Der Schwarze Orden
Tina Langley uns vorhin beobachtet hat.«
»Ich habe mir gerade eine Kanne frischen Kaffee aufs Zimmer bringen lassen. Beim Zimmerservice müssen sie sich schon gedacht haben, daß ich nicht allein sein würde – warum sonst die zwei Tassen?«
»Ich schenke Ihnen gleich welchen ein. Ich störe doch nicht, oder?«
»Ganz und gar nicht. Eine angenehmere Gesellschaft könnte ich mir zu so später Stunde schwerlich vorstellen. Ich muß ein paar Anrufe erledigen, nichts, was Sie nicht hören könnten. Die Couch dort drüben ist sehr bequem. Zuerst rufe ich im Baur au Lac an.«
Er kehrte an den Schreibtisch zurück, setzte sich und wählte.
»Hier Tweed. Könnte ich bitte den Portier sprechen? Sie sind der Portier? Ich versuche, meinen Freund Arnos Lodge zu erreichen.«
»Er ist nicht im Hotel, Sir«, teilte ihm der Portier mit. »Er ist vor kurzem abgereist, behielt aber das Zimmer. In ein paar Tagen wollte er wieder zurück sein.«
»Hat er eine Nummer hinterlassen, unter der er bis dahin zu erreichen ist?«
»Nein, Sir…«
»Arnos Lodge ist verschwunden.« Tweed wandte sich wieder Paula zu, nachdem er aufgelegt hatte.
»Überrascht Sie das?«
»Nein. Trotzdem finde ich es interessant.«
Im selben Moment klopfte jemand leise an die Tür. Bevor Tweed reagieren konnte, war Paula aufgesprungen. Sie hatte die Browning aus ihrem Beutel geholt und hielt sie ganz offen in der Hand. Als sie die Tür öffnete, stand Tina Langley auf dem Gang.
Tina trug ein tief ausgeschnittenes Negligé und hatte eine große Leinentragetasche bei sich, aus der eine Weinflasche hervorstand. Die zwei Frauen sahen sich an. Paula fand, die nächtliche Besucherin hatte Augen wie Schiefer.
»Ich hätte Mr. Tweed verschiedenes zu erzählen gehabt«, erklärte Tina Langley steif.
»Nur wußte ich nicht, daß er bereits Besuch hat. Das wird wohl auch den Rest der Nacht so bleiben.«
»Was wird den Rest der Nacht so bleiben?« fuhr Paula sie an.
»Ist das nicht eine Pistole, was Sie da in der Hand halten?«
»Langsam müßten Sie eigentlich wissen, wie eine Pistole aussieht.«
»Schreckliche Dinger.« Und mit einem anzüglichen Lächeln fügte sie hinzu: »Ich hatte nicht damit gerechnet, Mr. Tweed bei einem Tête-à-tête zu stören.«
»Ich würde sagen, Sie kommen immer ungelegen – egal, wo Sie auftauchen«, schoß Paula zurück und knallte ihr die Tür vor der Nase zu. Tweed saß immer noch am Schreibtisch, als sie sich ihm zuwandte. Der Wortwechsel schien ihn amüsiert zu haben.
»Am liebsten hätte ich ihr eine Kugel verpaßt«, zischte Paula böse. »Sie haben ja einiges von ihr zu sehen bekommen. Waren Sie versucht?«
»Dumme Frage. Doch nicht bei dieser Frau. Danke, daß Sie sie abgewimmelt haben.
Trinken Sie einen Schluck Kaffee – Sie scheinen ganz schön wütend. Ich werde in der Zwischenzeit im Dolder Grand anrufen und kurz mit Willie reden.«
Nach einem kurzen Wortwechsel legte er wieder auf. Er nahm einen Schluck von dem Kaffee, den Paula ihm eingeschenkt hatte, und drehte sich herum.
»Auch Willie ist verschwunden. Er hat heute – beziehungsweise gestern – sein Zimmer im Dolder Grand aufgegeben. Ohne eine neue Adresse zu hinterlassen. Er ließ auch nicht durchblicken, ob er wieder zurückkommen würde. Interessant, sehr interessant, was ich aus diesen zwei Anrufen erfahren habe.«
Paula kannte Tweed gut genug, um nicht zu fragen, was er so interessant fand. Wenn er es ihr erzählen wollte, täte er es von sich aus. Nachdem er auf die Uhr gesehen hatte, wandte er sich wieder dem Telefon zu.
»Jetzt muß ich jemanden in diesem Hotel anrufen.« Er wählte, mußte nur ganz kurz warten. »Sie wissen, wer dran ist«, begann er. »Wir sind alle hier – bis auf Butler. Ich habe ihn in Frankreich zurückgelassen. Er muß dort noch etwas erledigen, wenn es so weit ist. Wie läuft es? Zu früh, um das sagen zu können? Nicht gerade einfach, was Sie vorhaben. Kann ich jetzt bei Ihnen vorbeikommen? Gut.«
Nachdem er aufgelegt hatte, nahm Tweed noch einmal einen Schluck Kaffee, stand auf und sah auf eine große Landkarte, die er auf dem Bett ausgebreitet hatte.
»Wie bereits gesagt, muß ich jemanden im Hotel besuchen. Tut mir leid, aber das muß streng geheim bleiben.«
»Ich lasse Sie auf keinen Fall allein durch die Gegend laufen. Nicht, wenn diese Frau im selben Hotel wohnt.« Paula stand auf. »Ich komme mit. Wenn Sie da angekommen sind, wo Sie hinwollen, lasse ich Sie allein. Keine Widerrede.«
»Schon gut,
Weitere Kostenlose Bücher