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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Aschenstäubchen wurden in die Höhe geschleudert, wie Meteore flogen Büschel brennenden Grases durch die Luft. Die Flamme breitete sich aus zu einem großen Feuermeere und ergoß sich, unaufhaltsam weitergreifend, wie ein Lavastrom über die Grasfläche hin, den Wald bis in die weiteste Ferne mit einem roten Bande umflutend. Das grelle Licht machte die schwarze Finsternis des Waldes noch schwärzer. Das Brausen und Zischen der Flammen übertäubte noch den heulenden Wind; es waren unzählige Feuerpyramiden, die in der Wüste tanzten und rasend sprangen und überall neue Tänzer erweckten. Ihr Brausen glich dem Brausen eines aufgewühlten Oceans, dessen Wellen gegeneinander sich bäumen und in wildem Aufruhr kämpfen. Gerade in der Richtung ihres Laufes stand eine Gruppe von Eichen, deren dürres Laub noch fest an den Zweigen hing. Die lodernde Flut kam heran und erleuchtete die Gruppe. Jetzt umhüllte ein schwarzer Qualm den nächsten Baum – und jetzt rauschte die Glut zu den Zweigen auf und schoß, wie im Triumphe springend, an hundert Fuß in die Luft empor. Der Effekt war ein Augenblick, denn im Nu hatte das Feuer die Bäume durchlaufen. Es sank wieder zur Prairie herab, und nur noch eine schwache dunkelrote Glut umspielte die geschwärzten Aeste. Begierig strömte das wütende Element weiter, Schluchten und Hügel durchspähend, nach Nahrung lüstern. Mehrere Stunden lang wütete das Feuer, und der ganze Horizont war mit einem feurigen Gürtel überzogen. Je mehr der Kreis sich ausdehnte, desto kleiner und kleiner wurden die Flammen, bis sie endlich wie ein dünner goldener Faden um die Hügel sich wickelten. Sie mußten wohl auf zehn Meilen fortgezogen sein. Endlich legte sich die Glut, obgleich der purpurne Schein, der noch stundenlang den Nachthimmel rötete, deutlich erkennen ließ, daß das unermüdliche Element noch immer nicht zur Ruhe gekommen sei.
    Die Sonne ging auf, als ich mich von meinem Lager erhob und meine Reise wieder antrat. Welch eine Veränderung! Aus der Prairie war eine völlige Wüste geworden. Nicht ein einziger Halm, nicht ein Blättchen war verschont geblieben. Die Bäume des Waldes streckten ihre nackten, versengten Aeste in die Luft – ein Bild des überstandenen Angriffs. Eine dünne Decke grauer Asche lag über den Boden gestreut, und einzelne Bäume, deren dünne Zweige die Flammen genährt hatten, brannten noch fort oder sandten hohe Rauchsäulen empor. Ueberall bezeichnete eine kahle Oede den Lauf der Flammen, die sich, das Gras bis auf die Wurzel verzehrend, selbst gegen den Wind Bahn gebrochen hatten.
    Noch immer tobte der Wind und wirbelte die Asche empor, so daß es bisweilen unmöglich war, ein oder zweihundert Yards weit zu sehen.
    Als ich die traurige Landschaft überschaute, erblickte ich einen mageren grauen Prairiewolf, der sich leisen Schrittes wie ein Dieb in eine der Schluchten schlich, gleichsam als ob ihn die Scene in Furcht gesetzt hätte. Er war das einzige sichtbare lebendige Wesen. Er sah mich, seinen Nebenwanderer, jedoch ohne zu fliehen. Die ringsum herrschende Verheerung schien ihn dem Menschen um ein Glied in der Kette der Wesen näher gebracht zu haben, denn er hatte seine Furcht vor ihm verloren. Als er den Fuß des Hügels erreicht hatte, stand er still, stieß ein tiefes klagendes Geheul aus, worauf aus dem Walde her geantwortet ward, und bald darauf drei andere herbeikamen und sich zu ihm gesellten.
    Sie standen einige Augenblicke still und blickten mich mit ihren feurigen Augen an; dann wandte sich einer und kam mir näher. Seine Begleiter folgten ihm. Mir lag indes, trotz der Einsamkeit, nichts an der Gesellschaft von Wölfen; ich legte daher meine Büchse an und schickte eine Kugel unter sie. Ein lautes Heulen antwortete auf den Schuß und der hinkende Gang des einen, als die Rotte in die Wälder floh, überzeugte mich, daß meine Kugel ihr Ziel erreicht hatte.«

Das Hamaïl
    Zwischen Bir el asuad und Ain tajib schwebte einer jener Sakrfalken, welche von den Beduinen vorzugsweise gern zur Jagd abgerichtet werden, hoch oben in der Luft. Seinen scharfen Augen wurde es nicht schwer, zwei Reiterzüge zu erkennen, welche in wohl stundenweiter Entfernung voneinander dem gleichen Ziele zuzustreben schienen.
    Der im Osten sich südwärts bewegende Zug schien eine Kafila, eine Handelskarawane zu sein. Sie bestand aus vielleicht zwanzig Packkamelen und zehn berittenen Hedschahn. Acht der Reiter waren auf orientalische und zwei auf europäische Weise

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