Der schwarze Thron - Reiter reiter3
räusperte.
»Sieh nur, Schwester, wir haben einen Gast, gerade rechtzeitig zum Tee.«
»Ich bin noch nicht blind. Ich kann ihn sehr gut selbst sehen.«
Ganz, ganz langsam nahm Thursgad die Hand vom Geländer und den Fuß von der Treppe und drehte sich um. Zwei ältere Damen standen im Licht der Eingangshalle und sahen ihn an. Die größere, dünne war in Grün gekleidet und sah ihn böse an, während die kleinere, pummligere, die ein orangefarbenes Kleid trug, freundlich lächelte.
»Er stinkt«, sagte die Dünne.
»Ja, und er ist schmutzig.«
Die Dünne warf der Pummeligen einen vernichtenden Blick zu. »Gestank impliziert Schmutz, Schwester. Es wird Letitia nicht gefallen, aber er hat keine Zeit zu baden. Der Tee ist bereit.«
Thursgad sah sich um, ob diese Letitia irgendwo auftauchen würde, aber das tat sie nicht.
»Wir werden über sein verwahrlostes Aussehen hinwegkommen«, sagte die Pummelige, »und wir werden Letitias Zorn mutig die Stirn bieten.« Sie ging auf ihn zu. Er zuckte zusammen, als trage sie eine Waffe, aber natürlich besaß sie nichts Derartiges. Sie nahm seinen Arm und führte ihn zum Salon, und ihre Schwester folgte ihnen, wobei ihr Gehstock auf den Boden trommelte.
»Und nun müsst Ihr uns alles über Euch erzählen, junger Mann.«
Thursgad schwitzte so stark wie noch nie im Leben. Die mit zierlichen Blumen dekorierte Porzellantasse und Untertasse fühlten sich in seiner Hand glitschig an. Er saß am äußersten Rand eines Plüschsessels, und die gebrochenen Sonnenstrahlen
fielen durch die bleigefassten Fenster genau in seine Augen. Die beiden Damen, von denen die eine Miss Bunch hieß und die andere Bay oder Miss Bay oder Bayberry – er fand das alles ziemlich verwirrend –, plapperten die ganze Zeit und füllten seine Ohren mit Lärm. Er fragte sich, wo der Sucher wohl war und wieso er es zugelassen hatte, dass man ihn zum Tee in den Salon zog, und er überlegte, wie er von den Damen wegkommen und den Sucher wiederfinden sollte. Ob er sie würde umbringen müssen?
»Wie bitte?«, sagte er, als eine ihn ansprach und er nicht aufgepasst hatte.
»Euer Name, junger Mann«, sagte diejenige, die Bunch hieß. »Und woher Ihr kommt. Das habt Ihr uns noch gar nicht gesagt.«
»Thursgad. Ich heiße Thursgad.«
»Was für ein starker Name, nicht wahr, Bay?«
Die Dünne zuckte mit saurem Gesicht die Achseln. Thursgad schwitzte.
»Und woher seid Ihr?«
»Provinz Mirwell.«
Die beiden Frauen wechselten einen Blick. Ein Schweißtropfen rollte an Thursgads Nase entlang und fiel in seinen Tee.
»Ich dachte mir, dass er einen westlichen Akzent hat«, sagte Miss Bay.
»Wir hatten schon so lange keine Gäste mehr aus diesem Gebiet. Ich bin überrascht, dass du das erkannt hast.«
Miss Bays Gesicht nahm einen hochmütigen Ausdruck an, und sie nippte an ihrem Tee. Thursgad hatte den seinen immer noch nicht angerührt.
»Und was führt Euch in diese Gegend?«
Thursgad räusperte sich und bemühte sich, schnell zu denken.
»Jäger. Das heißt, ich bin auf der Jagd.« Zufrieden mit seiner Antwort, wenn schon nicht mit der Art, wie er sie vorgetragen hatte, entspannte er sich etwas.
»Mit einem Schwert?«, entgegnete Miss Bay. »Es ist nicht einmal ein Jagdschwert.«
Thursgad sah hinunter, als sähe er sein Schwert zum ersten Mal. Es war seine Dienstwaffe, die man ihm zugeteilt hatte, als er sich der Provinzmiliz von Mirwell angeschlossen hatte.
»Äh, für – für Banditen«, sagte er. »Genau, Banditen.«
»Vernünftig«, sagte Miss Bunch zu ihrer Schwester. Dann: »Junger Mann, Ihr habt gar nichts gegessen. Die arme Letitia wird tief beleidigt sein, wenn Ihr nicht einige ihrer Leckerbissen probiert.«
Thursgads Magen knurrte zur Antwort. Er hatte das Gefühl, seit Tagen nichts gegessen zu haben, also nahm er ein Stück Teegebäck in seine schwielige Hand, deren tiefe Linien an Fingern und Handflächen voll Schmutz und Harz waren, und aß die ganze buttrige, zuckrige Köstlichkeit. Als Nächstes probierte er ein belegtes Brothäppchen, dann ein Stück Sandkuchen. Er probierte dies und jenes, bis fast nur noch Krümel auf der Kuchenplatte übrig waren. Die Schwestern sahen ihm erstaunt zu. Er wischte Puderzucker von den Bartstoppeln auf seinem Kinn und schluckte seinen restlichen Tee hinunter.
»Offenbar kein besonders guter Jäger, wenn er derart hungrig ist«, sagte Miss Bay säuerlich.
»Meine Güte, man vergisst ganz, wie viel Nahrung ein junger Mann braucht«, antwortete
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