Der Schwur der Königin
Blüten.
Er führte mich zum Bett. Schon jetzt erforschte mich seine Zunge, nestelten seine Finger an meinen Kleidern, zerrten hier an einer Schnur, lösten dort ein Bändchen, bis mein Hemd an mir herunterglitt und sich mit einem Rascheln um meine Knöchel legte. Die von den Kohlebecken erhitzte Luft färbte meine blasse Haut rosig.
Seine Augen beteten mich förmlich an. »Eres mi luna« , flüsterte er mir ins Ohr. »Du bist mein Mond. So weiß. So rein …«
Obwohl ich in meinem Innersten wusste, dass ich nicht seine Erste war, dass kein Mann es beim ersten Mal vermochte, eine Frau so zu berühren, wie er mich jetzt berührte, ließ ich mich in dem Gefühl treiben, wir beide seien unschuldig. Ich gab mich der Lust hin, die er in mir erregte; mein Körper spannte sich an, wurde feucht, sehnte sich verzweifelt nach seinem, bis ich mich vor Glück über all die köstlichen Empfindungen keuchen hörte.
Als er in mich eindrang, war der Schmerz, von dem Beatriz gesprochen hatte, so heftig, dass es mir den Atem verschlug. Doch das verbarg ich vor ihm. Ich schlang die Beine noch fester um ihn und drängte ihn, schneller, tiefer in mich einzutauchen, ohne darauf zu achten, dass der Preis meiner Jungfernschaft aus mir heraussickerte und das Bettlaken rot färbte.
Als wir danach eng umschlungen dalagen, mein Haar wirr über seiner Brust, fragte er: »War ich zu grob?« Trotz meiner Schmerzen schüttelte ich den Kopf. Er lachte, ließ die Hände über meine Rundungen gleiten, erst träge, dann schneller und mit immer mehr Glut. Wieder sah ich das Begehren in seinen Augen auflodern und legte mich auf den Rücken, um ihn erneut in mich aufzunehmen. Obwohl es wehtat, sagte ich mir, dass die Schmerzen immer weniger werden würden, je öfter es geschah.
Und als er erschauerte und keuchte und die Hitze seiner Leidenschaft den grässlichen Schmerz in mir linderte, hörte ich ihn flüstern: »Gib mir einen Sohn, meine Luna , mein Mond. Gib mir einen Erben.«
18
Ich hatte mich als Frau gesehen.
Ich hatte mir Vorstellungen davon gemacht, was es bedeuten mochte, eine Frau zu sein, und danach gestrebt, diese anspruchsvollen Anforderungen zu erfüllen. Doch als in den Wochen nach unserer Hochzeit der Oktober vom Novemberschnee vertrieben wurde, Feuer in den Kaminen prasselten und eisige Winde um den Palast pfiffen, erkannte ich, dass ich noch nicht einmal ansatzweise erfahren hatte, was es tatächlich bedeutete, eine Frau zu sein.
In unserem knarzenden Bett von Fellen gewärmt, erforschten wir das Reich des Fleisches wie zwei heißhungrige Kinder, die ansonsten nichts auf der Welt zu tun hatten. Heute stelle ich mir vor, wie die Diener und meine Hofdamen auf Zehenspitzen durch die eisigen Korridore huschten und bei der Erledigung ihrer Aufgaben permanent ein Kichern unterdrückten, während sie sich an den aus unserem Gemach dringenden Lauten ergötzten. Was in der Welt draußen geschah, vergaßen wir völlig. Immerhin mussten auch wir gelegentlich essen. Mit bloßen Fingern pflückten wir die Speisen von den Servierplatten und fütterten uns gegenseitig mit kaltem Hähnchen in Granatapfelsoße und Käsescheiben auf Feigen. Unablässig wunderten wir uns dabei darüber, dass keine von all den Köstlichkeiten an den Geschmack unserer Haut heranreichte, an dem wir uns wechselseitig labten. Lachend ließ ich mich aufs Bett zurückfallen, als Fernando barfuß über die eisigen Bodenfliesen hüpfte, um mehr Holzscheite in den Kamin zu werfen, ehe er splitternackt und lauthals fluchend zurückgerannt kam und, mit Händen und Zehen wie Eisklumpen, wieder zu mir ins Bett sprang.
»Hör auf!«, rief ich, als er sich auf mich legte und seine kalten Fingerspitzen über meinen Körper glitten. Doch bald wölbte ich mich ihm entgegen, als er mit denselben Händen, jetzt heiß wie ein Kochkessel, durch meine Haare fuhr und einmal mehr in mich eindrang, um seinen Samen in mir zu vergießen.
Der Tag der Heiligen Drei Könige kam und verging in einem Taumel. Wir hielten für unseren Hofstaat eine Feier ab, die uns Carrillo mit einem Darlehen bezahlte. Gleich nach der Messe und dem Austausch der Geschenke zogen wir uns erneut in unseren Kokon zurück, wo wir vor den heulenden Stürmen geschützt waren, die ganz Kastilien in eine Wüstenei verwandelten. Nichts störte uns in der idyllischen Isolation unserer luna de miel. Wir waren glücklich damit, nur einander zur Gesellschaft zu haben und einfach so zu tun, als wäre um uns herum die Zeit
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