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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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anschrie, obwohl sie Recht hatte. Sie hatte ihm nichts getan. Nicht das Geringste.
    Delaware zuckte zurück.
    »Leon ....«
    »Licia, warum lässt du mich nicht einfach in Frieden? Hau ab.«
    Er wartete darauf, dass sie ging, aber sie tat es nicht. Sie stand weiter vor ihm. Anawak fühlte sich wie benommen. Alles kreiste vor seinen Augen. Einen Moment lang fürchtete er, seine Beine könnten nachgeben, dann sah er plötzlich wieder klar und erkannte, dass Delaware ihm etwas hinhielt.
    »Was ist das?«, brummte er.
    »Eine Videokamera.«
    »Das sehe ich.«
    »Nimm sie.«
    Er streckte die Hand aus, ergriff die Kamera und betrachtete sie. Eine ziemlich teure Sony Handycam in wasserfester Umschalung. Touristen, aber auch Wissenschaftler benutzten solche Verschalungen, wenn das Risiko bestand, dass die Kamera nass wurde.
    »Na und?«
    Delaware breitete die Hände aus. »Ich dachte, ihr wollt rausfinden, warum das alles passiert.«
    »Ich wüsste nicht, was dich das angeht.«
    »Hör endlich auf, deinen Ärger an mir auszulassen!«, fuhr sie ihn an. »Ich wäre da draußen fast gestorben, und das ist eben mal ein paar Stunden her. Ich könnte heulend in deiner Scheißambulanz sitzen, stattdessen versuche ich zu helfen. Wollt ihr's nun wissen oder nicht?«
    Anawak holte tief Luft.
    »Okay.«
    »Hast du gesehen, welche Tiere die Lady Wexham angegriffen haben?«
    »Ja. Grau- und Buckel....«
    »Nein.« Delaware schüttelte ungeduldig den Kopf. »Nicht welche Spezies. Welche Individuen! Hast du sie identifizieren können?«
    »Es ging alles zu schnell.«
    Sie lächelte. Es war kein fröhliches Lächeln, aber immerhin ein Lächeln. »Die Frau, die wir aus dem Wasser gezogen haben, war mit mir auf der Blue Shark. Steht unter Schock. Komplett weggetreten. Trotzdem, wenn ich was will, lasse ich nicht locker ...«
    »Allerdings.«
    »... und ich sah diese Kamera um ihren Hals hängen. Sie war gut befestigt, deshalb ist sie im Wasser nicht verloren gegangen. Jedenfalls, als ihr rausgefahren seid, konnte ich mich kurz mit ihr unterhalten. Sie hat die ganze Zeit über gefilmt! Auch noch, als Greywolf anrückte. Irgendwie war sie schwer von ihm beeindruckt, also hat sie weitergefilmt, ihn natürlich.« Sie machte eine Pause. »Wenn ich mich recht erinnere, lag die Lady Wexham aus unserer Sicht hinter Greywolf.«
    Anawak nickte. Plötzlich wurde ihm klar, worauf Delaware hinauswollte.
    »Sie hat den Angriff gefilmt«, sagte er.
    »Sie hat vor allem die Wale gefilmt, die das Schiff angegriffen haben. Ich weiß ja nicht, wie gut du im Identifizieren von Walen bist – aber du lebst hier und kennst die Tiere. Und ein Video ist geduldig.«
    »Du hast vorsorglich vergessen zu fragen, ob du die Kamera behalten darfst?«, vermutete Anawak.
    Sie hob das Kinn und sah ihn herausfordernd an.
    »Na und?«
    Er drehte die Kamera in den Händen. »Gut. Ich schau's mir an.«
    » Wir schauen es uns an«, sagte Delaware. »Ich will in der ganzen Geschichte mit dabei sein. Und frag mich um Himmels willen nicht, warum. Es steht mir schlicht und einfach zu, okay?«
    Anawak starrte sie an.
    »Außerdem«, fügte sie hinzu, »bist du ab jetzt nett zu mir.«
    Langsam ließ er den Atem entweichen und betrachtete mit geschürzten Lippen die Kamera. Er musste zugeben, dass Delawares Idee bislang das Beste war, das sie hatten.
    »Ich bemühe mich«, murmelte er.

[ Menü ]
    12. April
    Trondheim, Norwegen
    Die Einladung erreichte Johanson, als er Vorbereitungen traf, hinaus zum See zu fahren.
    Nach seiner Rückkehr aus Kiel hatte er Tina Lund von dem Experiment im Tiefsee-Simulator erzählt. Es war ein kurzes Gespräch gewesen. Lund steckte bis über beide Ohren in diversen Projekten und verbrachte die verbleibende Zeit mit Kare Sverdrup. Johanson war es so vorgekommen, als sei sie nicht richtig bei der Sache. Etwas schien sie zu beschäftigen, das nicht mit ihrer Arbeit zu tun hatte, aber er gab sich taktvoll und vermied es, sie danach zu fragen.
    Einige Tage später rief Bohrmann an, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Sie hatten in Kiel weiter mit den Würmern experimentiert. Johanson, der bereits gepackt hatte und eben im Begriff stand, das Haus zu verlassen, beschloss, seine Abreise um die Dauer eines weiteren Telefonats zu verschieben und Lund über die Neuigkeiten ins Bild zu setzen, aber sie ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. Diesmal wirkte sie aufgeräumter.
    »Kannst du nicht bald mal zu uns rauskommen?«, schlug sie vor.
    »Wohin? Ins

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