Der Schwarze Orden
blieb Tweed stehen und hörte sich eine Wettervorhersage an, die aus einem offenen Fenster kam.
»Haben Sie das gehört?« fragte Paula. »Für morgen abend werden heftige Gewitter vorhergesagt.«
»Für heute abend«, verbesserte sie Tweed. »Es ist bereits nach Mitternacht.«
Am Ende der Straße bog Tweed nach rechts ab und steuerte auf den Haupteingang des Hotels zu. Als sie auf den Lift warteten, blickte Paula nach oben. Das Hotelfoyer reichte bis unters Dach, so daß man von jedem Stockwerk über eine Brüstung nach unten blicken konnte. Sie stieß Tweed leicht an, worauf auch er nach oben sah.
Über das Geländer der zweiten Etage lehnte eine Frau mit kastanienbraunem Haar und blickte zu ihnen herab. Tina Langley.
Langsam fuhren die drei schwarzen Wagen ins Zentrum von Vevey, das ein Stück hinter Ouchy am Genfer See lag. Big Ben kannte sich in Vevey bestens aus. Er hatte hier einmal in einem Pharmaunternehmen als Packer gearbeitet. Seine Haupteinnahmequelle waren jedoch die Medikamente gewesen, die er gestohlen und unter der Hand verkauft hatte. Er selbst hatte jedoch nie Drogen genommen. Seine Laster waren Alkohol und Frauen. Da er sehr viel Alkohol vertrug, fand er, die beiden paßten gut zusammen.
»Gib den anderen das Zeichen, daß das ihr Hotel ist«, trug er Les auf, der neben ihm saß.
Der Messerwerfer öffnete ein Fenster und streckte seine Hand zum Winken raus. Der Wagen hinter ihnen parkte vor dem Hotel. Genauso verfuhren sie ein paar Minuten später vor einem anderen kleinen Hotel. Dort hielt der zweite Wagen an. Big Ben gab einen zufriedenen Seufzer von sich.
»Läuft wie am Schnürchen«, murmelte er.
»Was soll das eigentlich mal werden, wenn es fertig ist?« fragte Les.
Der große, dünne Mann mit der gebrochenen Nase streckte die Beine aus. Er war der einzige, der ständig Fragen stellte. Big Ben wäre ihn gern losgeworden, aber er war zu gut, um auf ihn verzichten zu können. Deshalb beschloß er, auf die lästigen Fragen des Kerls einzugehen.
»Wir sind insgesamt zwölf Mann. Denk doch mal ein bißchen nach. Im Moment ist zwar gerade Ferienzeit, aber wenn zwölf von uns alle im selben Hotel absteigen, könnte jemand Verdacht schöpfen. Wenn wir uns dagegen auf drei verschiedene Hotels verteilen, nimmt kein Mensch Notiz von uns. Für jeden von uns wurde für drei Nächte ein Zimmer reserviert. Und nachdem die Zimmer bereits im voraus bezahlt sind, in bar versteht sich, wird sich der Geschäftsführer nichts dabei denken, wenn wir den ganzen Tag auf unseren Zimmern bleiben.«
»Und sobald es dunkel wird«, fuhr Les fort, »treffen wir uns alle, wie vereinbart, in Vevey. Wir nehmen unsere Knarren mit und geben auch den anderen welche, wenn wir uns mit ihnen treffen. Dann fahren wir im Dunkeln nach Ouchy zurück, zu dieser Villa. Sollte es noch jemand schaffen, aus dem Haus zu kommen, wenn die Bombe hochgegangen ist, wird er einfach über den Haufen geknallt.«
»Les, wenn du so weitermachst, wirst du noch ein zweiter Einstein.«
»Wer ist das denn? Einer, der neu bei uns eingestiegen ist?« »Jetzt enttäuschst du mich aber.«
»Was ist eigentlich mit Jeff? Muß arschkalt sein da draußen auf dem See.«
»Jeff ist ein echtes Genie. Weiß genau, wie man einen Zeitzünder einstellt. Er bleibt mit dem Boot draußen auf dem Wasser. Wenn es dunkel wird, macht er alles bereit. Und wenn es dann so weit ist, fährt er mit dem Boot zu der Villa in Ouchy. Das ist Teil des Plans. Da vorne kommt unser Hotel…«
Eine halbe Stunde später hatte Tweed auf seinem Zimmer ein Bad genommen und frische Sachen angezogen, diesmal etwas Sportliches – ein Polohemd und eine bequeme Hose. Das Zimmer, eigentlich eine Suite, war groß und komfortabel. Er wollte sich gerade an den Schreibtisch setzen und nach dem Telefon greifen, als er jemanden an die Tür klopfen hörte.
Er stand auf, stellte sich neben die Tür und öffnete sie. Es war Paula. Sie hatte sich ebenfalls umgezogen und trug ein schickes blaues Kostüm. Als sie sah, daß er eine Dose Haarspray in der Hand hielt, nickte sie zustimmend.
»Ich konnte nicht schlafen. Stört es Sie, wenn ich eine Weile bei Ihnen bleibe?« Tweed sah, daß sie ihren Umhängebeutel dabeihatte, und schloß die Tür lächelnd wieder ab, nachdem sie eingetreten war. »Sie haben sich selbst zu meinem Aufpasser ernannt.«
»Na ja, während ich im Bad war, um mich herzurichten, habe ich mir die ganze Zeit Sorgen gemacht. Mir geht einfach nicht mehr aus dem Kopf, wie
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