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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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einen Galopp, der so geradlinig war wie der Flug eines Pfeils zum Ziel. Nicht einmal zwei- oder dreihundert Meter hinter ihnen ritten ihre Verfolger. Hin und wieder zischten Pfeile an ihnen vorbei, aber nichts konnte ihren wahnsinnigen Galopp bremsen. Doch zulegen konnten sie auch nicht mehr, ihre gedrungenen, furchtlosen Pferde gaben ihr Bestes. Sie hatten die starken Hälse in den Wind gereckt und die Lippen geschürzt, und ihre Beine flogen in so großer Geschwindigkeit durch die staubige Luft, dass sieweder gesehen noch erahnt werden konnten. Die Kutriguren waren schnell, aber sie konnten nicht aufholen.
    Die vier Reiter sprengten in die Schlucht und den schmalen Hang hinauf. Zwischen den hohen, nassen Wänden hallten der Trommelschlag der Pferdehufe und ihre eigenen wilden Rufe und Schreie tausendfach wider, und sie begannen, vor Freude zu jauchzen und zu brüllen. Im Galopp nockte Orestes einen Pfeil ein, und fast wie zum Spaß oder vielleicht in einem Anflug von Neugier, ob es ginge, drehte er sich halb in seinem Sattel um, zog die kräftige Sehne an seine Brust und beugte sich weit herunter. Als die ersten ihrer Verfolger am Ende der Schlucht auftauchten – in unbeholfenem Gerangel, weil jeder als Erster im Jagdgewühl durch den engen Spalt kommen wollte   –, ließ er den Pfeil losschnellen. Das Geräusch, als er dumpf in die Brust eines Kriegers eindrang, erreichte seine Ohren, während er davonsprengte.
    Der enge Hohlweg war erfüllt von den Schreien der Kameraden des toten Mannes, als dieser von seinem Pferd kippte und ihnen in den Weg stürzte. Seine Hände hatten sich in den Zügeln verfangen. Sein Pferd bäumte sich herrenlos auf, und die anderen rempelten dagegen und versuchten, über den am Boden liegenden Reiter hinwegzusetzen. Der Lärm wiehernder Pferde und zusammenprallender Männer hallte von den hohen Wänden der engen Schlucht wider, während die vier Eindringlinge sich entfernten.
    Plötzlich machte Chanats Pferd zwischen den grauen Felsen, die trügerisch über das Hochplateau verstreut unter dem grauen Gras verborgen lagen, einen Fehltritt, während sie auf die
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zuritten, wo der Wind rauschte und seufzte und die Totenwimpel flatterten.
    Das dahinfliegende Pferd strauchelte und fiel vornüber, und das Geräusch seiner splitternden Schienbeine echotein der klaren Luft. Als es stürzte, überschlug es sich, wie es schien, in einem perfekten Kreis einige Male. Sein Reiter wurde weit weg ins Gras geschleudert und landete mit einem dumpfen Schlag auf dem Rücken. Die drei anderen waren bereits hundert oder zweihundert Meter weiter, als sie es bemerkten. Sie rissen an ihren Zügeln und wendeten.
    Es war nicht zu schaffen.
    Chanat erhob sich unter Schmerzen aus dem Gras, wo er auf seinen Ellbogen gelegen hatte. Er schüttelte den Kopf, um wieder zu Verstand zu kommen.
    Die Kutriguren galoppierten, keine vier- oder fünfhundert Meter entfernt, direkt auf sie zu. Chanat befand sich fast auf der Hälfte der Strecke zwischen ihnen und seinem König, der ihn nur Augenblicke vor dem Feind erreichen würde.
    Es war nicht zu schaffen. Chanat würde sterben.
    Wenn sie seinetwegen zurückritten, würden sie alle sterben.
    Es war nicht zu schaffen. Es wäre Wahnsinn.
    Chanat stellte sich wackelig auf die Beine, rieb sich die Augen mit den Handballen und blickte über das Gras auf die Horde der herannahenden Reiter. Seine drei Gefährten betrachteten ihn gespannt, er stand völlig reglos da. Dann drehte er seinen nahenden Feinden den Rücken zu und blickte hangaufwärts zu seinen alten Kameraden. Er hob die rechte Hand, und nun stand er wieder sicher, Schreck und Unsicherheit waren verschwunden. Er warf den grauhaarigen, alten Kopf zurück, und der kupferne Ring spannte sich fest um seinen starken, muskulösen Hals. Die Sonne blitzte auf seiner breiten, kupferfarbenen Stirn, und er lächelte. Dann drehte er sich in einer raschen Bewegung von ihnen weg, zog sein Schwert und reckte es beidhändig über den Kopf, währender seinen Feinden und dem Tod und der ganzen Welt seinen letzten Widerstand entgegenbrüllte.
    Die Kutriguren kamen johlend auf ihn zu.
    Es war nicht zu schaffen.
    Attila, Orestes und Yesukai trieben ihren Pferden die Fersen in die Flanken und jagten den Hang hinunter, um es mit ihnen aufzunehmen. Drei gegen tausend.
    Pfeile hätten auf sie niederregnen müssen, aber die Kutriguren waren stümperhafte und unerfahrene Krieger, wie sie bereits wussten, und kaum in der Lage, zur gleichen

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