Der schwarze Krieger
die Totems und sog scharf den Atem durch seine zusammengebissenen Zähne ein. Dieser Ort war wohl für Generationen vom Bösen gebrandmarkt.
Die Kutriguren hatten keine Wachposten aufgestellt, als so mächtig galten sie. Die vier Reiter waren schon fast im Lager, ehe man sie bemerkte. Dann liefen ein oder zwei Männer, ohne ein Wort zu sagen, über den Pfad und zückten ihre Speere. Aus ihren Blicken sprach vor allem Verwunderung. Einige riefen zornig, wer sie denn seien? Wie sie es wagten, uneingeladen in ihr Lager zu reiten! Einer legte einen Pfeil ein, doch Attila wandte sich ihm zu, sah ihn an und schüttelte den Kopf, und der verwirrte Krieger ließ den Bogen sinken.
Im Herzen des Lagers befand sich ein weiter, staubiger, kreisrunder Platz. Hier stand das größte Zelt von allen, gehalten von einem einzigen Lärchenstamm als Mittelstange. Sie hielten an und warteten. Bald darauf trat ein Mann aus dem Zelt heraus, noch damit beschäftigt, sich eine reichbestickte Decke um die Schultern zu schlagen. Er richtete sich auf und betrachtete die Reiter. Er hatte eine flache Nase, von einem heftigen Schlag eingedrückt, Augen mit stark überhängenden Lidern und ein Gesicht voller Pockennarben. Sein Gesicht war ausdruckslos, wie es einem Häuptling ansteht.
«Wer seid ihr, dass ihr es wagt, in meinen Herrschaftsbereich einzudringen?»
«Wir kommen aus dem Dorf», antwortete Attila. Mit ausgestrecktem Daumen zeigte er zurück in Richtung des hohen Plateaus im Westen.
«Du lügst», sagte der Häuptling. Seine Stirn verdunkelte sich. «Wir haben eure Spur schon vor vielen Tagen im Westen aufgenommen. Das wisst ihr genau. Warum habt ihr jetzt das Dorf aufgesucht? Warum haltet ihr dort an? Was sind eure Absichten? Verratet sie mir, bevor ihr sterbt.»
Eine Weile lang gab der fremde Nomadenkönig keine Antwort. Schließlich sagte er: «Meine Antwort würde dein Denkvermögen übersteigen.»
Eine Welle der Fassungslosigkeit über eine solche Anmaßung erfasste die versammelten Krieger.
Der Kutriguren-Häuptling schaute sich um. Die meisten seiner Männer waren nun aufgesessen, den Bogen in der Hand.
Auch Attila blickte sich um. Der um sie gezogene Kreis war noch nicht vollständig. Er fügte hinzu: «Wir bringen euch unsere Opfergabe, unseren Tribut. Einen ausgezeichneten Kadaver.» Er lächelte düster. «Vom Gewicht her nicht weniger als ein Mann, wie ihr es festgesetzt habt.»
Indem er sein Pferd wendete, ergriff er die Plane, die über dem erschlagenen Krieger lag, und riss sie weg.
Ein entsetzter Aufschrei entrang sich der Menge. In diesem Augenblick, bevor noch die Bestürzung in Zorn und Rachedurst umschlug, gab Attila seinem Pferd einen Tritt und galoppierte los. Die anderen folgten ihm, wobei Chanat und Yesukai die Stange samt ihrer Bürde, der aufgeblähten Leiche, einfach zu Boden fallen ließen.
Die vier jagten bereits durch die schwarzen Zeltreihen, bevor auch nur einer der Kutriguren-Krieger sein Entsetzen abgeschüttelt und die Wut so weit unter Kontrolle gebracht hatte, um vernünftig handeln zu können. Dann aber nahmen sie die Verfolgung auf.
Attila griff sich im Galopp herumliegende Speere undriss damit Zelte in die Lagerfeuer. Seine Männer taten es ihm gleich, und sie hinterließen eine Spur der Verwüstung. Sie galoppierten durch die Zeltreihen wie ein Hase, dem der Räuber auf den Fersen ist, in wildem Zickzack. Schnell hingen Staubwolken und wütende Schreie und der donnernde Galopp Dutzender oder gar Hunderter dahinfliegender Pferdehufe über dem Lager. Dann begannen auch die ersten Pfeile durch die Luft zu sausen. Die vier duckten sich tief in den Sattel, sodass kein einziger sein Ziel erreichte. Es war, wie Attila es vorausgesehen hatte: Die Kutriguren waren zwar viele und besonders grausam, aber sie waren nicht sonderlich geschickt. Das zu wissen war beruhigend, denn gerade zischte ein weiterer Pfeil heran und traf die Seitenwand eines Zeltes. Zeternd wie ein wütender Vogel rannte eine Frau aus dem Zelt, und die Verfolger wurden noch weiter aufgehalten. Die Faust der Frau, mit der sie wütend vor den Pferden herumfuchtelte, und ein Hagel aus Flüchen hinderten sie am raschen Weiterreiten.
Schließlich hatten Attila und seine Männer das Lager hinter sich gelassen und sprengten über die grasbewachsene Ebene durch die enge Schlucht und über das Hochplateau zurück zu dem Dorf mit seiner erbärmlichen Wehr und dem Dorngestrüpp. Jetzt gab es kein Kneifen und Straucheln mehr, nur noch
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