Der Schwarze Orden
bemerkte er sie erst jetzt, ging auf sie zu, schüttelte ihr die Hand und setzte sich zu ihr an den Tisch.
»Lange nicht mehr gesehen«, sagte er lächelnd.
»Allerdings. Viel zu lange. Wo wir doch immer so gut miteinander ausgekommen sind.«
»Auf jeden Fall.«
Karin Bergs schön geformte Gesichtszüge wurden von ihrem kurz geschnittenen blonden Haar eingefaßt. Ihre vollen roten Lippen kamen durch die makellose Blässe ihrer Haut noch besser zur Geltung. Sie sah Tweed direkt in die Augen, als sie ihn über das Glas mit Eiskaffee, aus dem sie trank, anblickte. Tweed bestellte bei einem in der Nähe stehenden Kellner das gleiche.
»Ich habe gehört, Sie haben Ihre Stelle aufgegeben«, griff er den Gesprächsfaden wieder auf. »Warum? Was machen Sie jetzt beruflich?«
Ihm war nicht entgangen, daß sie an ihrer rechten Hand keinen Ring trug. Lächelnd stellte sie ihr Glas ab.
»Soll das ein Verhör sein? In so etwas waren Sie schon immer sehr geschickt.«
»Nein, nur eine persönliche Frage. Die im übrigen nicht so weit hergeholt ist.
Immerhin haben wir einmal zusammengearbeitet.«
»Tja…« Sie hielt inne, sah ihn immer noch an. »Ich habe meine Geheimdiensttätigkeit aufgegeben. Die Bezahlung war einfach zu schlecht. Außerdem hatte ich ein sehr gutes Angebot von der Sicherheitsabteilung eines großen Konzerns vorliegen. Als Sicherheitschefin.«
»Was ist das für ein Konzern?« fragte Tweed scharf.
»Sie können es einfach nicht lassen. Ich habe mich vertraglich verpflichtet, niemandem zu verraten, für wen ich arbeite. Gesagt sei nur so viel, daß es ein internationaler Großkonzern ist. Ich bin nun mal den Dingen, die man mit Geld kaufen kann, nicht abgeneigt.«
»Das sind die wenigsten Frauen.« Er wartete, bis der Kellner, der sein Getränk gebracht hatte, wieder gegangen war. »Sie hatten zwei nicht sehr erfreuliche Beziehungen. Seitdem haben Sie wohl genug von den Männern?«
»Das ist eine ziemlich persönliche Frage.«
»Sie haben mir davon erzählt, als ich in Stockholm war. Sie sagten sogar, ich sei der einzige Mensch, dem Sie erzählt hätten, wie schlecht Sie behandelt wurden.«
»Das stimmte auch. Und es stimmt noch immer.«
Sie verstummte, als Newman erschien. Er blieb hinter einem freien Stuhl stehen und sah sie beide mit einem strahlenden Lächeln an. »Dürfte ich Ihnen einen Moment Gesellschaft leisten? Oder störe ich gerade – dann löse ich mich selbstverständlich auf der Stelle in Luft auf.«
Tweed übernahm das Vorstellen. Karin Berg gab zu verstehen, daß sie nicht das geringste gegen seine Anwesenheit einzuwenden hätte. Sie musterte ihn aus halbgeschlossenen Augen.
»Robert Newman? Der bekannte Auslandskorrespondent? Dachte ich mir’s doch fast.
Sie schreiben in letzter Zeit nicht mehr sehr viel – ich habe Ihre scharfsichtigen Artikel im
Spiegel
gelesen. Und in zahlreichen anderen Publikationen.«
»Ich habe mir finanziell ein hübsches Polster zugelegt. Außerdem tut sich im Moment auf der Welt nicht mehr viel, über das zu schreiben sich lohnt«, bemerkte er beiläufig und stellte das Glas, das er mitgebracht hatte, auf den Tisch. »Aber vielleicht schreibe ich einen größeren Bericht über die Attentate, die in jüngster Vergangenheit auf acht prominente Persönlichkeiten verübt wurden. Das heißt«, fügte er mit einem scharfen Blick auf Karin Berg hinzu, »sobald ich weiß, wer der Attentäter ist.«
Sie erstarrte. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber Newman bemerkte ihre Reaktion, bevor sie wieder eine interessierte Miene aufsetzte.
»Attentate? Ich habe gelesen, es handle sich um eine Reihe von Selbstmorden.«
»Sie dürfen nicht alles glauben, was in der Zeitung steht.«
Newman grinste. Er hob sein Glas und nahm einen Schluck Scotch.
»Ich habe Sie aufgrund der Fotos erkannt, die immer mit Ihren Artikeln abgedruckt wurden. Sie haben sich kein bißchen verändert. Wenn überhaupt, sehen Sie eher jünger aus.«
»Mit Schmeicheleien können Sie bei mir ziemlich viel erreichen«, versicherte ihr Newman.
»Ich sage immer, was ich denke«, entgegnete sie, und nun machte sich zum erstenmal ihre Arroganz bemerkbar.
Tweed strich sich mit dem Finger über die rechte Augenbraue. Damit signalisierte er Newman, daß er jetzt lieber mit Karin Berg allein wäre.
»Dann werde ich Sie nicht mehr länger in Ihrer Unterhaltung stören«, bemerkte Newman prompt und stand auf. »Hat mich gefreut«, fügte er, an Karin Berg gewandt, hinzu, bevor er sich durch
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