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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Mengen des Kollektivs würden überleben.
    Anawak gesellte sich wortlos an ihre Seite. Li suchte weiter das Becken ab. Roscovitz' baumelnden Körper, genauer gesagt das, was davon übrig war, beachtete sie nicht. Aus den Augenwinkeln gewahrte sieeine Bewegung am Grund des Beckens, ging bis zum Ende des Piers und kletterte eine Stiege hinunter. Anawak folgte ihr. Irgendetwas hatte ihre Aufmerksamkeit erregt, das sich nun ihren Blicken entzog. Sie schritt in respektvollem Abstand an dem Torso entlang, dem ein unangenehmer Geruch zu entströmen begann, als sie Anawak von der anderen Seite rufen hörte. Eilig lief sie um den Berg herum und stolperte fast über Browning.
    Die Technikerin lag mit aufgerissenen Augen halb unter dem schmelzenden Wesen.
    »Helfen Sie mir«, sagte Anawak.
    Gemeinsam zogen sie die Frau unter der Masse hervor. Das Zeug löste sich nur zäh und widerwillig von ihren Beinen. Die Tote erschien Li ungewöhnlich schwer. Ihr Gesicht glänzte wie lackiert, und Li beugte sich darüber, um die Sache genauer in Augenschein zu nehmen.
    Brownings Oberkörper richtete sich auf.
    »Scheiße!«
    Li sprang zurück und sah, wie Brownings Gesicht epileptisch zu zucken begann und Grimassen produzierte. Die Technikerin warf die Arme hoch, öffnete den Mund und kippte wieder zurück. Ihre Finger formten sich zu Krallen. Sie schlug mit den Beinen aus, bog den Rücken durch und schüttelte mehrmals hintereinander heftig den Kopf.
    Unmöglich! Vollkommen unmöglich!
    Li war hartgesotten, aber jetzt packte sie nacktes Entsetzen. Sie starrte auf den lebenden Leichnam, während Anawak mit sichtlichem Widerwillen neben Browning in die Hocke ging.
    »Jude«, sagte er leise. »Das sollten Sie sich ansehen.«
    Li überwand ihren Ekel und trat näher heran.
    »Hier«, sagte Anawak.
    Sie sah genauer hin. Der glänzende Überzug auf Brownings Gesicht begann abzutropfen, und plötzlich erkannte sie, was es war. Klumpige, schmelzende Stränge zogen sich über Schultern und Hals der Technikerin und verschwanden in ihren Ohren ...
    »Es ist eingedrungen«, flüsterte sie.
    »Das Zeug versucht, sie zu übernehmen.« Anawak nickte. Er war grauweiß im Gesicht, für einen Inuk ein bemerkenswerter Farbwechsel. »Wahrscheinlich kriecht es überall rein und macht sich mit den Gegebenheiten vertraut. Aber Browning ist nun mal kein Wal. Ich schätze, ein bisschen Restelektrizität in ihrem Hirn reagiert auf den Übernahmeversuch.« Er machte eine Pause. »Es wird jeden Moment vorbei sein.«
    Li schwieg.
    »Es steuert alle möglichen Hirnfunktionen an«, sagte Anawak. »Aber es begreift keinen Menschen.« Er richtete sich auf. »Browning ist tot, General. Was wir sehen, ist ein zu Ende gehendes Experiment.«
     
     
    Heerema , vor La Palma, Kanaren
    Skeptisch musterte Bohrmann die Anzüge in der kleinen Tauchstation. Silbrig glänzende Körperhüllen mit verglasten Helmen, Segmentgelenken und Greifzangen. Wie leblose Puppen hingen sie in einem großen, offenen Stahlcontainer und starrten ins Nichts.
    »Ich dachte eigentlich nicht, dass wir zum Mond fliegen«, sagte er.
    »Gäärraaad!« Frost lachte. »In vierhundert Metern Tiefe ist es ähnlich wie auf dem Mond. Du wolltest unbedingt mit, also beschwer dich nicht.«
    Eigentlich hatte Frost van Maarten mit auf den Tauchgang nehmen wollen, aber Bohrmann hatte zu bedenken gegeben, dass der Holländer sich am besten mit den Systemen der Heerema auskannte und oben gebraucht wurde. Unausgesprochen gab er damit der Möglichkeit Ausdruck, dass es unten zu Schwierigkeiten kommen könnte.
    »Außerdem«, hatte er angemerkt, »ist es mir nicht recht, euch da rumfuhrwerken zu sehen. Ihr mögt exzellente Taucher sein, aber den Blick für Hydrate habe immer noch ich.«
    »Darum sollst du ja hier bleiben«, konterte Frost. »Du bist unser Hydratexperte. Wenn dir was passiert, haben wir keinen mehr.«
    »Doch. Wir haben Erwin. Er kennt sich ebenso gut aus wie ich. Besser sogar.«
    Inzwischen war Suess aus Kiel eingetroffen.
    »Ein Tauchgang ist aber kein Spaziergang«, sagte van Maarten. »Haben Sie schon getaucht?«
    »Diverse Male.«
    »Ich meine, waren Sie richtig tief unten?«
    Bohrmann zögerte. »Ich war auf 50 Meter. Konventionelles Flaschentauchen. Aber ich bin in ausgezeichneter Verfassung. – Und blöde bin ich auch nicht«, fügte er trotzig hinzu.
    Frost dachte nach.
    »Zwei kräftige Männer werden reichen«, sagte er. »Wir nehmen kleine Sprengladungen und ...«
    »Da geht's schon los«,

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