Der Schwarze Orden
Ohren. Aber es muß eine Organisation geben, der unsere Bemühungen ein Dorn im Auge sind – sie hat bereits acht unserer Mitglieder umbringen lassen. Lauter Morde, die als Selbstmorde getarnt waren. Acht Mitglieder ausgeschaltet, womit noch sieben übrig bleiben.«
»Sie eingeschlossen«, bemerkte Tweed.
»Und auch Sie eingeschlossen. Dann wäre da noch ein Punkt: der rapide fortschreitende Werteverfall im Westen.«
»Das ist das erste Mal, daß ich Sie diesen Punkt anschneiden höre«, sagte Tweed. Lodge schenkte sich ein Glas Scotch nach. Tweed hatte den Eindruck, daß sich ihr Gastgeber vor ihrer Ankunft bereits ein paar Gläser genehmigt hatte. Das überraschte ihn. Lodge war deshalb gesprächiger als üblich, denn prompt fuhr er mit seiner rauhen Stimme fort:
»Das Römische Reich ging an seiner eigenen Dekadenz zugrunde. Kurz vor seinem endgültigen Fall war die Führungsschicht nur noch mit jeder erdenklichen Form von Perversion beschäftigt. Ganz ähnlich sehe ich inzwischen die Situation im Westen. Ich glaube an die Gleichberechtigung, aber im Westen geht das inzwischen so weit, daß die Frauen die dominierende Kraft geworden sind. Sie sind diejenigen, die das Sagen haben. Das zeigt sich in vielerlei Hinsicht. Was die Mode angeht, kann man die fortschreitende Dekadenz an der Art erkennen, wie sich Filmstars oder Damen der Gesellschaft in der Öffentlichkeit kleiden – beziehungsweise entkleiden. Das Motto lautet ›Alles ist erlaubt‹ Die Männer erleben, daß sie nur noch zweite Garnitur sind.
Das ist selbstverständlich eine Verallgemeinerung. Ich bin kein Frauenfeind – das wissen Sie, Tweed. Aber das Fundament der westlichen Zivilisation wird von Grund auf untergraben. In vielen Ehen herrscht keine Stabilität mehr. In der moralischen Einstellung vieler Menschen, Männer wie Frauen, fehlt jedes Gefühl für sittliche Werte, für Anstand. Unsere Politiker – nicht alle – tragen die gleichen dekadenten Züge. Dieser Abstieg in moralisches Chaos ist nicht nur für Amerika und England kennzeichnend, sondern auch für alle anderen westlichen Schlüsselstaaten.«
Lodge hatte mit großem Nachdruck gesprochen. Seine Augen hinter den viereckigen Brillengläsern leuchteten vor missionarischem Eifer.
»Und was schlagen Sie zur Lösung dieses Problems vor?« fragte Tweed.
»Die Errichtung einer starken Führung im Westen. Ein wesentlich größeres Maß an Disziplin, eine Wiederherstellung der alten Stabilität. Dabei hat es, fürchte ich, keinen Sinn, auf die Kirche zu bauen. Nur noch wenige Menschen messen ihr echte Bedeutung bei. Nehmen Sie nur die Filme, die die Leute sehen, die Bilder, die unsere sogenannten Künstler malen. Ein einziger Abstieg in die Barbarei. Nicht immer, zugegebenermaßen, aber zu oft, zu durchgängig. Wie gesagt, alles ist erlaubt.«
»Könnten Sie etwas konkreter werden?« fragte Newman.
»Wir haben sowohl ein moralisches als auch ein militärisches Vakuum. Wir hätten der Aufoktroyierung eines wesentlich rigideren Wertesystems aus dem Osten nichts entgegenzusetzen. Damit meine ich den Islam. Nicht die Fundamentalisten – nein, bestimmte noch extremere Gruppen, die schon lange im verborgenen unseren Sturz vorbereiten. Diese Leute wissen ganz genau, was sie tun – deshalb schalten sie der Reihe nach sämtliche Mitglieder des
Institut de la Defense
aus. Sie fürchten, wir könnten uns schließlich doch noch bei unseren politischen Führern Gehör verschaffen und sie zu einer Wiederaufrüstung des Westens bewegen. Der Osten ist fest davon überzeugt, über ein sittliches Wertesystem zu verfügen, das er dem Westen aufzwingen kann, sobald wir militärisch bezwungen sind.«
»Der Mann immer vorneweg, die Frau immer ein paar Schritte hinterher«, bemerkte Newman.
»Genau. Das halten diese Leute für die natürliche Gesellschaftsordnung. Die Geschichte zeigt uns, daß eine solche Entwicklung durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Denken Sie nur an Mohammed, den Propheten. Seine Armeen kamen buchstäblich aus dem Nichts, und doch überrannten sie ganz Nordafrika und setzten in Gibraltar, das sie Jebel-Tarik nannten, über das Mittelmeer. Sie eroberten Spanien und stießen nach Frankreich vor, wo sie erst Charles Martel, Karl der Hammer, in der Schlacht von Poitiers aufhalten konnte. Das war mitten in Frankreich! Beim nächsten Mal wird alles wesentlich schneller gehen. Sie verfügen über modernste Waffen – Raketen, Panzer, sonstige hochentwickelte Technologien. Die
Weitere Kostenlose Bücher