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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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störte sie nicht, ja es schien sie nur noch stärker anzuregen. Wenn sich Maria allzu unwillfährig zeigte, schlugen ihr die Räuber ins Gesicht oder kniffen sie heftig in die Brust. Schließlich gab sie jede Gegenwehr auf und lag auf dem Tisch wie ein Stück totes Fleisch, an dem sich jedermann nach Belieben bedienen konnte.
     
    Als schließlich Christoffel sie das zweite Mal mit seiner gewaltigen Rute genommen und wund gescheuert hatte, lagen die anderen bereits im Weinrausch auf dem Tisch oder dem Boden. Auch Christoffel brach endlich über Maria zusammen. Sein massiger Körper erdrückte sie fast. Sein Atem stank wie eine Kloake. Es gelang ihr, sich auf dem Tisch unter ihm hervorzuwinden. Mit zitternden Beinen stand sie da und heulte. Sie klaubte ihre Kleider vom Boden auf. Der Rock und das Hemd waren von Wein und Erbrochenem besudelt, aber das Mieder und die beiden Ärmel, die etwas abseits auf den kalten, nackten Steinfliesen gelegen hatten, waren zum Glück noch recht sauber. Nachdem sie den schlimmsten Schmutz abgewischt hatte, zog sie sich an. Dann schaute sie sich um. Alle Männer waren inzwischen in einen weinseligen Schlaf gesunken. Einen Augenblick lang wünschte sie sich, es wäre ihr irgendwie möglich, ihre Peiniger auf einen Streich zu töten. Auf keinen Fall wollte sie länger bei dieser Bande bleiben. Wie schändlich hatte Josef sie getäuscht! Sie hatte gehofft, in dieser Gesellschaft Schutz zu finden; stattdessen hatte sie sich ihnen schutzlos ausgeliefert. Schluchzend setzte sie sich auf einen der Stühle. Das schnarchende Gänschen, das neben ihr auf einem Stuhl hockte und den Kopf in die auf dem Tisch liegenden Arme gelegt hatte, regte sich leicht, aber es erwachte nicht.
     
    Die Situation war günstig. Sie sollte von hier verschwinden. Aber wohin sollte sie gehen? Maria wischte sich die Tränen aus den Augen. Sie hatte doch niemanden, dem sie sich anvertrauen konnte, und die Verbrecher würden bald ihre Spur entdeckt haben, und ihre Rache wäre sicherlich furchtbar. Da fiel ihr der alte Mönch mit dem dicken Bauch und dem hageren Gesicht ein, der unten im Verlies hockte. Vielleicht konnte er ihr helfen? Aber sicher, er war schließlich ein Mann Gottes, und wenn er ihr auch beim ersten Anblick unangenehm und sogar unheimlich erschienen war, so war er wenigstens kein so wilder Bruder wie diese schnarchenden Gesellen.
     
    Entschlossen stand Maria auf. Ja, das war die einzige Möglichkeit.
     
    Sie hatte gesehen, wie Josef den Schlüssel, der sowohl das Portal als auch die Tür zum Verlies des Paters aufschloss, in seinem Kittel verstaut hatte. Irgendwie musste sie an diesen Schlüssel herankommen.
     
    Josef lag auf dem Boden, mit dem Bauch nach unten. Sie stellte sich rechts neben ihn und versuchte, an die Außentasche heranzukommen.
     
    Er lag genau darauf.
     
    Maria zerrte vorsichtig an dem Kittel, doch er ließ sich nicht weit genug bewegen. Aber Josef schien etwas bemerkt zu haben.
     
    Er drehte sich um.
     
    Maria sprang entsetzt auf. Ihr Herz raste. Der Atem stockte ihr. Was sollte sie ihm bloß sagen? War das ihr Ende? Sie wartete darauf, dass er die Augen aufschlug.
     
    Aber sie blieben geschlossen. Sein Schnarchen wurde nun, da er auf dem Rücken lag, sogar noch lauter. Als er sich umgedreht hatte, war ihm der große, schwarze Schlüssel aus der Tasche gefallen. Wie ein nutzloses Werkzeug lag er auf den Steinfliesen. Sofort ergriff Maria ihn und hastete zur Tür, die hinunter in die Kellergewölbe führte. Bevor sie sie hinter sich schloss, warf sie einen Blick zurück.
     
    Niemand war aufgewacht.
     
    Die Fackel im Gang brannte noch und beleuchtete flackernd die schweren Türen, die von ihm abzweigten. Hinter welcher saß der Pater? War es die zweite oder die dritte an der linken Seite gewesen? Sie trat an eine der Türen heran und klopfte zaghaft. »Seid Ihr hier drin, Pater?« Keine Antwort. Sie versuchte es bei der nächsten Tür. Sie glaubte, dahinter ein Geräusch zu hören. Sie klopfte noch einmal und sprach etwas lauter. Nun hörte sie ein seltsames Grunzen. Beherzt steckte sie den Schlüssel in das Schloss und sperrte die Tür auf.
     
    Der Pater saß gegen die hintere Wand gekauert. Er schien gerade unter seine schwarze Kutte gegriffen zu haben, denn er zerrte den Stoff sofort herunter, als er die Störung bemerkte. Maria spürte, wie Ekel in ihr hochstieg. Er war doch auch nur ein Mann. Sollte sie ihm wirklich helfen? Würde er dann auch ihr helfen? Oder würde er

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