Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe
Mestize aber blieb sitzen. Da wendete Old Shatterhand unter der Thür sich nach ihm um und sagte:
»Ich habe alle aufgefordert, mitzugehen. Wer zurückbleibt, der bekommt es mit mir zu thun. Ich scherze nicht.«
Old Shatterhands drohendes Auge sagte noch mehr, als diese Worte enthielten. Der Mestize stand auf und kam hinterher. Old Shatterhand trug die Laterne wieder und führte die Männer zu der Fährte, welche der Mestize gemacht hatte, als er aus dem Shop zu den auf ihn wartenden Komantschen gegangen war. Er leuchtete auf dieselben nieder und sagte:
»Seht euch diese Stapfen genau an, Mesch’schurs! Es sind die Spuren eines Halunken, der euch alle ins Verderben führen will. Ich werde euch nachher die Füße zeigen, die ganz genau in diese Eindrücke passen. Den Kerl lynchen wir!«
»Ins Verderben führen?« fragte der Aufseher erschrocken. »Wieso?«
»Er verkehrt mit feindlichen Indianern, die wahrscheinlich das Camp überfallen wollen, und hat sich unter einem falschen Namen bei euch eingeschmuggelt, um ihnen die Sache leicht zu machen.«
»Indianer? Ist das möglich?«
»Ja, der Rote, welcher vorhin hier war, war ein Spion von ihnen, der ihn hinausschicken sollte. Wir sahen, daß sie Zeichen miteinander auswechselten.«
»Wer ist der Schuft? Sagt es, Sir, sagt es!«
»Später! Erst will ich euch Beweise geben. Ihr seht, daß ich seinen Stapfen folge, und werdet bald erfahren, wohin sie führen.«
Old Shatterhand ging auf der Spur weiter, und sie folgten ihm, bis er stehen blieb, auf den Boden leuchtete und sagte:
»Seht her! Hier haben drei Indianer gestanden und auf ihn gewartet, während der vierte, der sich Juwaruwa nannte, sich bei uns im Shop befand und ihm heimlich zuwinkte. Ueberzeugt euch genau, daß diese Eindrücke von Indianern stammen!«
Da sagte Has, indem er seinen langen, schwarzen Schnurrbart grimmig auseinanderzog:
»Das bedarf gar keiner besonderen Ueberzeugung, Sir. Man sieht es doch gleich mit dem ersten Blick, daß es sich um Rote handelt. Alle Wetter! Das Camp steht in Gefahr. Zeigt uns den Burschen, damit wir ihn ein wenig aufhängen! Es gibt hier Bäume genug, die hübsche, starke Aeste haben.«
»Wartet nur noch ein kleines Weilchen! Wir müssen der Spur noch weiter folgen. Ihr sollt ganz genau sehen, wie er gegangen ist.«
Der Mestize stand dabei und hörte natürlich alles, was gesprochen wurde. Old Shatterhand ließ den Schein der Laterne zuweilen über sein Gesicht gleiten und sah dabei den irren, ängstlichen Blick, mit dem das dunkle Auge um sich sah.
Es ging weiter, hinter den Shop herum, wo Old Shatterhand wieder stehen blieb und erklärte:
»Dann sind sie hierher gegangen und lange hier stehen geblieben, wie ihr aus den Spuren erseht. Denn dort, auf der Vorderseite fühlten sie sich nicht sicher, weil Winnetou und ich hier waren. Sie glaubten, wir würden sie beschleichen. Hier haben sie von uns und von dem Ueberfalle gesprochen, den sie planen. Dann sind die drei Roten ein Stück weiter gegangen, um auf Juwaruwa zu warten, der da zu ihnen stieß. Der Verräter aber ist von hier nach dem Shop zurückgekehrt. Ich bin kein Freund von solchen Schauspielen, hier aber haben wir es mit einem Schurken zu thun, der unbedingt gelyncht werden muß.«
»Wer ist es, wer, wer, wer?« wurde rund im Kreise gefragt. Nur der Mestize war still.
»Sogleich, sogleich werdet ihr es erfahren! Nur wollen wir der Fährte noch ein Stückchen folgen, bis sie so deutlich wird, daß ich euch zeigen kann, wie genau sein Fuß hineinpaßt. Kommt, Mesch’schurs.«
Indem er die Männer wieder nach der vorderen Seite des Shop führte, paßte er mit scharfem Blicke auf den Mestizen auf. Dieser folgte langsam nur noch einige Schritte und that dann einige schnelle Sprünge auf die Seite; er war nicht mehr zu sehen. Nun war es Zeit. Der Mischling durfte nicht zu Atem und noch viel weniger auf den Gedanken kommen, hier zu bleiben und sich zu verstecken, um zu belauschen, was die Bewohner des Camps vornehmen würden. Darum blieb Old Shatterhand schon nach kurzer Zeit stehen und sagte:
»Hier ist die Stelle, wo ihr es erfahren sollt. Yato Inda mag her zu mir kommen und – ah,« unterbrach er sich, »wo ist der Mestize?«
»Der Mestize?« wurde gefragt. »Ist er es etwa? Ist er es?«
»Natürlich der! Ich glaubte, ihr würdet es erraten. Er heißt nicht Yato Inda, sondern Ik Senanda und ist ein Enkel des ›schwarzen Mustang‹. Dieser will das Camp überfallen und hat ihn hergeschickt, um
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