Der schwarze Thron - Reiter reiter3
Händen.
Die Macht hatte sich genährt und war nun gesättigt. Das Weinen des Kindes wurde von Amalas Jammern ersetzt.
Großmutter kniff die Augen zu. Als sie sie wieder öffnete, fand sie Lala neben sich. Das Mädchen berührte ihren Arm und sah sie aus diesen unergründlichen Augen an.
Über Großmutters Händen mit der verbrannten Haut hing eine schwarze Kugel, die glänzte wie Glas. Sie senkte sich sanft herab, bis sie auf ihrer Handfläche ruhte. Sie war glatt und kalt. Großmutter schauderte.
»Kind«, sagte sie zu Lala, und ihre Stimme war nur noch ein Krächzen, »bitte bring Hauptmann Immerez und Thursgad her.«
Das Mädchen nickte und trabte davon.
Es gab nur noch eine Sache, die Großmutter tun musste, um die Kugel zu binden. Sie rollte sie aus ihrer Hand in die Schale, die Jeremiahs Blut enthielt. Die Kugel schwamm einen Moment auf der Oberfläche, dann sank sie mit einem deutlichen Klacken zu Boden. Das Blut fing an zu dampfen und kochte, dann verdampfte es schnell, bis nichts mehr übrig war. Die schwarze Kugel blieb auf dem Boden der Schale und hatte nun einen unnatürlichen Schimmer.
Großmutter zögerte, die Kugel zu berühren, aber ihr blieb nichts anderes übrig. Sie fühlte sich schwerer an als zuvor, schwerer von dem angesammelten Gewicht von Seelen. Kleine Seelen, unschuldige Seelen und das, was einmal grün und lebendig gewesen war. Sie sprach ein letztes Wort der Macht und hauchte auf die Kugel, ließ sie zu Silber werden. Plötzlich versuchte die Kugel, ihr den Atem auszusaugen, zog ihn aus ihrer Lunge. Sie wandte sich ab und rang nach Luft. Sie fühlte sich schwach. Schnell steckte sie die Kugel in einen Lederbeutel und zog die Schnur zu.
Schüttelfrost ließ sie beben, und sie zog sich den Umhang
fester um die Schultern. Das Grau des Steins, die schwache Sonne und der beißende Wind, nicht zu reden von der Erschöpfung, sich der Kunst bedient zu haben, bewirkten, dass sie sich verloren und leer fühlte. Es half auch nicht gerade, dass Amalas Trauer nicht nachgelassen hatte und ihr Weinen in stürmischen Wellen zu Großmutter vordrang. Einige Frauen aus dem Lager sammelten sich am Eingang zu Amalas Zelt und redeten leise aufeinander ein. Tränen traten in Großmutters Augen, und sie sagte sich immer wieder, das Opfer sei notwendig gewesen.
Dann kehrte Lala mit Hauptmann Immerez und Thursgad zurück. Jetzt, da sie das Pergament übersetzt hatten, war es Zeit zu handeln. Wie Großmutter gehofft hatte, hatte es die Anweisungen dafür enthalten, wie man mit dem Buch von Theanduris Silberholz umgehen sollte. Als sie dem Hauptmann vor einer Woche gesagt hatte, dass sie Thursgad für ihren Plan benutzen wolle, hatte er sie ungläubig gefragt: »Warum gerade Thursgad?« Er hielt nicht viel von diesem Soldaten, trotz der Tatsache, dass der junge Mann immer zu ihm gestanden und sich ihm sogar im Exil angeschlossen hatte.
Vor einer Woche hatte Großmutter nur eine Antwort finden können: »Er ist ein guter Junge.« Und das war er wirklich. Von allen Soldaten von Hauptmann Immerez, die eigentlich nichts weiter waren als eine Bande von Banditen und Schurken, war Thursgad derjenige, der die Aufgabe, die sie ihm erteilen würde, am ehesten ausführen konnte. Das hatte ihr ihre Intuition gesagt. Er war als Soldat ausgebildet, aber noch mehr, er war auf dem Land aufgewachsen, mit schlichten Werten, darunter auch der Loyalität, die er Hauptmann Immerez zeigte, und einer guten Portion Ehrlichkeit. Er würde tun, was man ihm sagte.
»Bist du bereit zu gehen?«, fragte sie Thursgad.
»Sein Pferd und seine Ausrüstung werden gerade für ihn bereit gemacht«, antwortete Hauptmann Immerez für den jungen Mann.
»Gut, denn er wird sofort aufbrechen müssen.« Sie nahm den Beutel mit der Kugel darin und reichte ihn Thursgad. »Beschütze es gut, denn es ist gefährlich. Zerbrich es erst, wenn du in den Grabmalen mit dem fertig bist, was du tun sollst, nicht eher. Schau es dir keinesfalls an und berühre es nicht vor dem festgelegten Zeitpunkt. Lass niemand sonst in seine Nähe, nicht einmal Gare oder Rol. Hast du das verstanden? «
Thursgad wurde blass, und das sagte ihr mehr als sein Nicken, dass er sehr wohl verstanden hatte.
»Um das Buch finden zu können«, sagte sie, »stelle ich einen Sucher her, um dich zu führen. Weißt du genau, was du tun wirst, wenn du das Buch hast?«
Thursgad nickte.
Hauptmann Immerez versetzte ihm einen Rippenstoß. »Sag es ihr.«
»Ja, Sir. Ja, Großmutter. Ich
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