Der Schwur der Königin
auf der Hut sein. Er darf nicht gewinnen.«
Seine Miene verriet mir eines: Fernando würde sich von niemandem so ohne Weiteres übervorteilen lassen. Doch nicht einmal er hätte Enriques Antwort vorhersehen können. Als sie schließlich eintraf, wurde sie von keinem Geringeren als Carrillo persönlich überbracht.
In schwere Wolle eingewickelt und von der Nässe dieses verregneten, kalten Februarnachmittags triefend, warf der Erzbischof das Pergament auf den Tisch unseres sala , wo Fernando und ich mit unseren Bediensteten speisten.
»Von dem Idioten und seinem Stiefellecker«, knurrte Carrillo und packte den Becher mit heißem Most, den ihm Cárdenas gedankenschnell angeboten hatte. Dann schälte er sich aus den Schutzhüllen um seine massige Gestalt, bis er dampfend vor dem Kamin stand. Ohne uns aus den Augen zu lassen, genehmigte er sich einen großen Schluck und beobachtete, wie Fernando nach dem Pergament griff und ihm beim Lesen alle Farbe aus dem Gesicht wich.
In meinem Magen tat sich ein Abgrund auf. »Was steht da?«
Fernando blickte auf. Zum ersten Mal, seit wir einander unsere Gelübde geleistet hatten, sah ich ihn schwanken. »Isabella, mi amor … es ist … ich will nicht, dass du …«
»Sagt es ihr einfach«, fiel ihm Carrillo ins Wort. »Sie versteht, welches Risiko sie eingegangen ist.« Er nahm Fernando das Pergament aus der Hand und las vor: »… hiermit erkenne ich Doña Isabellas Ehe mit Prinz Fernando weder nach weltlichem noch nach kirchlichem Recht als verbindlich an, da der Dispens, aufgrund dessen die Trauung vollzogen wurde, eine Fälschung ist. Des Weiteren« – er hob die Stimme, als ich nach Luft schnappte – »hat sich meine Schwester meiner Befehlsgewalt als König widersetzt und willentlich den Gehorsam verweigert et cetera.«
Carrillo warf mir den Brief auf den Schoß. »Mit anderen Worten: Er ficht Eure Ehe an und könnte alles daransetzen, Euch zugunsten von Joanna la Beltraneja zu enterben; zumindest wird er versuchen, sie mit einem ausländischen Prinzen zu verheiraten, der ihm Unterstützung gewähren wird, nachdem er und Villena ihre Mittel für diese idiotische Belagerung in Andalusien verschwendet haben.«
Vollkommen regungslos saß ich da. Mit einem Scheppern fiel Beatriz’ Messer auf den Tisch, als sie aufsprang, um an meine Seite zu eilen. Unter Aufbietung meiner ganzen Kraft stemmte ich mich an den Armlehnen meines Stuhls hoch. Das Pergament glitt von meinem Schoß auf den Boden. Fernando zeigte keine Regung, aber Carrillo klappte der Mund auf, als ich mich abwandte und wortlos hinausging. Beatriz und Inés folgten dicht hinter mir. Auf die mich verblüfft anstarrenden Bediensteten achtete ich nicht; allerdings entging mir nicht, dass der Verweser von Fernandos Schatzkammer, Luis de Santángel, meinem Gemahl verstohlen einen besorgten Blick zuwarf. Das versetzte mir einen Stich ins Herz, bewies es mir doch, dass Fernando ein Geheimnis mit jemand anderem teilte, mich aber im Dunkeln gelassen hatte.
Während ich die Treppe zu unseren Gemächern erklomm, meinte ich zu ersticken. Oben angekomen, ließ ich meine Vertrauten mit besorgten Gesichtern zurück, schlug die Tür zu und verriegelte sie. Verzweifelt zerrte ich an meinem Mieder und versuchte mit fahrigen Bewegungen, seine knochenharten Kanten zu lockern, die mir die Luft abdrückten. Die Hände gegen die Brust gepresst, sank ich schließlich an die Tür gelehnt zu Boden, schloss die Augen und atmete in flachen Zügen. Dann hörte ich das Klopfen.
Ich wusste, wer das war, noch bevor er rief: »Isabella, bitte! Lass mich ein!«
Ich hörte Beatriz etwas Unverständliches murmeln und Fernando barsch antworten. Er klopfte erneut, fester diesmal. »Isabella, mach die Tür auf! Ich bin dein Mann. Wir müssen miteinander reden.«
Bei seinem wütenden Ton überkam mich die Lust, ihn zappeln zu lassen, aber da ich den Eklat nicht verschlimmern wollte, rappelte ich mich auf und entriegelte die Tür. Als er eintrat und die Tür vor Beatriz’ Nase prompt wieder zuschlug, huschte ich in die Mitte des Raums.
»Du wusstest Bescheid«, sagte ich, bevor er weiterreden konnte. »Wann? Vor oder nach unserem Gelübde?«
Er erwiderte meinen bohrenden Blick. Wie immer, wenn er erregt war, zuckte es unter seinem linken Auge.
»Nun? Hast du vor, mir zu antworten?«
»Hab einen Moment Geduld«, brummte er.
Ich trat einen Schritt näher. »Wozu brauchst du einen Moment? Das ist eine einfache Frage.«
»Bei dir ist
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