Rubin drängte ihn von der Konsole weg. Seine Hände flatterten über die Tastatur, drückten auf Knöpfe. »Warum schließen Sie nicht endlich die verdammte Schleuse?«
    »Sie blödes Arschloch«, schrie Peak. Er holte aus und rammte Rubin die Faust mitten ins Gesicht. Der Biologe wankte und kippte insWasser. Es spritzte auf, und inmitten der Gischt sah Peak die schwertartige Rückenfinne des Wals emporsteigen und auf sich zukommen.
    Prustend tauchte Rubins Kopf aus den Fluten.
    Auch er sah die Finne. Er begann zu schreien.
    Peak drückte auf den Knopf, um die Stahlschotts zu öffnen und das Deepflight in die Tiefe zu entlassen.
    Eine Kontrolllampe hätte aufleuchten müssen.
    Nichts geschah.
     
    Greywolf glaubte, den Verstand zu verlieren.
    Unter der Independence zog ein Rudel Orcas hindurch. Eines der Tiere hatte nach Delaware geschnappt und ihren Körper außer Sichtweite gezerrt. Ohne nachzudenken schwamm er auf die Lücke zwischen den verkeilten Schotts zu und sah etwas aus der Tiefe heranrasen. Vor seinen Augen erstrahlten Blitze und funkenartige Entladungen, dann wurde er wie von einer riesigen Faust getroffen und nach hinten geschleudert. Das Unterste kehrte sich zuoberst. Links von ihm tauchte kurz Anawak auf, verschwand wieder. Dort ein paar strampelnde Beine im Wasser. Ein Körper, der auf ihn zustürzte. Ein weißer Bauch -der Orca, der ins Schiff gelangt war, über ihn hinwegziehend. Dann wieder die Schleuse mit dem eingeklemmten Tauchboot...
    Und das Ding, das zwischen den auseinander klaffenden Schotts ins Innere drang.
    Es sah aus wie der Fangarm eines überdimensionalen Polypen. Nur dass kein Polyp über solche Arme verfügte. Kein Polyp war groß genug für einen Arm von drei Metern Durchmesser. Eine formlose Masse strömte ins Welldeck, rasend schnell, immer mehr davon. Ein gallertiger Muskel, der sich, kaum dass er die Schleuse passiert hatte, zu dünneren Strängen verzweigte, über deren glatte Oberfläche lumineszierende Muster flackerten.
     
    Rubin schwamm um sein Leben.
    Die Finne folgte ihm. Hustend und spuckend erreichte er den Pier und versuchte sich in wilder Panik hochzuziehen. Seine Ellbogen knickten ein. Er hörte Schüsse, geriet wieder unter Wasser und sah sich einem unglaublichen Schauspiel gegenüber. Schlagartig wurde ihm klar, dass sein Wunsch soeben in Erfüllung ging. Der fremde Organismus war eingedrungen, nur unter völlig anderen Umständen, als er erwartet hatte.
    Leuchtende Tentakel überall. Dick wie Bäume.
    Dazwischen der geöffnete Rachen des Orca.
    Rubin kam hoch. Unmittelbar vor ihm peitschte ein Paar Beine das Wasser. Roscovitz starrte mit hervorquellenden Augen auf

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