Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
war Rubins Stimme. Peak wandte den Kopf und sah den Biologen im Tunnel auftauchen. Er zitterte und hielt die Arme um seinen Körper geschlungen, aber in seinen Augen flackerte wieder das Leuchten, als er darauf bestanden hatte, die Gallerte ins Schiff zu lassen.
    »Retten?«, echote Anawak.
    Rubin kam in zögerlichen Schritten näher. Er schaute wachsam auf das Becken, in dem die Kreatur immer schneller ihre Runden drehte. Der Wasserspiegel betrug noch maximal zwei Meter. Das Wesen verbreiterte seine Körperfläche, wohl um seinen Tiefgang zu verringern.
    »Das ist eine einmalige Chance«, sagte er. »Versteht ihr denn nicht? Wir müssen sofort den Hochdrucksimulator dekontaminieren. Die Krebse raus, frisches Wasser rein und möglichst viel von diesem Ding. Das ist viel besser als die Krebse. Damit können wir ...«
    Mit einem Sprung war Greywolf bei ihm, legte beide Hände um Rubins Hals und drückte zu. Der Biologe riss Mund und Augen auf. Seine Zunge kam zum Vorschein.
    »Jack!« Anawak versuchte, Greywolfs Arme nach hinten zu ziehen. »Hör auf damit!«
    Peak stemmte sich hoch. Sein linker Fuß hielt der Belastung stand. Offenbar war er nicht gebrochen, aber er schmerzte höllisch, sodass er kaum einen Schritt gehen konnte. Dennoch. Er musste etwas für das Arschloch tun, ob er wollte oder nicht.
    »Jack, das bringt nichts«, rief er. »Lassen Sie den Mann los.«
    Greywolf reagierte nicht. Er hob Rubin hoch. Dessen Gesicht begann sich ins Bläuliche zu verfärben.
    »Das reicht, O'Bannon!«
    Li kam aus dem Tunnel, in Begleitung einiger Soldaten.
    »Ich bringe ihn um«, sagte Greywolf ruhig.
    Die Kommandantin trat einen Schritt näher und umfasste Greywolfs rechtes Handgelenk. »Nein, O'Bannon, das werden Sie nicht tun. Mir ist egal, welche Rechnung Sie mit Rubin offen haben, aber seine Arbeit ist wichtig.«
    »Jetzt nicht mehr.«
    »O'Bannon! Bringen Sie mich nicht in die missliche Lage, Ihnen wehtun zu müssen.«
    Greywolfs Blick flackerte. Seine Augen hefteten sich auf Li. Offenbar kam er zu der Einsicht, dass sie es ernst meinte, denn er ließ Rubin langsam wieder herunter und löste die Hände von seinem Hals. Der Biologe fiel röchelnd auf die Knie. Er würgte und spuckte.
    »Seinetwegen ist Licia gestorben«, sagte Greywolf tonlos.
    Li nickte. Plötzlich veränderten sich ihre Gesichtszüge. »Jack«, sagte sie beinahe sanft. »Es tut mir Leid. Ich verspreche Ihnen, sie wird nicht umsonst gestorben sein.«
    »Sterben ist immer umsonst«, erwiderte Greywolf tonlos. Er wandte sich ab. »Wo sind meine Delphine?«
     
    Li marschierte mit ihren Männern hinaus auf den Pier. Peak war ein solcher Idiot. Warum hatte er seine Leute nicht von vorneherein mit Explosivgeschossen bewaffnet? Weil man so was nicht hätte voraussehen können? Blödsinn! Es war genau das, was sie vorausgesehen hatte. Einen Haufen Probleme. Sie hatte nicht gewusst, auf welche Weise sie auftreten würden, aber dass sie auftreten würden, war ihr klar gewesen. Sie hatte es gewusst, bevor die ersten Wissenschaftler im Chateau eingetroffen waren, und entsprechende Vorkehrungen getroffen.
    Im Becken schwappten nur noch ein paar Pfützen. Der Anblick war verheerend. Direkt zu ihren Füßen, vier Meter tiefer, lag der Kadaver des Orcas. Wo der Kopf mit dem zähnestarrenden Maul gewesen war, breitete sich rötlicher Matsch aus. Ein Stück weiter sah sie die reglosen Körper einiger Soldaten. Von den Delphinen war bis auf drei nicht das Geringste zu entdecken. Wahrscheinlich hatten die anderen es in ihrer Panik vorgezogen, das Schiff zu verlassen, solange die Schleuse noch offen gestanden hatte.
    »Das ist ja eine gewaltige Sauerei«, sagte sie.
    Das gestaltlose Ding in der Mitte des Beckens rührte sich kaum noch. Es hatte einen fahlweißen Ton angenommen. An den Rändern, wo der letzte Rest Wasser die Masse umspülte, bildeten sich kurze Tentakel, die wie Nattern über den Boden krochen. Das Wesen starb. So unheimlich seine Fähigkeit war, die Form zu ändern und Fangarme über Wasser auszuwerfen, so aussichtslos schien seine Lage jetzt. Die Oberseite des Gallertbergs zeigte erste Auflösungserscheinungen. Wachsklare Flüssigkeit tropfte daran herab.
    Li rief sich in Erinnerung, dass der gestrandete Koloss kein Einzelwesen war, sondern ein Konglomerat aus Abermilliarden Einzellern, die soeben ihren Zusammenhalt verloren. Rubin hatte Recht. Sie mussten so viel wie möglich davon in Sicherheit bringen. Je schneller sie handelten, desto größere

Weitere Kostenlose Bücher