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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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abgenommen, um sich in die Schlacht zu stürzen, kurz bevor sie ihr Ende gefunden hatte.
    »Ich war es«, wiederholte er, als er vor seinem Vater stand.
    »Ich dachte, du mochtest trotz allem dieses Schiff?«, erwiderte Eirik verwirrt.
    Flüchtig blickte Njal über die Schulter. Der mächtige Schiffsrumpf war nur noch ein schwarzer verkohlter Holzhaufen. Hier und da schwelte der Brand, und die Luft war noch immer rauchgeschwängert, doch eine gnädige Brise trieb den schlimmsten Gestank aufs Meer hinaus. Jenseits der Bucht, über düsteren Fjordhängen, ging eine matte Sonne auf.
    »Ich gestehe, dass es mir eine Freude war, Feuer an dieses Schiff zu legen. Und das, obwohl ich es mochte. Ja, ich habe auch die Arbeit daran gemocht, aber es ist doch dumm, ein Schiff bauen zu wollen, dass einzig dazu taugen soll, das des Königs in den Schatten zu stellen.«
    »Mit ›dumm‹ bezeichnest du wohl Thorir«, knurrte Eirik.
    »So ist es, Vater. Und meinerseits fände ich es dumm, ihm bis zum Ende zu gehorchen. Es gibt wahrhaftig Schlimmeres als eine unvollendete Arbeit.«
    Täuschte sich Caitlín, oder musste sich Njal gerade ein Grinsen verkneifen? Falls es so war, wurde er schlagartig wieder ernst, geradezu düster.
    »Der eigentliche Grund für den Brand war, dass ich Thorir herlocken wollte. Ich wollte, dass er mich angreift. Denn als Sklave kann man bedauerlicherweise niemanden zum Zweikampf auffordern; man kann keine Vergeltung fordern, man kann gar nichts tun.«
    »Außer Schiffe anzuzünden«, fügte Éamonn hinzu.
    Njal sah ihn an, als frage er sich, was um alles in der Welt diesen Mann berechtigte, sich einzumischen. In seinen Blick legte sich Verachtung, als er Éamonn erkannte. Er hob den Kopf, als sich ein weiterer Reiter in einem weißen Umhang näherte. Álfdis schob die pelzverbrämte Kapuze zurück. Ihre sorgfältig geflochtenen Zöpfe leuchteten in der Morgensonne.
    »Du hast deinen Zweikampf schon bekommen, hast du das vergessen?«, rief sie schneidend. Das Blut und den Gestank schien sie nicht wahrzunehmen; sie hatte nur Augen für Njal, den Feind und Stiefbruder ihres Sohnes.
    Njal machte eine wegwerfende Handbewegung. »Damals machte mir die Wunde, die Thorir mir in Irland zugefügt hatte, einen Strich durch die Rechnung. Aber seitdem haben sich weitere Dinge ereignet, die nach Vergeltung verlangen. Thorir hat versucht Caitlín Gewalt anzutun.«
    Caitlín zuckte zusammen, als sie ihren Namen hörte. Hoffentlich würde er sie nicht wieder auffordern, unter den Blicken all dieser Menschen hervorzutreten.
    »Du – du forderst Vergeltung, weil er einer Sklavin versucht haben soll, irgendetwas anzutun?«, fauchte Álfdis. »Einer Sklavin? «
    Mahnend hob Eirik die Hand. Álfdis wendete schroff das Pferd. Caitlín wagte wieder zu atmen.
    Eirik schlug leicht mit den Zügeln, sodass sein Pferd langsam im Kreis trottete. »Thorir? Wo bist du?«, rief er in die Stille hinein. »Wo steckt mein ehrloser zweiter Sohn?«
    Álfdis blickte ihn aus schmalen Augen an. Ihr Mann, der Herse, war wiedererstarkt. Caitlín fiel ein Stein vom Herzen, dass Mutter Laurentias Heiltrunk so gut angeschlagen hatte – oder Thorirs nicht mehr von Eirik getrunken worden war. Noch wirkte er nicht ganz wie der alte Wolf, der er einstmals gewesen sein musste, doch seine Haltung und seine Rüstung ließen ihn in ihren Augen beeindruckend genug erscheinen.
    »Ich bin hier, Vater!«, erklang es vom Rand der Klippe her.
    Auf dem Felsvorsprung erschien Thorir. Auch er war wie Njal nicht gerüstet. Wo hatte er nur gesteckt? Caitlín stellte sich vor, wie er sich in seinem Wahn im Schweinekoben versteckt und Mutter Laurentia sein Leid und seine ganze Bosheit gebeichtet hatte. Eine lächerliche Vorstellung.
    »Thorir, komm herunter. Wir müssen reden …«
    Unvermittelt riss Thorir einen Speer hoch, den er hinter seinem Rücken verborgen gehalten hatte. Nordländer wie Iren schrien auf, als er ihn kraftvoll schleuderte – in Njals Richtung. Auch Caitlín riss eine Hand vor den Mund, doch Njal blieb Zeit genug, einen Schritt zur Seite zu machen. Der Speer schlug neben ihm in den Boden, sodass der Sand bis zu seiner Brust hochspritzte.
    Éamonn war vom Pferd gesprungen und hatte einem seiner Gefolgsleute den gespannten Bogen abgenommen. Mit einer Schnelligkeit, die Caitlín ihm nicht zugetraut hätte, legte er einen Pfeil an und ließ ihn durch die Luft sirren. Auf der Klippe stieß Thorir einen gurgelnden Schrei aus und griff sich mit

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