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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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sicher nichts besonders Ehrenhafes darin.»
      Gerda explodiert mit einem kurzen, scharfen Zischen.
      «Ehre», japst sie. «Was noch? Sind wir beim Militär? Wir sprechen von Frauen. Mein armer Kleiner, Ehre ist da sehr langweilig.»
      Sie nimmt wieder einen Schluck Bier. Ich sehe zu, wie es durch ihre gewölbte Kehle rinnt. Wenn sie mich noch einmal armer Kleiner nennt, werde ich ihr wortlos meine Flasche über den Kopf gießen, um ihr zu beweisen, daß ich auch wie ein Zuhälter handeln kann – oder wenigstens so, wie ich mir vorstelle, daß er handeln würde.
      «Ein schönes Gespräch», sage ich. «Gerade jetzt.»
      Ich scheine versteckte humoristische Eigenschafen zu haben. Gerda lacht wieder. «Ein Gespräch ist wie das andere», sagt sie. «Wenn man so nebeneinander liegt, ist es doch egal, wovon man spricht. Oder gibt es da auch Gesetze, mein –»
      Ich greife nach der Bierflasche und warte auf den armen Kleinen; aber Gerda hat einen sechsten Sinn – sie nimmt einen neuen Schluck und schweigt.
      «Wir brauchten vielleicht nicht gerade von Pelzmänteln, Zuhältern und Hahnreis zu reden», sage ich. «Es gibt in solchen Augenblicken doch auch noch andere Temen.»
      «Klar», stimmt Gerda zu. «Aber wir reden doch auch gar nicht davon.» – «Wovon?»
      «Von Pelzmänteln, Zuhältern und Hahnreis.»
      «Nein? Wovon reden wir denn?»
      Gerda beginnt wieder zu lachen. «Von der Liebe, mein Süßer. So, wie vernünfige Menschen davon reden. Was möchtest du denn? Gedichte aufsagen?»
      Ich greife, schwer getroffen, nach der Bierflasche. Bevor ich sie heben kann, hat Gerda mich geküßt. Es ist ein nasser Bierkuß, aber ein so strahlend gesunder, daß die Tropeninsel einen Augenblick wieder da ist. Eingeborene trinken ja auch Bier.
      «Weißt du, das habe ich gern an dir», erklärt Gerda. «Daß du ein so vorurteilsvolles Schaf bist! Wo hast du nur all diesen Unsinn gelernt? Du gehst an die Liebe heran wie ein bewaffneter Korpsstudent, der glaubt, es ginge zum Duell anstatt zum Tanz.» Sie schüttelt sich vor Lachen. «Du Knalldeutscher!» sagt sie zärtlich.
      «Ist das wieder eine Beleidigung?» frage ich.
      «Nein, eine Feststellung. Nur Idioten glauben, daß eine Nation besser sei als die andere.»
      «Bist du keine Knalldeutsche?»
      «Ich habe eine tschechische Mutter; das erleichtert mein Los etwas.»
      Ich sehe das nackte, unbekümmerte Geschöpf neben mir an und habe plötzlich das Verlangen, zumindest eine oder zwei tschechische Großmütter zu haben. «Schatz», sagt Gerda. «Liebe kennt keine Würde. Aber ich fürchte, du kannst nicht einmal pissen ohne Weltanschauung.»
      Ich greife nach einer Zigarette. Wie kann eine Frau so etwas sagen? denke ich. Gerda hat mich beobachtet. «Wie kann eine Frau so etwas sagen, was?» sagt sie.
      Ich hebe die Schultern. Sie dehnt sich und blinzelt mir zu. Dann schließt sie langsam ein Auge. Ich komme mir vor dem starren, geöffneten anderen auf einmal wie ein Provinzschulmeister vor. Sie hat recht – wozu muß man immer alles mit Prinzipien auflasen? Warum es nicht nehmen, wie es ist? Was geht mich Eduard an? Was ein Wort? Was ein Nerzmantel? Und wer betrügt wen? Eduard mich, oder ich ihn, oder Gerda uns beide, oder wir beide Gerda, oder keiner keinen? Gerda allein ist natürlich, wir aber sind Wichtigtuer und Nachschwätzer abgestandener Phrasen. «Du glaubst, daß ich als Zuhälter hoffnungslos wäre?» frage ich.
      Sie nickt. «Frauen werden nicht deinetwegen mit einem anderen schlafen und dir das Geld dafür bringen. Aber mach dir nichts daraus; die Hauptsache ist, daß sie mit dir schlafen.»
      Ich will es vorsichtig dabei bewenden lassen, frage aber doch: «Und Eduard?»
      «Was geht dich Eduard an? Ich habe dir das doch gerade erklärt.»
      «Was?»
      «Daß er ein Freier ist. Ein Mann mit Geld. Du hast keins. Ich aber brauche welches. Verstanden?»
      «Nein.»
      «Das brauchst du auch nicht, Schäfchen. Und beruhige dich – noch ist nichts los, und es wird auch noch lange nichts los sein. Ich sage es dir schon zur Zeit. Und nun mach kein Drama draus. Das Leben ist anders, als du denkst. Merk dir nur eins: Recht hat immer der, der mit der Frau im Bett liegt. Weißt du, was ich jetzt möchte?»
      «Was?»
      «Noch eine Stunde schlafen – und dann ein Hammelragout mit Knoblauch für uns kochen, mit viel Knoblauch –»
      «Kannst du das hier?»
      Gerda zeigt auf

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