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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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sind sie, dass sie uns vorschreiben, wo wir unsere Pferde weiden lassen und unsere Zelte aufschlagen dürfen?
    Ihr sprecht vom Kaiser Roms, als wäre es Astur selbst! Das ist Gotteslästerung!»
    Ein weiteres Mal sauste die Faust herab. Seine Stimme zerschnitt die Luft und hallte in ihren Ohren wider.
    «Ihr sitzt da, wundert euch und sinniert wie alte Frauen, wer wohl die Gesetze und Vorschriften Roms geschaffen hat. Wer es als Herrscher der Welt eingesetzt hat, bekleidet mit der Kaiserwürde. Ihr schlagt vor, wir sollen uns bescheiden in Hungvaria niederlassen, wenn überhaupt, und das nur mit Billigung Roms. Wollt ihr eure Leute und euer Vieh besteuern lassen, denn Rom saugt seinen Untertanen das Blut aus, um seine Legionen bezahlen und euch weiterhin unterdrücken zu können. Seht ihr das nicht? Erkennt ihr nicht das große Unheil? Wollt ihr wirklich euer Haupt unter dieses Joch beugen? Einen Tribut für jeden Schritt eurer Pferde, eine Kopfsteuer auf jedes Schaf in eurer Herde – selbst euer Atem wird tributpflichtig. Und das alles, weil es das Gebot der Götter sei?
    Ihr Gotteslästerer! Astur und die Götter sind es, die die Welt erschaffen und die Ketten unserer Berge geschmiedet, den Ländern unter der Sonne ihre Grenzen gegeben und die Wasser der Erde darüber ausgegossen haben. Habt ihr das nicht gehört? Habt ihr nicht die Poeten und Schamanen vernommen,die es uns immer wieder in der Nacht am Feuer erzählen, oder hattet ihr zu viel Kumyss getrunken, um eure Ohren aufzusperren?
    Glaubt ihr, der Kaiser von Rom, dieser pockennarbige, jämmerliche Welpe, ist von Astur dazu bestimmt, uns zu kommandieren? Wir sind die Söhne Asturs, des Allvaters! Es ist Blasphemie, derart vor einem menschlichen Wesen zu zittern, wenn der Gott unserer Väter bei uns ist. Seid wagemutig! Er hat Freude an denjenigen, die etwas aufs Spiel setzen, und nicht an denen, die andere in Ketten legen, bestrafen und einengen.
    Ihr habt Asturs Stimme im Trommelschlag des Schamanen gehört, ihr habt gesehen, wie er durch einen Wink seiner Hand die Steppe in Eis verwandelt hat, um sie gleich darauf wieder zum Leben zu erwecken und die Farben des Frühlings auszustreuen. Seine Hände haben die Sterne in ihren Konstellationen, die Nacht und den hellen Tag erschaffen. Kann der Kaiser Roms, mag er noch so vergöttert und mit Gold und Rubinen prächtig gewandet einherschreiten, einen Blitz per Dekret schicken? Kann er die Sandkörner am Strand zählen? Steigt der Adler auf sein Geheiß auf, breitet der Habicht die Flügel aus und fliegt nach Süden?
    Vorschriften und Gesetze, Dekrete und Auszeichnungen, was haben sie mit dem ewigen Wirken der Götter zu tun? Ihr Narren! Diese Anordnungen und Bestimmungen des Menschen, die edel und groß erscheinen, beeindrucken alle – doch den wahren Rebellen und Gottessöhnen entlocken sie nur ein verächtliches Lachen. Wisst ihr das nicht? Die Götter machen darüber ihre schrecklichen Scherze. Und dieses Schwert? Kam es von Gott? Wirklich?»
    Er zog es plötzlich aus dem Boden und ließ es mit einer verächtlichen Geste an seine Brust prallen. Dann sah er sichdrohend um, gefährlich wie ein entfesselter Stier in der Arena. Er forderte sie auf, sich einen Reim auf seine höhnischen Worte, seine Widersprüche und seinen Zorn zu machen. Nur noch wenige hielten etwas von dem seltsam verzierten Schwert. War es nicht doch nur ein Schwert? Aber umso mehr glaubten sie nun an ihn.
    Einigen kam es sogar so vor, als ob die donnernde Stimme, die über die Versammlung und sogar über das ganze Lager schallte, ein Lager, das so groß und doch zu klein war für ihn und seine urzeitliche Wut, für die Stimme, die immer «Wer, Wer   …?» fragte – einigen kam es so vor, als sei dies die Stimme Asturs selbst, und sie fürchteten ihn über die Maßen. All die Gerüchte, dass er ebenso sehr Schamane wie König war, ebenso sehr Zauberer und Hexenspross wie Mensch aus Fleisch und Blut, erfüllte sie mit Entsetzen und zugleich mit wachsender Begeisterung. Es war nicht nur die Macht seiner Worte, seiner Stimme, seiner raumfüllenden Präsenz. Es war die Ahnung, dass er Teil von etwas war, das sie fürchteten und das sie nicht verstehen, nur anbeten konnten.
    Mit ihm an der Spitze ihrer Reiter, was konnte ihnen da geschehen   …
    Er senkte die Stimme und sagte mit beinahe traurigem Klang: «Sie haben euch die Erde weggenommen, mein Volk. Und damit zugleich, so scheint es, das Herz. Doch ich werde euch die Erde zurückgewinnen

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