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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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umherziehenden Nomaden waren für die einsamen Zelte und die weiten Ebenen gemacht, nicht aber für ehrgeizige Eroberungen ganzer Nationen! Wenn die Hunnen zusammengeschart leben, so wirken sie wie die Raben, die sich im Winter am Meer sammeln. Aber es wird ein Sturm aufziehen.»
    Sie wussten nicht wirklich, was sie antworten sollten. Ein oder zwei nickten vorsichtig, ganz unterwürfig. Andere murmelten leise, gaben einiges zu bedenken, lauschten höflich den Älteren, brummten zustimmend, und viele wandten ein, es sei wahrscheinlich einstweilen das Beste, wenn sie getrennter Wege gingen. Sie sollten sich darüber freuten, dass durch die Wiederentdeckung des Schwerts von Sawasch die Einheit aller Stämme und Angehörigen der Hunnen wiederhergestellt worden sei.
    Plötzlich sprang Attila auf, Sawaschs Schwert in der mächtigen Faust. Er rammte es wie einen Dolch in den staubigen Boden. «Seht her, was ich von eurem Ratschluss halte!», brüllte er.
    Nicht wenige Zuhörer machten sich vor Angst ganz klein. Die Menge hinter ihnen geriet in Bewegung. Der Himmel schien sich dunkler zu färben.
    «Habt Acht, ein Sturm naht! Ein Sturm, wie die Welt noch keinen sah. Ein Sturm aus dem Osten.» Er breitete die Arme weit aus. «Wir Hunnenbrüder und Krieger, wir sind dieserSturm! Ihr sagt, wir seien zu viele. Ich aber sage: Nein, wir sind gerade genug. Ihr sagt, wir reiten nach Süden. Ich aber sage: Nein, wir reiten nach Westen, um uns wieder in Hungvaria anzusiedeln, wo wir unsere Pferde in den stolzen Tagen König Uldins weideten. Doch diesmal kommen wir nicht als Alliierte Roms. Diesmal nicht. Wir kommen als Feinde.»
    Er fuhr zu Chanat herum. «Du hast doch seinerzeit im Römischen Reich gelebt. Du bist an den kaiserlichen Hof in Ravenna gezogen.»
    Chanat ließ seine Gedanken zurück zu jener langen Reise nach Ravenna schweifen. Er schnitt eine Grimasse. «Ich erinnere mich an Ravenna. Es roch übel. Wie eine Abflussrinne in einem Lager, in dem es einen Monat nicht geregnet hat.»
    «Und willst du mir sagen, dass dieser verfaulte, stinkende Kadaver von einem Reich noch das Sagen in Hungvaria hat? Und du, alter Kuridach, den ich für einen weisen Mann hielt: Willst du sagen, dass Rom in der ganzen Welt das Sagen hat? Wer gab ihm dieses Recht? Wer verlieh ihm die Oberhoheit?» Seine Wut wuchs, und diejenigen, die direkt neben ihm saßen, spürten, dass er jeden Augenblick explodieren könnte, wie der dunkle Himmel über ihnen gleich seine Schleusen öffnen würde.
    «Wer hat die Grenzen dieses vielgerühmten Reichs gesetzt, das euch in Zaum hält? Der, der die Fundamente dieser Erde erschaffen hat, wie die Römer in ihrer Arroganz und Gottlosigkeit behaupten? Nein!» Seine große Faust sauste mit einer derartigen Wucht auf den Deckel der Truhe nieder, dass sie fürchteten, sie werde unter diesem Hammerschlag zersplittern. Seine Stimme donnerte so laut, dass die Zeltwände um das Versammlungsrund zitterten. Die Ohren dröhnten ihnen. Seine Stimme war eine dunkle Donnerstimme.Ehrfurchtsvoll hörten sie zu und drückten sich auf ihre Sitze. Die Menge im Hintergrund lauschte gebannt. Er ging zwischen ihnen auf und ab, seine Blicke waren wie Pfeile. In seiner Energie und Wut gebärdete er sich wie ein wilder Löwe. Es war, als hätte jemand in der Mitte des Kreises eine Fackel entzündet, nun loderte sie empor und drohte alle zu versengen und zu verschlingen.
    «Wer hat bestimmt, die Hunnen dürften nicht über den Erdball ziehen, wie sie es wünschen? Wer hat die Wanderungen untersagt? Wer hat die Grenzen gesetzt, wo ihre Pferde weiden dürfen, wer die Zäune aufgestellt? Der, der die Erde erschaffen hat? Nein!» Erneut sauste die mächtige Faust herab. «Astur, der Allvater, der die Erde gemacht hat, gab uns diese Erde, wie er sie allen Menschen gab, einander gleich unter der gerechten und von Gott erschaffenen Sonne. Wie er uns Seelen gab, wie er uns das Leben gab, den Atem und die Freiheit, jeden Tag über die grenzenlosen Ebenen zu reiten. Er hat keine Zäune gesetzt und keine nutzlosen Gesetze gemacht. Er errichtete keine Zollstationen, Mautstellen und Steuern, verfügte keine Zahlungen an faule Parasiten in blütenweißen Gewändern in herrlichen Palästen. Er hat uns zu freien Menschen gemacht, wie alle Menschen! Er schmiedete keine Ketten für uns, seine Kinder. Er hat keine Freude an den leblosen Gesetzen der Römer, an den Debatten ihrer Senatoren und den lächerlichen Ritualen ihrer Gerichtshöfe. Ich habe diese

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