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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zsuzsa Bánk
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sie zu Anna, bei Jenő sei es nicht so gewesen wie bei Kálmán, als er so alt war wie Jenő jetzt. Nie sei Jenő von einem Mädchen angefaßt worden, das wußte Zsófi. Wenn er über Nacht wegblieb, sei er nie bei einem Mädchen gewesen, sondern bloß in der Schule, für die er einen Schlüssel hatte, seit er dort Stunden gab. Er habe bis zum Morgen Klavier gespielt, und manchmal habe Zsófi vor ihrem Weg zur Zugstation vorbeigeschaut, Tee in einer Kanne gebracht und Jenő geweckt, wenn er am Klavier eingeschlafen war, mit seinem Kopf auf den Tasten. Kein Mädchen habe Jen gemocht, auch darüber denke sie nach, warum nicht, und sie wisse nicht einmal, ob Jenő überhaupt irgendein Mädchen gemocht habe. Bei Kálmán war es immer anders gewesen, sagte Zsófi und schaute dabei zu Anna, alle Mädchen hatten ihn gemocht, eben weil er nichts von ihnen wissen wollte, und unsere Mutter habe genau das umgekehrt, sie sei die einzige gewesen, die nichts von ihm habe wissen wollen.

    Kálmán, erwiderte Anna, war es gleich gewesen, wenn er eine Verehrerin hatte, und er hatte einige. Am liebsten habe er in der Küche gelegen, an die Zimmerdecke gestarrt und geraucht und die Tage vergehen lassen, sich nicht gekümmert, ob Winter war oder Sommer, ob Tag oder Nacht. Er habe die Tage vergehen lassen, als sei ein solcher Tag nichts, und wenn jemand ans Fenster klopfte oder vom Tor aus seinen Namen rief, weil man ihn mitnehmen wollte, zum Spaziergang, zum Tanz, ins Kino, hörte Kálmán nichts, kein Klopfen, kein Rufen. Er blieb liegen, und es war Anna, die das Küchenfenster öffnete und hinausrief, Kálmán kann nicht, er hat Besseres zu tun, er muß liegen und rauchen, und sie wiederholte es, wieder und wieder, weil sie glaubte, es würde Kálmán ärgern, wenn sie so redete, und er würde aufstehen und mit den anderen gehen. Anna hatte wissen wollen, an was Kálmán dachte und was er in Gedanken sah, wenn er so lag und rauchte. Erst hatte sie geglaubt, er denke an Miklós, aber nur, weil sie nie aufhörte, an ihn zu denken, und irgendwann wußte sie, daß es nicht Miklós war, an den Kálmán dachte, daß es einfach nichts und niemand war, an was er dachte, einfach nur nichts und niemand.

    Nach zwei Sommern machte sich niemand mehr die Mühe, die Straße hinabzulaufen, bis zu Annas Haus, um Kálmán zu fragen, ob er mitkommen, ob er dabeisein wolle, und während die anderen zusammensaßen, an den Samstagen, vor der Konditorei, wo ihr Eis in der Sonne schmolz, in einem Garten, unter einem Vordach, in einem Tanzlokal, fuhr Kálmán mit dem Rad zum Fluß, immer an dieselbe Stelle, die er gefunden hatte, versteckt hinter zwei Weiden. Die Hände auf dem Rükken, Beine und Füße gestreckt, sprang er kopfüber von einem Steg ins braune Wasser, schwamm seine Bahnen ohne Angst und legte sich später ans Ufer, um auf die Wellen zu schauen, bis es dunkel wurde, bis er das Wasser nicht mehr sehen, sondern nur noch hören konnte, und neben dem Plätschern der Wellen irgendwann einschlief.

    Jahre zuvor hatte Miklós ihm verboten, in der Dunkelheit zu schwimmen, aus Angst, er werde hinabgezogen, von einem der vielen Strudel, und Kálmán hielt sich an dieses Verbot, auch später noch. Morgens, wenn er aufwachte, von den Vögeln, vom Licht, vom Wind, sprang er vom Steg ins Wasser, wieder und wieder, schwamm an den Strudeln vorbei, ließ sich treiben von der Strömung, hielt sich fest an Zweigen und Ästen, die übers Wasser ragten, und es dauerte, bis er sich aufs Rad setzte und zurückfuhr, über verlassene Wege, durch gelbe Felder in den Mittag hinein, bis er das Tor öffnete und sein Rad über den Hof schob, wo Anna gewartet hatte, seit dem frühen Morgen, und wo sie jetzt stand und schimpfte, warum kommst du nicht nach Hause und schläfst in deinem Bett, willst du, daß die Mücken dich auffressen?

    Anna konnte nicht mehr sagen, was Kálmáns Grund gewesen war, zu gehen und sie zurückzulassen, ohne Kuß, ohne Zeichen, ohne Nachricht, in einem leeren Haus, mit einer Leiter an der Mauer, die zum Dachboden führte, aber in einem dieser Sommer sprang Kálmán auf einen Zug, auf den erstbesten, der vorbeifuhr und ihn wegbrachte von hier, von Anna und den anderen im Dorf, und er stieg erst aus, als er sicher war, hier würde ihn niemand mehr kennen und niemand mehr ansprechen. Es war der erste Sommer, in dem Kálmán ohne Haus, ohne Dach und ohne Anna war, und es gefiel ihm, durchs Land zu ziehen, auf Züge zu springen, die Orte zu wechseln,

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