Der schwarze Krieger
wieder herauskam. Mit einem Beutel, derprall mit goldenen Ringen gefüllt war, ging sie endlich zu ihrem geduldigen Ehemann und ihren Kindern. Sie lächelte in stiller Zufriedenheit. Bald kamen weitere Männer und Frauen nach Hause zurück, den ganzen Sommer über; sie brachten Attila die Kunde, an der ihm gelegen war, und noch mehr.
Schließlich waren alle vierzig Spione zurückgekehrt, ohne dass einer von ihnen aus eigenem Verschulden in Gefahr geraten oder seine Mission gescheitert wäre. Attila erfuhr, was es zu erfahren gab, und zwar mit jedem Tag unzweifelhafter. Auch die Männer und Frauen seines Volkes spürten diese seltsame, wachsende Macht und Energie, die unter ihnen allen herrschte, und lächelten umso entschlossener. Die Frauen begannen wieder ihre alten Harfenlieder zu singen, in denen sie die Männer für ihre Heldentaten mit den Waffen priesen, sie aber mit Hohn und Spott überschütteten, wenn sie sich schwach zeigten oder Zweifel zuließen.
Ihr unerbittlicher König lehnte sich in seinem mächtigen Thron in seinem hölzernen Palast zurück und lächelte nachdenklich. Nun war es so weit. Die Jahre vergehen, dachte er, und alle Dinge reifen irgendwann zu vollkommener Süße heran. Dann ist es Zeit, die reife, süße Frucht namens Rom zu pflücken. Oder vielmehr sie vom Baum zu reißen und mit den Füßen zu zertreten, denn sie ist überreif und faulig und schadet Mensch und Tier. Ja, es ist Zeit. Und ich spüre, wir sind bereit für den Krieg. Ich werde mein Volk zu Siegern machen und ihnen einen mächtigen Namen geben unter den Völkern. Keiner soll sie mehr verspotten, keinem fremden Herrscher sollen sie jemals mehr als Schemel dienen. Sagen nicht sogar die Christen in ihrem heiligen Buch, dass «ein jegliches seine Zeit» hat, die Liebe, der Hass, der Krieg und sogar der Frieden? Seht, meine Hand ist stark; meine Länder sind bereit zum Krieg. Dank der quälenden Jugendjahre inder Sklaverei in Rom kamen ihm die römischen Schriften ganz wie von selbst über die Lippen.
Er lächelte. Nun war die Zeit für Krieg gekommen. Die Götter wollten schließlich unterhalten werden. Wie der von ihnen erschaffene Mensch, der in die Arena drängte, um Kämpfe zu sehen … Auch die Götter müssen bei Laune gehalten werden.
7.
Die Kaiserin und der General
Und so standen die Dinge, wie Attila von seinen Spionen zugetragen wurde. Man schrieb den Spätsommer Anno Domini 442, wie das Jahr nach christlicher Zählung heißt.
Die Jahre nach 410, nach der Plünderung Roms, waren bitter gewesen. Dennoch hatten einige in jenen Jahren den Eindruck, dass die Welt von Zank und Krieg genug hatte. Wie falsch sie lagen. Wie Plato schon sagte, wissen nur die Toten nichts vom Krieg. Die Lebenden werden seiner niemals müde.
Sechs Tage lang wurde Rom geplündert, die ausgemergelte Bevölkerung der Stadt wurde vollkommen überrascht. König Alarich hatte befohlen, alle christlichen Tempel zu verschonen. Dann zogen sich die Goten aus der Stadt zurück und wandten sich nach Süden.
Nur wenige Tage später war Alarich tot. Er starb unter mysteriösen Umständen, es ging das Gerücht um, er sei vergiftet worden. Von einer Verschwörung wurde gemunkelt, auch von einer Ermordung durch gedungene Häscher war die Rede … Doch die Wahrheit kam nie ans Licht.
Die Schwester des Kaisers Honorius, die stahläugige, kluge Galla Placidia, heiratete einen stumpfsinnigen illyrischen General und hatte zwei Kinder mit ihm: einen Sohn namens Valentinian, geboren 419, und eine Tochter namens Honoria, die drei Jahre später zur Welt gekommen war. Schon bald zeigte sich, dass Valentinian genauso töricht war und übererregbar wie sein Onkel Honorius. Honoria hingegen war klug, verspielt, scharfsinnig, sie war einfach ein kleinesbezauberndes Geschöpf. Beide Kinder sollten beizeiten eine unerhörte Wirkung auf ihre Zeitgenossen haben.
Honorius hatte keine eigenen Kinder, seine arme, vernachlässigte Frau war früh gestorben. Und auf einmal begann Seine Göttliche Majestät mehr als rein brüderliche Zuneigung zu seiner Schwester zu zeigen.
Das Liebesverlangen von Kaisern tendiert nicht selten zu Mitgliedern der eigenen Familie – nur zu bekannt sind Neros exzessive Zuneigung zu seiner Mutter oder diejenige Caligulas zu seinen Schwestern. Selbst Julius Caesar träumte einmal, er habe seine eigene Mutter in Besitz genommen, die Wahrsager beruhigten ihn freilich: Dies sei ein Symbol dafür, dass er Mutter Erde besitzen werde. Da der
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