Der Schwarze Orden
Eroberung Europas, das, ich betone, unter der gegenwärtigen Pseudo-Führung völlig wehrlos ist, wird sehr schnell erfolgen.«
»Militärisch betrachten Sie es also ganz aus strategischer Sicht«, bemerkte Tweed. »Das war ja immer schon Ihre Stärke – Strategie.«
»Ganz richtig.« Lodge hielt inne. Seine Miene war ernst. »Ich werde in Kürze nach Zürich reisen, um dort mit Pierre Dumont zu sprechen. Er ist einer der größten Denker der Gegenwart.«
»Allerdings.« Tweed stand auf. »Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen würden, wir haben noch einen anderen Termin.« Er lächelte. »Das heißt, mit Ihnen hatten wir, genaugenommen, gar keinen – trotzdem, es war sehr freundlich von Ihnen, uns etwas von Ihrer kostbaren Zeit zu widmen. Ich weiß, Sie arbeiten praktisch pausenlos.«
»Das ist eine meiner schlechten Angewohnheiten«, entgegnete Lodge freundlich und stand ebenfalls auf, als Newman ihm die Hand reichte. »Und es freut mich, daß Sie soviel Geduld aufgebracht haben, sich mein albernes Geschwafel anzuhören, Mr. Newman.«
»Von albernem Geschwafel kann da wohl kaum die Rede sein.«
Auch Newman lächelte, als sie sich die Hände schüttelten. Er sah seinen Gastgeber aufmerksam an. Lodges hypnotische Augen leuchteten vor Sendungsbewußtsein.
Tweed war sehr still, als Newman mit ihm zum Hotel zurückfuhr. Seine ganze Aufmerksamkeit schien auf die Straße vor ihnen gerichtet, die jetzt, nach Einbruch der Dunkelheit, nur noch von den Lichtkegeln ihrer Scheinwerfer beleuchtet wurde. Es war Newman nicht neu, daß Tweed so schweigsam wurde, wenn er sich mit einem ernsten Problem herumschlug. Schließlich begann Tweed zu sprechen.
»Könnten Sie rasch Ihre Sachen packen, wenn wir im Hotel zurück sind? Ich werde ebenfalls meinen Koffer packen. Außerdem muß ich noch Monica anrufen. Wir kehren sofort nach London zurück. Die Park Crescent ist unsere Kommunikationszentrale, und dort muß ich ab sofort unbedingt sein.«
»Geht in Ordnung. Und ich zahle die Zimmer.«
Newman hatte sich ohne Umschweife einverstanden erklärt. Ihm war klar, daß jetzt der Ernstfall eingetreten war. Die Lage würde sich immer mehr zuspitzen, bis sie unausweichlich zu einem Höhepunkt kam, von dem noch kein Mensch sagen konnte, wie er aussehen würde.
Mit einem zufriedenen Lächeln legte Hassan den Hörer auf. Er hatte Simone Carnot gerade die wichtigsten Daten über Pierre Dumont durchgegeben. Er hatte alles bestens organisiert – mit Hilfe der Liste, die ihm der Engländer beschafft hatte, war es ihm möglich, die richtige Frau auf das jeweilige Opfer anzusetzen.
Simone hatte schon über eine Woche ein Foto von Dumont. Hassan hatte sie in einer Wohnung in der Züricher Innenstadt, nicht weit von der Bahnhofstraße, untergebracht, und inzwischen kannte sie nicht nur Dumonts Adresse, sondern auch seine Gewohnheiten. Dumont war ein Mann mit einem streng geregelten Tagesablauf.
»Er verläßt seine Wohnung in der Talstraße jeden Morgen um zehn Uhr«, hatte Hassan Simone gesagt. »Zehn Minuten später trifft er im Cafe Sprüngli in der Bahnhofstraße ein. Man kann die Uhr nach ihm stellen. Vermutlich hängt das damit zusammen, daß er Schweizer ist. Er begibt sich in den ersten Stock, wo er exakt dreißig Minuten damit verbringt, ein Croissant zu essen und Kaffee zu trinken. Dann…«
Er fuhr fort, Dumonts Tagesablauf bis zu dem Punkt zu beschreiben, wenn er in seiner Wohnung zu Bett ging. Hassans Spitzel verstanden etwas von ihrem Geschäft – bei dem Honorar, das er ihnen zahlte, war auch nichts anderes zu erwarten. Dank dieser Informationen war es für die jeweilige Frau ein Leichtes, die Bekanntschaft ihres angehenden Opfers zu machen. Und, dachte Hassan, Simone Carnot ging rasch zur Sache. Der Engländer hatte bei der Rekrutierung der Frauen ein sehr feines psychologisches Gespür bewiesen.
6
Simone Carnot schritt durch den Eingang des Hotels Baur au Lac in Zürich und blieb stehen. Mehrere Männer starrten sie unverhohlen an. Simone war Anfang dreißig, eins siebzig groß, schlank und rothaarig. Ohne sich um die Blicke zu kümmern, sah sie auf die Terrasse links von der Hotelauffahrt, wo mehrere Paare im Freien saßen und etwas tranken.
An einem der Tische entdeckte sie Pierre Dumont. Es war ein heißer Juniabend, und sie hatte ein kurzes weißes ärmelloses Leinenkleid an, das ihre Figur betonte. Um ihren Schwanenhals trug sie eine Goldkette.
Sie ging auf einen freien Tisch neben dem von Dumont zu, nahm
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