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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Römer mit eigenen Augen gesehen, das könnt ihr mir glauben! Mit den klaren, scharfen Augen meiner Kindheit sah ich diese verachtenswerten Pygmäen in ihren Städten. Ich roch den Gestank ihrer Straßen. Wie könnt ihr es wagen, ihre aufgeblasenen Reden bei Gericht, den Papierwust und die Steuererhebungen mit dem Willen der ewigen Götter in Verbindung zu bringen? Was erdreistet ihr euch!Ich habe ihre Kisten mit Gold und Bestechungsgeldern gesehen, meine Brüder!»
    Er versetzte der Truhe einen wütenden Stoß. Ihr eisenbeschlagener Deckel flog auf, und sie sahen, dass sie mit glitzernden Münzen gefüllt war. Seine glühenden Augen fielen auf Bleda, doch der sah zur Seite. «Das ist die ganze Macht, die sie haben!» Er knallte den Deckel wieder zu.
    «Ich weiß alles, alles! Wie sie Ruga bestochen haben, ihre Verwicklung in den Mord an Mundschuk, meinem Vater – ihr kennt, so wie ich, die ganze Wahrheit. Schämt euch, wenn ihr müsst, aber dann schüttelt eure Scham ab. Vielleicht fragt ihr euch: Hasse ich denn mein Volk? Verachte ich es nicht wegen seiner Feigheit und Untätigkeit? Wo waren die glorreichen Schlachten und Triumphe der Hunnen während der letzten drei Jahrzehnte, während meines langen, bitteren Exils, als ich in der Wildnis schwer zu leiden hatte? Nein, ich verachte es nicht. Ich liebe mein Volk, wie ein König sein Volk lieben muss, wenn er es mit ganzer Überzeugung führen will. Und ich möchte es mit Ruhm überschütten. Es ist ein großartiges Volk. Ein ungezähmtes Reitervolk der Ebenen, es wird sich auf die Römer stürzen wie der Wolf auf die Herde.»
    Seine Stimme wurde noch einmal kräftiger, ein tiefes, donnerndes Brausen, das in den Köpfen aller Anwesenden widerhallte. Auf einmal machte er einen Satz nach vorn, packte den alten Kuridach bei der Kehle und schüttelte ihn. Die anderen zuckten zusammen, waren aber unfähig, sich zu rühren. Selbst wenn er dem alten Häuptling den Hals umgedreht oder ihm den Kopf abgerissen hätte, wie es in dem Augenblick durchaus möglich schien, hätte sich niemand vom Fleck bewegt. Er hatte schon viele mit seinen bloßen Händen umgebracht. Nun schüttelte er Kuridach, als wäre er ein Bündel Lumpen, und dabei floss der Strom seiner grausamenWorte unaufhaltsam weiter. Dann ließ er ihn auf seinen Sitz zurückplumpsen und wandte sich ab, um weiter auf die große Runde einzureden. Er wollte sie nicht durch rhetorische Kniffe bezwingen, sondern durch die schlichte Gewalt seiner Worte, durch seinen gleichsam göttlichen Zorn über ihre Dummheit und Kleinmütigkeit. Ob sie ihm beipflichteten oder nicht, ihre Herzen waren durch seine Worte entflammt. Sie würden seinem Drängen nachgeben. Sie mussten ihm folgen, dieser Sturmgewalt der Natur, waren machtlos wie Getreidehülsen, die der Wind vor sich hertrieb.
    Wütend blickte er auf den immer noch würgenden Kuridach.
    «Hör auf, mir zuzuraunen, alter Kuridach, du Häuptling der einst so stolzen Hephthalitischen Hunnen, dass Astur, der Allvater, das Römische Reich ausgerufen und gutgeheißen habe und dass es ihm bestimmt sei, den Lauf der Welt zu diktieren. Astur forderte uns nicht dazu auf, Roms armselige, von Menschen gemachte Gesetze zu befolgen oder sein Gold anstelle unseres eigenen Ruhms anzuhäufen. Wer aber ist es dann? Wer ist diese Macht, die ihr so fürchtet und die uns verbietet, dass wir unsere Pferde dort weiden lassen, wo sie schon zu Zeiten meines Großvaters König Uldin grasten?
    Ich werde euch von dieser Macht berichten. Denn ich lebte in ihrem Schatten, als ich ein hilfloses Kind war. Ich habe diese Macht auch danach beobachtet und verfolge sie noch immer durch die Augen meiner vielen Spione. Die Macht, die ihr fürchtet, ist eine lächerliche Handpuppe: Kaiser Valentinian, der sabbernde Sprössling des Inzests und des Weins, und seine Mutter. Galla Placidia heißt sie, ein kaltes, grünäugiges Monster mit Eiszapfen anstelle von Brustwarzen. Ihren debilen Sohn, diesen verderbten Narren, werde ich wie ein krankes Schaf vor den Augen seiner Mutter schlachten.Diese kaiserliche Familie ist meine Geißel, wie ein Tier jagten sie mich durch Italien, sie mordeten meinen Vater – seitdem lastet mein Fluch auf ihnen. Ich werde sie und ihre Saat für immer ausrotten, ihr Blut und ihr Leben sind verwirkt. Ihr Fürsten, die ihr Valentinian fürchtet, wie könnt ihr es wagen! Wer sind diese Römer, deren Fußsoldaten sich wie Schnecken vorwärtsbewegen und wie Lasttiere manövriert werden? Wer

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