Der schwarze Thron - Reiter reiter3
Entwürfe der Schneider für das Hochzeitskleid. Ein Bäcker hatte Proben von Kuchen und anderen Leckereien geliefert, und Winzer Flaschen ihrer besten Weine. Die Damen, schien es, hatten genug Wein probiert, um nicht einmal zu merken, dass Estora gegangen war, oder sie hatten sich nicht dafür interessiert, und die Lautstärke ihrer Unterhaltungen wuchs immer mehr, als Stücke von Tuch und Spitzen weitergereicht oder gar geworfen wurden. Sie sah ihre arme Waffe, die versuchte, sich durch den Raum zu drängen, seine Miene finsterer als sonst, besonders, wenn ihm Spitze ins Gesicht flog.
Estora zog die Tür zu und schloss den Lärm wieder ein. Wenn sie die Hochzeitsplanungen so genossen, würde sie sie ihnen gern überlassen. Falls sie irgendwelche Entscheidungen
trafen, die ihr missfielen, so konnte sie sie mit einem schlichten Befehl abändern, und niemand würde es wagen zu widersprechen. Immerhin würde sie bald Königin sein, oder? Sie konnte verlangen, was immer sie wollte.
Einer ihrer kleinen Tagträume drehte sich darum, dass sie am Vorabend der Hochzeit zu dem Schluss kam, das Kleid gefalle ihr nicht, und Änderungen verlangte. Der Schneider würde keine andere Möglichkeit haben, als zu gehorchen. Immerhin konnte eine Weigerung ihn den Kopf kosten. Nicht dass Zacharias eine solche Strafe dulden würde, und nicht dass sie ernsthaft daran dachte, so etwas zu tun. Aber sie fing gerade erst an, die Macht zu erkennen, die sie sich erheiraten würde, die Macht, die sie über andere hatte.
Sie gab ein leises Schlucksen von sich, bedeckte den Mund und errötete, obwohl niemand da war, um es zu bemerken.
Ich hatte wohl auch ein bisschen zu viel Wein.
Sie schluckte ein plötzliches Kichern wieder hinunter und floh den Flur entlang, wobei sie kaum bemerkte, dass ihre Waffe, dieses eine Mal uncharakteristisch hektisch, aus dem Zimmer kam und ihr folgte.
Estora ging hinaus in den Garten des Innenhofs, wo sie endlich frei atmen konnte. Das Zimmer – das Wohnzimmer ihrer Mutter, wenn sie sich in der Burg aufhielt – war mit Menschen voll gestopft gewesen, so dass die Luft stickig und abgestanden war. Das hier war viel besser, diese saubere Herbstluft. Sauber und ernüchternd.
Estora lief über den Kiesweg und zog den Schal um die Schultern. Der Nebel, der zuvor am Tag alles durchdrungen hatte, hatte sich endlich aufgelöst, aber der Himmel war immer noch schwer, und es roch nach nasser Erde und verrottenden Blättern. Der Garten hatte nur noch matte Gelb-und
Brauntöne, die Blumenbeete waren bereits mit Mulch bestreut, der sie gegen Frost und den Winter schützen sollte. Es war ein trostloser Anblick, und nur einige wenige Bäume hatten noch ihre Blätter.
Nachdem Estora die Dinge jetzt schon unerträglich fand, würde der Winter nur noch schlimmer werden, wenn sie mit allen Verwandten in der Burg festsaß und nirgendwohin fliehen konnte. Der Garten würde verschneit, vereist und kalt sein. Sie schauderte schon bei dem Gedanken daran. Und der Frühling würde nicht viel besser sein, denn dann würde sie heiraten.
Es half nicht gerade, dass Zacharias keinen Augenblick Zeit für sie hatte. Sie wusste, dass das Land an erster Stelle stand, aber warum konnte er sie nicht in das einbeziehen, was er tat? Wenn sie Königin sein sollte, musste sie so viel wie möglich über die Regierung des Landes erfahren. Wenn er schon keine Zeit für seine Verlobte hatte, sollte er zumindest ein bisschen Zeit haben für die Person, mit der er die Macht teilen würde. Sie weigerte sich bei dem Gedanken, den Thron nur als seine Zuchtstute zu besteigen, und wenn das alles war, was er von ihr erwartete, stand ihm eine Überraschung bevor.
Das Eintreffen der Eleter hatte ihre Unzufriedenheit noch vergrößert. Die Burg war selbstverständlich voller Klatsch über dieses geheimnisvolle Volk und voller Fragen, was ihr Besuch wohl zu bedeuten hatte, und Estora wollte wie alle anderen ihr Lager zumindest aus erster Hand sehen. Stattdessen musste sie sich mit Beschreibungen der Zelte zufrieden geben, denn sowohl der König als auch ihr Vater hatten ihr verboten, das Burggelände zu verlassen. Verboten! Sollte sie eine Königin oder eine Gefangene sein? Wenn Letzteres der Fall war, konnte sie sich auch gleich vom höchsten Turm der Burg werfen.
Sie zog ihren Schal fester um die Schultern. Es war nicht gut, dass sie bei dieser Heirat keine Wahl hatte, und ungerecht, sie von den Angelegenheiten des Landes auszuschließen, bei dessen
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