Der schwarze Thron - Reiter reiter3
von Timas und dem Maler befand sich noch ein Offizier im Raum, der auf einem bescheideneren Stuhl auf der Seite saß und in Papieren blätterte. Er war ein Oberst, aber zu Karigans Enttäuschung war er nicht Beryl Spencer. Wo steckte sie nur?
»Mein Lord«, sagte Barrett, »das G’ladheon-Aas ist hier.«
Jemand sollte Barrett aus einem Turmfenster werfen, dachte Karigan. Das Empfangszimmer war mit Schweigen erfüllt, nur die Pinselstriche des Malers zischten leise über die Leinwand. Der Oberst sah auf. Seine harten Züge sahen aus, als
seien sie aus Eis gemeißelt. Anders als bei Timas wies seine scharlachrote Uniform abgesehen von seinen Rangabzeichen keinerlei Verzierungen auf, und sein Schwert und die Scheide waren nicht verschnörkelt, sondern wirkten zweckdienlich. Dieser Mann war kein Lackaffe, sondern ein echter Krieger.
»Mein Lord Barrett«, sagte der Oberst mit täuschend sanfter Stimme, »das ist keine Art, von den Boten des Königs zu sprechen.«
»Von der da schon«, sagte Barrett. »Außerdem hast du mir gar nichts zu sagen, Birch. Ich bin der Lord Verwalter, falls du dich erinnerst, und du unterstehst meinem Befehl.«
Der Mund des Obersten wurde zu einer dünnen Linie, und es war schwer zu erraten, was in seinem Kopf vorging, aber Karigan wusste, dass Barrett einen Fehler machte, wenn er so mit ihm sprach. Der Oberst sah nicht so aus, als ob er für Dummköpfe Verständnis hätte, ganz egal, welchen Titel sie trugen oder welchen Rang sie bekleideten.
»Barrett.« Das war Timas. Der Edle sprach, aber er veränderte seine Positur nicht.
»Ja, mein Lord?«
»Halt die Klappe. Birch untersteht meinem Befehl.«
»Aber …«
»Soll ich dem Oberst befehlen, dich zum Schweigen zu bringen?«
Barrett ballte die Hände zu Fäusten und entspannte sie wieder, aber er gehorchte und sagte nichts. Der Mund des Obersten verzog sich zu einem kalten Lächeln.
»Zumindest«, fuhr Timas fort, »sprechen wir nicht so von den Boten des Königs, solange sie dabei sind.«
Barrett gluckste.
Karigan spürte, wie Fergal neben ihr starr wurde. In der Herberge hatte sie ihn darüber belehrt, dass man in der Gegenwart
von Edelleuten keine Waffe ziehen durfte – Waffen stellten nur die letzte Zuflucht dar, wenn Lebensgefahr bestand. Beleidigungen galten nicht. Sie hatte ihn wissen lassen, wie sehr sie es schätzte, dass er ihr gestern beigesprungen war, sie war sogar ehrlich gerührt gewesen, aber er musste begreifen, dass es nicht in Frage kam, aufgrund von bloßen Worten eine Waffe zu ziehen.
Barrett hätte das Recht gehabt, Fergal ins Gefängnis zu werfen, und dort hätte er bleiben müssen, bis es ihr gelungen wäre, einen Gnadenerlass des Königs zu bekommen, doch dazu hätte sie bis in die Stadt Sacor und wieder zurück reiten müssen. In der Zwischenzeit wäre Fergal der Gnade und Ungnade der Mirweller ausgeliefert gewesen. Er hatte sich entschuldigt und versprochen, dass er Barrett gegenüber seine Waffe nicht mehr ziehen würde – es sei denn, um ihn zu töten. Dabei hatte Fergal so ausgesehen, als hoffe er, eine solche Gelegenheit zu bekommen.
»Ihr müsst meinen Verwalter entschuldigen«, sagte Timas. »Seine Position ist ihm noch neu, und er muss erst lernen, in der Öffentlichkeit diskret zu sein.« Er drehte sich um, damit er sie sehen konnte, und nun lag sein Gesicht im Halbschatten. Der Maler stieß einen erstickten, frustrierten Laut aus. »Ihr dürft Euch dem Podium nähern.«
Karigan blieb nicht anderes übrig, als sich vor Timas zu verbeugen, auch wenn sie sich noch so sehr darüber ärgerte, also verneigte sie sich so elegant sie nur irgend konnte, so dass die Geste fast ironisch wirkte. Ein süffisantes Grinsen überzog Timas’ Gesicht.
»Ich habe gehört, dass du ein Grünling geworden bist«, sagte er leise. »Es ist nur recht und billig, endlich zu erleben, dass du dich vor mir verbeugst.«
Karigan ignorierte die Bemerkung. »Ich habe eine Botschaft
des Königs für den Lordstatthalter.« Indem sie sich so ausdrückte, erkannte sie Timas nicht als Lordstatthalter an.
»Barrett«, sagte Timas, »bring mir die Botschaft.«
Er stand nur einen knappen Meter von Karigan entfernt, aber er wollte die Botschaft nicht direkt aus ihren Händen entgegennehmen, als könne allein ihre Nähe ihn besudeln.
Barrett amüsierte sich anscheinend darüber, dass ihm Karigan die Botschaft nun doch noch überreichen musste. Karigan behielt ihren kühlen Gesichtsausdruck bei. Barrett brach das Siegel, aber
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