Der schwarze Atem Gottes
stiegen. Die Mordbrüder steckten Fackeln in Halterungen an den Wänden und entzündeten das schwarze Pech; dann schlossen sie das Portal, und der Teppich aus silbernem Mondschein verschwand. Bald war der große, gewölbte Raum in ein verwirrendes Muster aus rotem Licht und grauen Schatten getaucht. Christoffel entfachte in einem großen Kamin ein lustiges Feuer, und die übrigen holten aus anderen Kellerräumen kleine Fässer sowie gepökeltes Fleisch. Sie ließen sich an dem Tisch nieder, und Christoffel holte aus der Truhe vornehme und wertvolle silberne Becher, in die verschlungene Muster eingraviert waren. Er stellte auch Maria einen Becher hin.
In den kleinen Fässern lagerte schwerer, roter Wein, der an das träge Blut eines alten Mannes erinnerte. Maria sah von einem Zecher zum anderen. Man konnte kaum glauben, dass es Menschen waren. Sie zerrissen das Fleisch zwischen den Zähnen, spülten den Wein hinunter, als wäre es Wasser, achteten nicht darauf, dass ihnen der Trunk aus den Mundwinkeln lief; sie schwatzten mit vollem Mund, hauten auf den Tisch, dass die Becher wackelten, und brüllten vor Lachen, wenn einer einen Witz machte.
Christoffel war bei allem der Lauteste, der Ungebärdigste. Er soff den meisten Wein, fraß das meiste, rülpste am vernehmlichsten – und schielte Maria immer wieder lüstern an. Die anderen verblassten ein wenig neben diesem derben und knorzigen Gesellen: Gänschen, der ein wenig schüchtern war, aber die Klinge so gut wie kein anderer zu führen wusste und keinerlei Skrupel kannte und der seinen Spitznamen wegen seines abnorm langen Halses erhalten hatte – er war einer der Mörder des Mönchs gewesen –; Hütlein, der zwar nur mittelgroß war, aber einen Baum aus der Erde reißen konnte, sonst allerdings nicht viel zuwege brachte und die meiste Zeit aus leeren Augen dumpf vor sich hin stierte – er war der zweite Mörder gewesen –; Hans, der nur noch einen einzigen Zahn im Munde hatte und immer schrecklich aus dem Rachen stank, aber die schlimmsten Witze machte und deshalb bei den Buben sehr beliebt war; Mohammed, der so hieß, weil er seinen eigenen Angaben zufolge ein Jahr unter den Türken gelebt hatte und die Gesellschaft oft mit erbaulichen Schilderungen aus dem Harem des Sultans unterhielt, zu dem er angeblich jederzeit Zugang gehabt hatte; Pfäfflein, der ein entsprungener Pfarrer war, dem seine arme Gemeinde nicht genug Pfründe gebracht hatte und den die Bande als ihren Hofgeistlichen ansah, der ihnen – und sich selbst – nach jeder Schandtat bereitwillig die Absolution erteilte und das Vaterunser fast fehlerlos auf Latein dahersagen konnte; und schließlich noch Spatzel, der in der Tat so einfältig wie ein Spätzlein war, aber immer alles getreulich ausführte, was man ihn hieß.
Auf was hatte Maria sich bloß da eingelassen? Als Josef sie beschwatzt hatte, war es ihr eine gute Idee erschienen, sich dieser Gruppe anzuschließen, doch inzwischen hatte sie ihre seltsamen Gefährten näher kennengelernt und war entsetzt von ihnen. Auch Josef, der ihr mit seinen blauen Augen und den Furchen in seinem jungen Gesicht so edel vorgekommen war, schien nun ein anderer geworden zu sein. Er saß neben ihr und hatte den Arm um sie gelegt.
»Bald sind wir reich«, sagte er zu ihr, nachdem er den Mund geleert und den letzten Bissen Pökelfleisch mit dem Roten heruntergespült hatte. »Morgen kommt der Meister her und wird uns fürstlich belohnen.«
»Was will er denn von dem Mönch?«, fragte Maria.
»Was weiß ich? Er hat uns nur aufgetragen, ihn einzufangen, und zwar lebend und unverletzt. Das haben wir getan. Es muss sich wohl um eine ungeheuer wichtige Sache handeln.«
»Ach wasch«, nuschelte Christoffel über den Tisch. »Er will mit ihm doch nur Löschegeld erpreschen. Dasch Kloschter scholl schahlen.«
»Du bist und bleibst ein Narr«, sagte Josef zu ihm. »Glaubst du wirklich, seine Brüder würden auch nur einen roten Heller für ihn springen lassen? Nein, es muss etwas anderes dahinterstecken – etwas, das in der Person des Paters selbst liegt.«
»Mir gefällt er nicht«, meinte Pfäfflein, nachdem er wieder einmal seinen Humpen geleert hatte. »Ich habe natürlich auch schon von seiner Heiligmäßigkeit gehört – ich bin sicher, dass wir es hier mit dem Pater Hilarius aus Eberberg zu tun haben –, aber auf mich wirkt er eher wie ein Dämon.«
»Du kennst diesen Pater?«, fragte Maria den Pfaffen
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