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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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wich aus Caitlín alle Kraft, sodass sie fast vom Pferd gefallen wäre; sie schaffte es gerade noch, auf den Füßen zu landen. Ihre Hände umschlangen die Zügel, um Halt zu finden. So stand sie, unfähig, sich zu bewegen, und starrte auf das lodernde Feuer. Das Schiff brannte wie eines, auf dem man einen bedeutenden König bestattet hatte und das man nun den heidnischen Riten folgend hinaus aufs Meer entließ, bis sein loderndes Licht den Horizont berühren würde …
    Nahe des Feuers bemerkte sie einige flüchtende Schatten: jene freien Männer, die Njal befehligt hatte, Thorirs gewaltiges Schiff zu bauen.
    Das Thorir von ihnen hat entzünden lassen, um seinen Bruder endlich, endlich zu besiegen. Sie wusste es.
    Caitlíns Schrei gellte durch die Nacht.
    »So sei doch still«, zischte Éamonn hinter ihr. Er legte eine besitzergreifende Hand auf ihre Schulter; sie bemerkte es kaum. »Was brennt dort unten? Ein Schiffsrumpf im Bau?«
    Sie drehte sich um. Hinter Éamonn warteten hoch zu Pferd diejenigen seiner Begleiter, die nicht zu betrunken gewesen waren, um ihm zu folgen.
    Vielleicht war das ja alles doch nur ein Traum? Sie musste sich vergewissern, also hob sie eine Hand und berührte Éamonns von grauen Strähnen durchzogenen Vollbart. Das krause rote Haar fühlte sich an wie festes Stroh. Es war wirklich.
    »Du freust dich also doch, mich zu sehen, meine schöne Braut?« Er lächelte über das ganze Gesicht. Falten ließen es alt wirken, alt wie das von Patrick, doch nicht im Geringsten so freundlich und anziehend. »Du bist nur mit ihm fortgeritten, weil dich meine Männer erschreckt haben, war es nicht so? Wer weiß, was du hier alles durchmachen musstest, schöne Caitlín. Hat man dich … geschändet?«
    Erstaunt, dass er diese Frage hier und jetzt stellte, schüttelte sie den Kopf.
    »Wenn dem so ist, dann lässt sich alles wiedergutmachen. Ich weiß noch genau, dass du damals mit dem Wikinger gehen wolltest, weil ich dich grob behandelt hatte. Es tut mir ehrlich leid, dass ich dich etwas hart angefasst habe, aber im Kampf muss man manchmal Dinge tun, die man im Frieden niemals täte.«
    Wovon sprach er nur? Dunkel erinnerte Caitlín sich, dass er sie als Schild benutzt hatte, um sich vor Njals Pfeil zu schützen.
    »Lass uns das alles vergessen. Komm mit mir, und ich kaufe dir schöne Kleider und Umhänge – hier musst du ja anscheinend Lumpen tragen.« Er blickte hinab auf ihren von Olafur zerschnittenen Umhang. »Dein Vater wird froh sein, wenn er dich wieder in seine Arme schließen kann, und wir werden wie geplant heiraten.«
    Sie schüttelte den Kopf. Dort unten brannte ein Schiff lichterloh, und Éamonn stand hier und plauderte? Es musste einfach ein Traum sein.
    »Doch vorher werde ich den umbringen, der dich mir raubte. Wo ist er?«
    Sie hob die Hand und schlug ihm ins Gesicht. Einer der Männer lachte auf, verstummte aber sofort wieder, als Éamonn einen Blick über seine Schulter warf. Dann wandte er sich wieder Caitlín zu und rieb sich die bärtige Wange.
    »Und diese Ohrfeige war wofür?« Er klang amüsiert.
    Caitlín schluckte. »Damit Ihr Euch klar werdet, was dort unten vor Euren Augen gerade passiert.« Oder um sich selbst aus der Benommenheit zu reißen … Sie schlug mit den Fäusten auf Éamonns Brust. »Den Ihr sucht, er muss unter dem Schiffsrumpf sein, denn dort hat er gearbeitet. Ihr müsst Eure Männer hinunterschicken, damit sie das Feuer löschen! Ihr müsst ihn retten!«
    Éamonn hob die Brauen. »Wenn ich ihm tatsächlich helfe, erwarte ich von dir, dass du mir entgegenkommst. Und zwar, ohne Scherereien zu machen. Dass ein Weib die Hand gegen den Verlobten erhebt, wo gibt es denn so etwas? Hast du etwa schon die Sitten des Nordlandes angenommen? Die werde ich dir wieder austreiben müssen. Versprichst du also, dich züchtig zu geben und anstandslos mit mir zu kommen?«
    »Ja, das tue ich«, antwortete sie prompt.
    Er griff nach den Zügeln seines Pferdes. Und ließ wieder los. »Ich glaube, es wäre mir lieber, wenn du schwörst.«
    Gott im Himmel! »Ja, ja. Ja!«, schrie sie. Es war ihr alles gleich. Es war doch ohnehin zu spät; niemals würde er rechtzeitig dort unten sein. Njal war sicherlich längst erstickt. Thorir hatte gesiegt. Nein, Éamonn hatte gesiegt …
    Welch eine unfassbare Wendung. Eben noch hatte sie geglaubt, der Freiheit nahe zu sein, und jetzt würde sie die Fesseln der verhassten Ehe tragen und den Rest ihres Lebens damit verbringen, um den Geliebten zu

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