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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Schicksal treffen – ein Jagdunfall, ein achtlos abgeschossener Pfeil.
    Attila sah zu seinem Bruder hinüber und lächelte nachsichtig. Dieser Trottel. Wer hatte diesem fetten Engerling das Leben geschenkt? Welcher ranzige Schoß hatte ihn zur Welt gebracht, diesen Nachkommen eines debilen Schweins? Bleda grinste dumpf zurück.
    Wann würde Bleda auf diesem Thron sitzen? Wenn ein Maultier Junge warf, wenn Fohlen fliegen konnten, wenn ein Pfeil den Mond traf.
    Er wandte sich von Bleda ab und begann, seinen Häuptlingen seinen Plan auseinanderzusetzen.
    Die Weidegründe, legte er dar, schrumpften unter den Mäulern so vieler Pferde, Rinder und Schafe dramatisch. Sie müssten überlegen, ob sie das Lager nicht besser abbrechenund nach Osten ziehen sollten, zu den Winterweiden am Kaspischen Meer.
    Der mürrische Hephthaliten-Häuptling Kuridach mit seinen krummen Beinen nickte und strich sich über den langen, schmalen Bart. «Die kaspischen Winterweiden sind schön und grün, das ist wahr. Die Steppe hier ist abgegrast. Wir dienen gern, aber wir müssen bald nach Osten oder weiter nach Süden ausweichen, zu den Winterweiden.»
    Charaton nickte zustimmend. «Die Hunnen sind kein Volk, das in großen Ansammlungen lebt wie die Ameisen.»
    Attila nickte bedächtig. «Doch die besten Weidegründe erwarten uns im Westen.»
    Die Häuptlinge sahen ihn aufmerksam an.
    «An den Ufern der römischen Donau, auf dem Gebiet, das sie in all ihrer Überheblichkeit Transpannonien nennen, am Fluss Theiß. Hungvaria.»
    «In meiner Jugend ließen unsere Leute ihre Pferde dort grasen», warf Chanat von der anderen Seite des Zelts ein. «Das war vor langer Zeit, als wir Alliierte Roms waren. Damals, während Uldins Herrschaft, kämpften wir gegen unsere alten Feinde, die germanischen Stämme des Rhadagastus. In den Ebenen Italiens hieben wir sie in Stücke.»
    «Das ist lange her, da hast du recht», erwiderte Attila.
    «Doch seitdem haben sie unser Volk zurück nach Osten getrieben», sagte Kuridach.
    «Getrieben?», rief Attila. «Die Römer treiben mein Volk nirgendwohin wie Vieh.» Erst jetzt wandte er sich langsam in Kuridachs Richtung, und sein Blick war gnadenlos.
    Kuridach sah zu Boden. In der Stimme seines Königs, dieses großen Anführers, lagen schreckliche Wut und eiserne Beherrschung.
    «Unter Ruga», sagte Attila, «zogen, wie ihr wisst, dieHunnen im Ausgleich für römisches Gold nach Osten. Sie glichen Sklaven, die Roms Wünsche blind erfüllten. Als Rom sich eines Unruhe stiftenden, rebellischen Jungen entledigen wollte, erfüllte der verachtenswerte Ruga ihre Bitte gegen noch mehr Gold.» Er blickte durchdringend in die Runde, bevor er weitersprach. «Doch uns werden weder Dekrete aus Rom noch Truhen voller Gold von den Weidegründen abhalten, die wir für uns wählen. Wem gehört die Erde? Wir Hunnen sind ein freies Steppenvolk, und wir kommen und gehen, wie es uns gefällt.»
    «Und wenn die Römer dies anders sehen?»
    «Sollen wir deswegen vor ihnen niederfallen?»
    «Vielleicht», sagte Kuridach und rutschte ein wenig auf seinem Sitz hin und her, «vielleicht hat eine höhere Macht dieses Römische Reich eingesetzt. Ist es nicht einer ihrer Mythen, dass sie von den Göttern gesegnet sind?»
    Charaton pflichtete ihm bei. «Ein derartiges Reich, das schon so lange existiert und so viele Generationen von Männern gesehen hat, steht sicher in der Gunst der Götter. Ist es richtig, dorthin zu reiten? Sind ihre Götter denn nicht mächtig? Vielleicht sind die Grenzen ihres Reichs für die Ewigkeit gemacht.»
    Niemand wagte es, Attila anzusehen. Weder Chanat noch Orestes, niemand.
    Seine Stimme hätte einem Mann die Haut vom Leib reißen können. «Dann lasst uns vor Rom in den Staub fallen! Lasst uns zufrieden sein mit den kaspischen Weiden, die man uns gnädig gewährt. Vielleicht gelingt es uns im Frühling, eine mausgleiche Attacke auf die nördlichen Grenzen des Sassanidenreiches zu reiten, um uns daran zu erinnern, dass wir einmal Krieger waren. Seht die Sassanidenkönige, die auf goldenen Schemeln ihre Throne besteigen und dann die göttlichenFüße in Silberschüsseln mit Rosenwasser baumeln lassen, das mit Schnee aus den Zagrosbergen gekühlt wird, von zahllosen Sklaven herbeigeschleppt. Wie schrecklich sie sind, diese Sassanidenkönige! Wie recht wir daran tun, uns zu fürchten!
    Und nach diesen mausgleichen Attacken sollten wir uns wieder trennen. Denn dass so viele Nomaden zusammenleben, ist nicht gut. Die

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