Der schwarze Thron - Reiter reiter3
bevor er die Botschaft lesen konnte, sprang Oberst Birch mit unerwarteter Geschwindigkeit auf und nahm sie ihm aus der Hand.
Barrett sah ihn wütend an.
Birch überflog die Botschaft. »Eine Einladung«, sagte er, »zu einer Verlobungsfeier.« Er reichte sie Timas und kehrte zu seiner Arbeit zurück, als sei die Einladung völlig unwichtig.
Timas warf einen flüchtigen Blick darauf und ließ sie dann auf den Thronsitz fallen. »Eine Verlobungsfeier, wie? Wir werden sehen, wir werden sehen.«
Oberst Birch sah Timas scharf an. War das eine Warnung? Karigan war sich nicht sicher. Im Raum herrschte eine sonderbare unterschwellige Dynamik, die sie sehr irritierte. Sie überlegte plötzlich, wer hier eigentlich in Wirklichkeit das Sagen hatte.
»Ich werde später eine Antwort schreiben«, sagte Timas und nahm seine Positur am Thronsessel wieder ein. »Ich werde sie in eure Herberge bringen lassen. Wegtreten.«
Wegtreten? Das war alles? Karigan war überrascht, aber bevor irgendjemand noch etwas sagen konnte, verbeugte sie sich knapp und verließ den Raum, ohne darauf zu warten, dass Barrett sie hinausführte. Sie und Fergal waren kaum
zwei Schritte aus der Tür, als sie hörten, wie Timas und Barrett in Gelächter ausbrachen. Ohne Zweifel lachten sie sie aus. Das sollte ihr aber egal sein. Letzten Endes spielte es kaum eine Rolle, was die beiden von ihr hielten – sie musste sich um wichtigere Dinge kümmern. Ganz offensichtlich waren Timas und Barrett noch immer in der Kindheit steckengeblieben. Und Timas’ Aufmachung! Sie musste lachen, während sie den Flur entlangschritt, und Fergal warf ihr einen Seitenblick zu.
Draußen vor der Festung wurden Karigan und Fergal zu den Ställen geführt, um ihre Pferde zu holen. Bei jedem Schritt über den Innenhof wuchs Karigans Erleichterung, dass sie diese Aufgabe hinter sich gebracht hatten. Noch glücklicher würde sie sein, wenn sie am nächsten Morgen wieder auf der Straße nach Sacor wären. Sobald Timas’ Antwort ihnen in die Herberge gebracht wurde, hatten sie mit Mirwell und seinen Angelegenheiten nichts mehr zu schaffen.
Außer Kondor und Wolke standen nur wenige Pferde im Stall. Eins davon, eine braune Stute, kreiste nervös in ihrer Stallbox. Kondor warf den Kopf zurück und wieherte, als hätte die Gereiztheit der Stute ihn angesteckt.
»Was ist los mit ihr?«, fragte Karigan den Burschen, der den Stall auskehrte.
»Ihre Herrin ist schon seit einer ganzen Weile nicht mehr hier gewesen«, sagte er. »Sie ist draußen im Manöver oder irgend so was. Normalerweise nimmt sie ihre Stute mit.« Er zuckte mit den Achseln. »Mondmotte vermisst sie.«
Mondmotte! Beryls Pferd. Karigan hatte die Stute nicht erkannt. Warum sollte Beryl ohne sie ins Manöver ziehen? Man trennte einen Reiter normalerweise nicht ohne triftigen Grund von seinem Pferd.
»Ist das Pferd krank oder lahm?«, fragte Karigan, denn sie
wollte ganz sicher sein, dass Mondmottes Trennung von Beryl keinen banalen Grund hatte.
»Nein«, sagte der Stallbursche. »Sie ist vollkommen gesund. «
Karigan beschloss, eine direkte Frage zu riskieren. »Wann sollte ihre Besitzerin denn zurück sein?«
Der Stallbursche zuckte erneut die Achseln. »So was würde man jemandem wie mir nicht sagen, aber sie ist diesmal schon eine ganze Weile weg.«
Karigan fand, dass sich das gar nicht gut anhörte. Versuchte Mondmotte, ihnen durch ihre Erregung etwas mitzuteilen? Sie ging zur Stallbox der Stute hinüber und streichelte ihren Hals. Sie beruhigte sich etwas und beobachtete jede Bewegung Karigans aufmerksam. »Keine Angst«, flüsterte Karigan. Sie gab der Stute einen Klaps zum Abschied und führte Kondor aus dem Stall. Sie konnte Mondmotte nicht helfen, ohne Verdacht zu erregen. Und wenn mit Beryl alles in Ordnung war, konnte Karigan erst recht nicht riskieren, Beryls wahre Identität als Spionin des Königs aufzudecken, indem sie den Anschein erweckte, sie zu kennen, oder übermäßig viele Fragen stellte.
Außerdem hatte sie ihre Befehle. Falls sie keinen Kontakt zu Beryl aufnehmen konnte, sollte sie keine weiteren Nachforschungen anstellen, sondern in die Stadt Sacor zurückkehren und Hauptmann Mebstone davon berichten.
In der Wirtsstube der Herberge Zum Springbrunnen war es still, als Karigan und Fergal ihr Abendessen aus gekochtem Hammelfleisch einnahmen. Ein paar Stammgäste saßen am Kamin, nippten an ihrem Ale und würfelten. Karigan dachte über die Szene in Timas Mirwells Empfangssaal nach und
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