Der schwarze Engel
hätte, oder so was. Aber
es war ziemlich laut und ich habe dem auch nicht viel Beachtung geschenkt und
bin da auch nicht stehen geblieben.“
„Danke, Dawson. Ich glaube, du
hast mir weitergeholfen.“
Sharon verabschiedete sich und
machte sich daran, das geruchsstarke und moderige Gebäude zu verlassen. Sie
konnte langsam selbst nicht mehr verstehen, wie sich das Blatt ständig so
schnell wenden konnte. Als sie vorhin diese Treppen hinauf gestiegen war, war
sie der festen Überzeugung gewesen, dass Dawson der Täter war. Jetzt fiel
plötzlich der Verdacht auf Delicia, und ein Motiv schien es auch zu geben:
Enttäuschung. Vielleicht Enttäuschung über eine zurückgewiesene Freundschaft.
Vielleicht stimmte es, dass Lenane nichts mehr mit ihr zu tun hatte haben
wollen. Aber warum? Delicia war auch die Einzige, der etwas Spezifisches zu der
Kette eingefallen war, an die sie sich zuerst nicht hatte erinnern können, und
sie hatte sogar den Laden benennen können, indem es diese zu kaufen gab. Sollte
sich hinter dem engelhaften Gesicht von Delicia eine ganz andere, grausame
Wahrheit verbergen?
Jetzt ging es erst einmal darum,
andere Zeugen zu finden, die Dawsons Aussagen bestätigen konnten. Sharon musste
irgendwo jemanden auftreiben, der etwas von diesem Streit mitbekommen hatte. Da
niemand der gemeinsamen Freunde etwas darüber zu wissen schien, kam nur noch
eine Person infrage, die etwas darüber wissen konnte: Lenanes Mutter. Doch
bevor sie zu dieser fahren und sie dazu befragen würde, wollte sie mit Joe den
Zwischenstand des Falls besprechen. Vielleicht hatte er bereits einige
Informationen, die in diese Richtung führten. Auch wenn er nicht ihr wirklicher
Partner war, sondern nur als eine Art Unterstützung ab und zu etwas für den
Fall erledigte, konnte er wichtige Hinweise haben.
Bevor Sharon in ihren Wagen stieg
und zurück zum Revier fuhr, wollte sie die Behauptung von Dawson testen und
ging auf eine kleine Männerclique junger Leute zu, die an einer Straßenecke
stand: „Hi, ich wollte euch nur mal kurz etwas fragen. Habt ihr schon mal etwas
von einer Delicia gehört?“
Sofort reagierten die
angesprochenen jungen Männer aggressiv und der eine sagte wütend: „Ey, was
willst du! Komm mir nicht mit der Tussi, bist du eine ihrer Fans, die Werbung
für sie machen wollen? Ey, mit diesen scheiß Storys brauchst du hier gar nicht
anzukommen, von dieser Delicia wollen wir nichts wissen, mach ne Flocke, ja!
Ich schwör dir, ich pack die Tussi nicht mit ner Kneifzange an! Die ist doch
irgendwie psycho!“
Eilig und schmunzelnd entfernte
sich Sharon. Niemals hatte sie damit gerechnet, dass die scheinbare
Übertreibung Dawsons, sie können jeden X-beliebigen nach einer entsprechenden
Bestätigung fragen, der Wahrheit entsprach.
18
Sharon und Joe saßen zusammen an
Joes Schreibtisch, auf dem sich eine große Ansammlung von McDöralds Tüten
befand, was den beiden heute als verspätetes Mittagessen gedient hatte.
Joe hatte am Morgen noch einmal
mit einigen entfernteren Bekannten von Lenane gesprochen, aber leider nichts
Neues mehr herausfinden können. Bei Mrs. Fernandez war er selbst nicht noch
einmal gewesen, da er selbst eine Menge zu tun hatte, und teilte in diesem
Zusammenhang Sharon entschuldigend mit, dass sie den Fall jetzt wohl alleine
weiter würde bearbeiten müssen. Diese war wütend darüber. Joe konnte nichts
dafür, aber sie war wütend auf die Organisation des FBIs und darauf, dass das
Revier viel zu wenig Leute hatte. Sie überlegte sich, ob sie einen Antrag auf
Unterstützung von einem anderen Revier anfordern sollte, doch da jeder mit
Arbeit zugeschüttet war, würde diese Genehmigung erst dann erteilt werden, wenn
der Fall vermutlich schon abgeschlossen war, wenn überhaupt. Schon oft hatte
sie darüber nachgedacht, sich bei anderen Revieren in größeren Städten zu
bewerben, wo die Organisation besser lief und man mehr Leute zur Verfügung
hatte. Sie nahm sich vor, über diesen Gedanken noch einmal nachzudenken, wenn
der aktuelle Fall abgeschlossen war. An Sleepy City hing sie ohnehin nicht
sonderlich und vielleicht würden ein Ortswechsel und eine Arbeit in einem neuen
Revier mit neuen Leuten ihr ganz gut tun.
Lustlos knabberte sie an einem
aufgeweichten, fast kalten Burger herum und dachte noch einmal gründlich über
den Fall Lenane Fernandez nach. Es war zu dumm, dass man keine Fingerabdrücke
bestimmen konnte. Da die Leiche im Wasser gewesen war, waren keine
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