Der schwarze Engel: Horror-Thriller
schwarzen Mantel dasteht und Jagd auf Jungfrauen macht.«
Ich mußte grinsen. »Dann bist du ja auch ein Vampir.«
Dennis schaute mich mit seinen himmelblauen Augen an. »Wieso?«
»Machst du keine Jagd auf Jungfrauen?«
Er lachte und schlug mir auf die Schultern. »Du bist Klasse, James. Dennis Draker als Vampir, wenn das keine Schau ist.«
»Okay, du hast mich überzeugt, Dennis«, sagte ich und startete den alten Ford. »Wir schlagen den Weg zur Grenze ein.«
Dennis rieb sich die Hände.
Ich hoffte nur, daß man uns rüberließ. Wir waren Amerikaner, und Rumänien gehörte zum Ostblock. Aber nach Jugoslawien waren wir auch hereingekommen, und unser Optimismus kannte damals keine Grenzen. Dennis sagte immer: »Nur der Himmel ist unsere Grenze!«
Wir fuhren weiter. Es war früher Morgen. Im Osten schälten sich aus dem Dunst die wildromantischen Berggipfel der Karpaten. Das war Transsylvanien, das Land, um das sich zahlreiche Sagen und Legenden rankten.
Etwas komisch war mir schon zumute, obwohl ich die alten Geschichten nie ernst genommen hatte.
Wir mußten über die Donau. Die Fluten spülten gegen die Träger einer alten Holzbrücke. Die Jugoslawen ließen uns ohne Schwierigkeiten passieren, obwohl ich beim Anblick der schwerbewaffneten Soldaten ein mulmiges Gefühl bekam.
Unser Ford war der einzige Wagen, der über die rohen Brückenbohlen rumpelte. Flankiert wurden wir von Eselskarren und Fußgängern. Die Gesichter der Menschen waren verbittert. Die Augen blickten scheu. Frauen hatten Tücher um ihre gesenkten Köpfe geschlungen.
Auf dem Fluß trieben einige Lastkähne. Ich sah aber auch Militärboote am Ufer festgeleint.
Die östliche Seite der Donau gehörte schon zu Rumänien. Der nächste Ort hinter der Brücke hieß Bazias. Dort wollten wir Rast machen und etwas essen.
Dennis hatte die Seitenscheibe heruntergekurbelt und schaute aus dem Fenster.
»Mann«, sagte er, »wenn ich da an die Donau denke, die durch Wien fließt. Kaum zu glauben, daß es sich hier um den gleichen Fluß handelt.«
Dennis hatte recht. Wir waren vor drei Wochen noch in Wien gewesen, hatten wie ein Schwamm das Wasser die Kultur in uns aufgesogen, bevor wir unseren Balkantrip unternahmen. Dennis begann das Lied von der schönen blauen Donau zu summen, bis ihn die harte Stimme eines Grenzsoldaten unterbrach.
Und dann ging es los. Zwei Amerikaner an einem verlassenen Grenzort. Wenn das kein Mißtrauen erregte. Sie nahmen den Wagen fast auseinander, suchten und suchten. Selbst unsere Visa konnten sie nicht beruhigen. Die Soldaten wollten etwas finden.
Nach zwei Stunden gaben sie auf. Selbst Dennis stand kurz vor der Explosion. Die Einheimischen warfen uns hämische Blicke zu. Ich konnte es ihnen nicht einmal verdenken.
Schließlich ließ man uns fahren. Dennis wollte sich noch mit einem besonders netten Gruß verabschieden, doch ich hielt ihn zurück. »Laß es sein, sonst nageln sie uns noch fest.«
»Okay.«
Wie immer sprang der Ford erst beim zweitenmal an, und dann rollten wir über die Schlaglochstrecke im Zehn-Meilen-Tempo der Ortschaft entgegen.
Der Weg durchteilte Felder und Wiesen. Wir sahen alte Ställe und baufällige Scheunen. Auch eine Kaserne geriet in unser Blickfeld. Auf ihrem Dach knatterte die rumänische Flagge im Morgenwind.
Der Grenzort Bazias war an Traurigkeit kaum mehr zu überbieten. Es gab eine breitere Straße, die etwa mit der Main Street in den mittelamerikanischen Städten zu vergleichen war. Windschiefe und baufällige Häuser klebten im Zentrum des Ortes wie Streichholzschachteln aneinander. Aus manchen Kaminen stieg ein schmaler Rauchstreifen, und als wir den Marktplatz erreichten, sahen wir auch ein Gasthaus. Wohl das einzige in diesem Ort.
Wir parkten den Ford vor der Tür. Einen Gehsteig gab es nicht. Wenn es regnete, verwandelte sich die Straße in ein regelrechtes Schlammloch.
»Wo sind wir denn hier gelandet?« fragte Dennis.
»Am Ende der Welt. Aber du wolltest ja nach Rumänien«, erwiderte ich sarkastisch.
Er lachte wieder und deutete auf einen Durchgang zwischen zwei Häusern. »Sieh dir nur die Berge der Karpaten an. Man muß einer Sache auch mal etwas Gutes abgewinnen.«
»Ich bin eben nicht so romantisch.«
Er schlug mir auf die Schulter. »Steig aus, wir haben noch nicht gefrühstückt.«
Wir verließen unseren Ford. Ein paar Kinder kamen herangelaufen und bestaunten unseren Wagen. Ich schaute in große, dunkle Augen und lächelte. Mein Lächeln wurde
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