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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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leben.»
    An dieser Stelle schaltete sich eine andere Stimme ein: «Und sie sollen deine Feinde sein, und du sollst ihr Feind sein. Und es soll immerwährender Krieg zwischen den Nomaden und den Siedlern herrschen, in jedem Erdteil und füralle Zeiten bis zur Schlacht am Weltenende.» Attila hatte gesprochen.
    Als hätte er eine Runde in einem Bardenwettstreit gewonnen, sprang der König auf die Füße, klopfte sich den Staub von den Kleidern und verzog sich unbeeindruckt in seinen stolzen neuen Palast. Die am Feuer zurückgelassenen Stammesfürsten und auserwählten Männer lachten.
    Nur Kleiner Vogel lachte nicht. Er sagte: «Und sie sollen Schlangen bei sich aufnehmen.» Dann, so leise, dass nur Orestes es hörte, setzte er hinzu: «Und sie sollen Opfer darbringen von unschuldigem Blut.»

3.
Eine Strafexpedition
    Es wurde Frühling, ehe die neue Nachricht die Höfe in Rom und Konstantinopel erreichte. Innerhalb der fernen, rastlosen Barbarenstämme jenseits der Donaugrenze, hieß es, war es zu Verschiebungen gekommen, und nun lagerten jene wilden Skythen, die Hunnen, wieder einmal in der transpannonischen Ebene. Die Menschen, die sie vertrieben hatten, waren westwärts nach Germanien geflohen oder auch über den Fluss und hatten innerhalb der Stadtgrenzen von Aquincum und Carnuntum Zuflucht gesucht. Doch nur wenige Flüchtlinge hatten tatsächlich Schreckensgeschichten zu erzählen. Offenbar hatten die unergründlichen Steppennomaden einfach beschlossen, dieses Jahr in den üppigen Auen an der Theiß zu überwintern. Dies gab noch nicht wirklich Anlass zur Beunruhigung. Diese Menschen trieben so ziellos umher wie Blätter im Herbstwind. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass sie einen größeren Plan verfolgten, denn diese Barbaren verfügten ja über keinerlei Fähigkeiten, größere Pläne zu schmieden. Sie lebten ohne Vernunft und Gesetz, sie kannten nur ihre eigenen primitiven Bräuche und ihre grässlichen, blutigen Riten.
    Eine Frau allein nahm die Nachricht anders auf: Galla Placidia am Hof von Ravenna. Sie sagte, es könne doch einen Plan geben, möglicherweise sogar einen gewaltigen Plan. Sie wollte wissen, ob der König der Hunnen noch immer der Mann war, den sie Attila nannten. Der Bote wusste es nicht. Sie verpasste ihm zwei Ohrfeigen, doch er wusste es danach noch immer nicht. Galla zischte einige wütende Worte überdie Dummheit der Grenzbewohner und rauschte aus dem Zimmer.
    ***
    Später am selben Tag aß Valentinian in seinen Privatgemächern weiße Trüffel. Sie waren frisch aus den Wäldern Umbriens gebracht worden.
    Unangemeldet trat seine Mutter ein, gefolgt von einem Hofbeamten, der eine große Papierrolle auf einem langen Holzstab trug. Der Geburtsort dieses Hofbeamten war Panium, eine bescheidene und unauffällige Kleinstadt in Thrakien. Der Beamte war aufgrund seiner Sorgfalt und Vertrauenswürdigkeit über die Jahre in der Ämterlaufbahn der byzantinischen Verwaltung aufgestiegen, so hoch, dass er immer wieder an den Hof von Ravenna abbestellt wurde, wie eben auch jetzt. Kritiker behaupteten, dass das West- und das Ostreich durch diese häufigen und anscheinend unnötigen Abordnungen und das Hin und Her zwischen den Höfen einander kontrollierten. Ein Staatsdiener mit einem Fuß an jedem Hof musste daher notwendigerweise zu einer Art Spion werden. Der Beamte begegnete solchen Spekulationen nur mit einer höflichen kleinen Verneigung des Kopfes und nahm Zuflucht bei dem vertrauenswürdigsten aller Freunde, dem Schweigen.
    Er hatte einige Zeit als Oberster Beamter im Offizium des
Comes Sacrarum Largitionum
, der Finanzverwaltung, und ebenso als Konsistoriumssekretär gedient, zuständig für die Protokollierung. Dann war er zum Stellvertretenden Obersten Sekretär des Konsistoriums berufen worden, ein Posten von nicht geringem Einfluss und geringer Verantwortung, wie man gerechterweise sagen muss.
    Aber ich will nicht prahlen. Es ist nur – oh, wie ich doch wünschte, dass meine betagten Eltern lang genug hätten leben dürfen, um den Tag zu erleben, an dem ich der Kaiserin Galla Placidia höchstpersönlich diente! Wie stolz wären sie gewesen, wie hätten sie gestrahlt und mit ihren weiß gewordenen Köpfen genickt, wenn sie ihren Sohn von den Tätigkeiten und Geschäften bei Hofe hätten reden hören, bei einem meiner seltenen Besuche zu Hause in der kleinen Stadt Panium, dort auf dem von der Sonne erwärmten olivgrünen Hang. Doch es hatte nicht sollen sein. Meine Eltern ruhten unter

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