Der schwarze Krieger
galoppierten ihrem König hinterher zurück zum Dorf.
Die vier und dann auch die zwanzig Männer zügelten ihre Pferde und führten sie im Schritt vorsichtig durch die verstreut liegenden Felsbrocken. Das Dornengatter war offen, und durch die schmale Lücke zwischen den letzten Stäben,die jetzt ganz fest im trocken-kalten Boden steckten, ritten sie hinein. Hinter ihnen wurde das Gatter zugezogen.
Nach Luft ringend, fielen sie von ihren Pferden, krümmten sich, die Zügel noch in den Händen, und lachten. Die Pferde waren ganz nass vom Schweiß, der Speichel tropfte ihnen von den Lippen, und ihre Beinmuskeln zitterten, aber sie gerieten nie in Panik. Mit den rollenden Augen und schnalzenden Ohren der hochnervösen Berberpferde, mit deren tänzelndem Gang und deren glatter Schönheit hatten sie nichts gemein. Die Pferde der Hunnen waren belastbar.
Die Männer keuchten und lachten, alle außer Chanat, der ein wenig abseits stand und ein finsteres, bitteres Gesicht machte.
Yesukai lag rücklings ausgestreckt im Schmutz. «Heute sind die Götter mit uns geritten», keuchte er. «Beim Arsch meines Pferdes, das sind sie!»
Attila rang ebenfalls um Atem, während eine der Dorffrauen mit einem nassen Lumpen das Blut, das an seiner linken Schulter hinabrann, abzuwischen begann.
«Ja, das sind sie», murmelte er. Er schaute zu Chanat hinüber. «Oder etwa nicht, Chanat?»
Chanat brummte nur.
Die Männer lachten.
«Und ihr, Söhne Akals? ‹Akals Dreizack› sollten wir euch nennen. Ihr habt euch tapfer geschlagen!»
Die drei schweigsamen Brüder blickten so zufrieden drein wie immer.
«Gut!» Attila klatschte in die Hände. «Der Stamm wird bald hier sein. Und dieses Mal werden sie nicht so leicht in die Flucht zu schlagen sein.» Er schaute auf und suchte die niedrigen Hügel in einiger Entfernung im Süden ab. «Was ist mit Geukchu und Candac und ihren Männern?»
«Wir haben sie nicht mehr gesehen, Herr, seit sie heute Morgen fortgeritten sind.»
«Mit den Pferden», setzte ein anderer hinzu.
Er nickte. «Gut. Dann auf eure Posten.»
7.
Ein paar Fuß Wüste
Attila, Chanat und Orestes versammelten sich hinter dem Dorngestrüpp und hielten selbst Ausschau.
Schweigend saßen die Dorfbewohner inmitten der kläglichen Reste ihres früher einmal blühenden Dorfes. Sie hatten so viele Tiere wie möglich in den Pferch getrieben, das übrige Vieh blieb außerhalb und würde bald von den Angreifern abgeschlachtet werden.
«Als ich ein kleiner Junge war», begann Chanat vorsichtig, «träumte ich oft von einem glorreichen Tod in irgendeiner herrlichen Schlacht.»
Neugierig sahen die beiden anderen zu ihm hinüber. Chanat galt nicht als ein Mensch, der oft in Erinnerungen schwelgte.
«Meine Brüder und ich», sagte Chanat. «Vier Brüder hatte ich, und ich habe sie alle vier beerdigt. Wir spielten, wir seien Krieger, draußen in der Steppe, den lieben langen Sommertag. Und wir hatten alle denselben Traum. Als erwachsener Mann brauchte ich ihn dann nicht mehr. Jetzt aber, wo ich alt bin, kehren diese Bilder eines kleinen Jungen wieder. Obwohl die Schlachtfelder wahrlich nicht mehr so herrlich und verlockend aussehen wie damals in meinen Vorstellungen.»
Attila erwiderte sanft: «Die Knabenjahre haben uns für immer geprägt.»
Nackt und schutzlos lag das Dorf der sterbenden Menschen unter dem Himmel. Kein noch so schmaler Schatten, kein einziger Baum. Nur flache Salzwüste und der armselige, austrocknende See. Die gelegentlich vorbeiziehenden Herdenwaren zu weit weg und zu flink für sie. Ihre besten Jäger waren lange tot, ausgestorben, weil bessere, grausamere Jäger kamen. Nun stand der kalte Winter bevor, mit allenfalls ein wenig Gras in einer Mulde. Ein erbärmliches, kümmerliches Leben, ein Volk, dessen Leben nur noch an einem seidenen Faden hing und das sich an die Krume der ausgedörrten Erde klammerte wie Flöhe an das Fell eines Hundes. Das jeden Augenblick von einer stärkeren Macht weggewischt werden konnte, für immer, und sich in Luft auflösen würde, als sei alles belanglos.
«Worum wir hier kämpfen, ist ja kaum der Rede wert», brummte Chanat. «Ein paar Fuß schmutzige Wüste.»
«Heute Morgen ging es um etwas weit Geringeres», sagte Attila. «Das Leben eines Einzelnen.»
«Ihr wart Narren!»
Attila lachte. «Deine Dankbarkeit beschämt mich, Chanat.»
Der alte Krieger hustete und spuckte aus.
«Ich wusste, du würdest es schaffen», sagte Attila. «Ich hatte die Hand übrigens bereits an
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