Der schwarze Schleier
sich auf dem Boden wälzten und beteuerten, sie könnten geradezu spüren, wie all ihre Sünden zu ihrer Linken in einem Haufen auf dem Boden lägen und so und so viele Pfunde wögen, wie ich nur zu genau aus meinen Erfahrungen mit diesen widerlichen geheimnisvollen Veranstaltungen wusste –, versprach ich das.
Seit dem Verlesen meines Briefes hatte Bruder Gimblet sich ab und zu mit einem Eckchen seines gepunkteten blauen Halstuchs ein Auge getupft und widerlich vor sich hin gegrinst. Dieser Bruder hatte jedoch die Angewohnheit, widerlich vor sich hin zu grinsen, selbst wenn er predigte. Ich erinnere mich an das entzückte Knurren, mit dem er von der Plattform herab die Höllenqualen bis in die letzte Einzelheit erläuterte, die Bösewichter (das heißt: alle Menschen außer der Bruderschaft) zu erwarten hatten und die ganz besonders grässlich waren.
Ich ließ die beiden ihren Partnerschaftsvertrag abschließenund ihr Geld zählen, und ich sah sie nur am darauffolgenden Sonntag noch einmal. Bruder Hawkyard starb ein, zwei Jahre später und hinterließ all seine Habe Bruder Gimblet, in einem Testament, das (wie man mir gesagt hat) das Datum genau dieses Tages trug.
Nun war ich, als dieser Sonntag kam, in dem Wissen, dass ich mein Misstrauen überwunden hatte und Bruder Hawkyard gegen die neidischen Verdächtigungen eines Rivalen in Schutz genommen hatte, so sehr mit mir im Reinen, dass ich sogar diese raue Kirche in einem weniger empfindlichen Geisteszustand als gewöhnlich betrat. Wie hätte ich vorausahnen können, dass man vorhatte, jenen zarten, vielleicht kränklichen Winkel meiner Gedanken, in den ich mich zurückzog und den man nicht berühren durfte, dem man sich nicht einmal nähern durfte, ohne dass ich zusammenzuckte und zurückfuhr, zum Thema der Versammlung zu machen?
An jenem Tag war Bruder Hawkyard die Aufgabe des Betens zugefallen und Bruder Gimblet die des Predigens. Das Gebet sollte die Zeremonie eröffnen; danach sollte die Ansprache folgen. Die Brüder Hawkyard und Gimblet befanden sich beide auf der Plattform; Bruder Hawkyard auf den Knien beim Tisch, misstönend bereit zum Gebet; Bruder Gimblet bei der Wand sitzend, grinsend und bereit zur Predigt.
»Lasst uns dieses Gebet als Opfer darbringen, meine Brüder und Schwestern und Mitsünder.« Ja, aber in diesem Falle war ich das Opfer. Es ging um unseren hier anwesenden armen, sündigen, selbstsüchtigen Bruder, um den gerungen wurde. Die Laufbahn dieses unseres noch nicht erweckten Bruders, die sich nun abzeichnete, könnte dazu führen, dass er vielleicht ein Pfarrer in jener Einrichtung wurde, die man »die Amtskirche« nannte. Darauf richtet
er
seine Augen. Auf die Amtskirche. Nicht auf unsere, o Herr. Auf die Amtskirche. In unserer Gemeinde gibt es keine Oberpfarrer, keine Unterpfarrer, keine Erzdiakone, keine Bischöfe, keine Erzbischöfe, aber, o Herr, in der Amtskirche gibt es sehr viele davon. Schütze unseren sündigen Bruder vor seiner Liebe zum schnöden Mammon. Reinige die Brust unseres noch nicht erweckten Bruders von der Verfehlung der Selbstsucht Das Gebet drückte noch unendlich viel mehr in Worten aus, aber nichts weiter, das verständlich gewesen wäre.
Dann trat Bruder Gimblet vor und nahm sich (wie ich vorher gewusst hatte) den Text »Mein Reich ist nicht von dieser Welt« vor. »Ah, aber wessen Reich ist dann von dieser Welt, meine lieben Mitsünder? Wessen Reich? Nun, das von unserem hier anwesenden Bruder. Das einzige Reich, von dem er eine Vorstellung hat, ist von dieser Welt (»Genau!«, ertönte es von einigen Mitgliedern der Versammlung.). Was machte die Frau, die das Geldstück verloren hatte? Sie ging es suchen. Was sollte unser Bruder tun, der den rechten Weg aus den Augen verloren hat? (»Ihn suchen gehen!«, rief eine Schwester.) Ihn suchen gehen, gewiss. Aber muss er ihn in der richtigen oder in der falschen Richtung suchen gehen? (»In der richtigen«, tönte ein Bruder.) Da sprachen die Propheten! Er muss ihn in der richtigen Richtung suchen gehen, sonst kann er ihn nicht finden. Nun, meine lieben Mitsünder, um euch den Unterschied zu zeigen, den Unterschied zwischen jemandem, der von dieser Welt ist, und jemandem, der nicht von dieser Welt ist, zwischen den Reichen, die von dieser Welt sind, und denen, die nicht von dieser Welt sind, habe ich hier einen Brief, den genau dieser unser Bruder, der von dieser Welt ist, unserem Bruder Hawkyard geschrieben hat. Urteilt selbst, wenn ihr ihn jetzt vorgelesen
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