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Der schwarze Schleier

Der schwarze Schleier

Titel: Der schwarze Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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eingestellt. Hier fristete er sein Dasein mit dem, was er an Resten auf den Tellern fand (was allerdings nur zu oft gedankenlos völlig in Senf getunkt war) und was er in den Gläsern fand (kaum mehr als ein Tröpfchen oder ein Zitronenschnitz), schlief am Abend im Stehen ein, bis man ihn unsanft mit einer Ohrfeige weckte, und wurde tagsüber dazu angehalten, jeden einzelnen Gegenstand in der Kaffeestube zu polieren. Sein Diwan waren die Sägespäne, seine Zudecke die Zigarrenasche. Hier, wobei er oft sein schweres Herz unter seinem adrett gebundenen Halstuch verbarg (genaugenommen etwas weiter unten und ein bisschen mehr links), eignete er sich die Anfangsgründe des Wissens von einer Aushilfe, einem Burschen mit Namen Bishops, an, der von Beruf Tellerwäscher war, und bildete seinen Verstand nach und nach mit Kreide auf der Rückwand der Ecknische weiter, bis er schließlich das Tintenfass benutzte, wenn es gerade nicht in Gebrauch war, endlich das Mannesalter erreichte und der Kellner wurde, der er noch heute ist.
    Ich möchte hier einige wenige respektvolle Worte bezüglich des Berufes einfügen, der so lange schon der meine und der meiner Familie ist, und bezüglich des öffentlichen Interesses daran, das allzu oft sehr gering ist. Im Allgemeinen versteht man uns nicht. Nein, wirklich, das tut man nicht. Man macht uns keinerlei Zugeständnisse. Denn, angenommen, wir zeigen jemals ein wenig trübe Mattigkeit des Geistes oder das, was man vielleicht als Gleichgültigkeit oder Apathie bezeichnen könnte. Stellen Sie sich doch selbst einmal vor, wie Sie sich fühlen würden, wenn Sie zu einer ungeheuer großen Familie gehörten, in der jedes Mitglied außer Ihnen selbst stets heißhungrig und in Eile wäre. Stellen Sie sich vor, Sie würden regelmäßig jeden Tag in den flauen Stunden, einmal um ein Uhr nachmittags und dann wieder um neun Uhr abends mit fleischlicher Nahrung vollgestopft und, je vollgestopfter Sie wären, desto heißhungriger strömten all Ihre Mitgeschöpfe herein. Stellen Sie sich vor, es wäre Ihre Aufgabe, jetzt, da Ihre Verdauung in vollem Gange ist, ein persönliches Interesse und Mitgefühl für hundert äußerst frische, erholte Herren zu entwickeln (wir wollen hier der Einfachheit halber annehmen, dass es nur hundert sind), deren Gedanken nur um Fett und Soße und geschmolzene Butter kreisen und die sich mit Hingabe darauf verlegen, Sie zu diesem Fleischstück und jenem Gericht auszufragen – und von denen jeder gerade so tut, als wären er und Sie und die Speisekarte allein auf der Welt.
    Und dann sehen Sie sich an, was Sie alles wissen sollen. Sie kommen nie vor die Tür, aber die anderen scheinen zu denken, dass Sie regelmäßig überall dabei sind. »Was höre ich da von dem Unfall mit dem Ausflugszug, Christopher? Was macht die italienische Oper, Christopher? Christopher, was geht da bei der Yorkshire Bank wirklich vor?« Ebenso macht mir manch ein Ministerium mehr Ärger alsder Königin. Und was nun gar Lord Palmerston 1 betrifft, so stünde mir wahrhaftig eine Pension zu, so oft und ständig hat man mich in den letzten Jahren mit Seiner Lordschaft in Verbindung gebracht. Und dann sehen Sie sich an, zu welchen Scheinheiligen man uns macht und zu welchen Lügen (Notlügen, hoffe ich) man uns zwingt! Warum muss man ausgerechnet einen Kellner, den seine Beschäftigung zu einem eher sesshaften Lebenswandel zwingt, für einen Pferdekenner halten und ihm ein außerordentliches Interesse an der Schulung von Pferden und an Pferderennen andichten? Und doch würde es uns um die Hälfte unseres geringen Einkommens bringen, wenn wir nicht vorgäben, diese sportlichen Vorlieben zu pflegen. Das Gleiche gilt (es ist mir unverständlich, warum!) für die Landwirtschaft. Und auch für die Jagd. Ich versichere Ihnen, so regelmäßig wie die Monate August, September und Oktober ins Land ziehen, so regelmäßig schäme ich mich im tiefsten Herzen dafür, wie ich vortäusche, es würde mich im Geringsten berühren, ob das Moorhuhn starke Flügel hat oder nicht (denn ich schere mich herzlich wenig um Flügel oder Keulen, ehe sie nicht gebraten sind!) und ob reichlich Fasane zwischen den Steckrüben zu finden sind und ob die Fasane scheu oder keck sind oder irgendetwas sonst, was Sie vielleicht in diesem Zusammenhang erwähnen möchten. Und doch werden Sie mich oder jeden anderen Kellner meines Kalibers da stehen sehen, wie ich mich an der Brüstung der Nische aufstütze und mich über einen Herrn lehne,

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