Der Schwur der Königin
kannte. Fernando verharrte auf seinem Streitross, sein Gesicht eine starre Maske.
»Wenn du die Mauern von Zamora niedergerissen hättest«, fuhr ich fort, »was du sehr wohl gekonnt hättest, wenn du nur meinen Willen gehabt hättest, dann wären Portugal und sein Herrscher aus diesem Reich hinausgefegt worden, und uns wäre diese Schmach erspart geblieben.«
Er drosch mit der Handfläche auf seinen Sattel, woraufhin sein Pferd mit den Hufen scharrte. »Das ist unfassbar! Nach allem, was wir ertragen haben, beklagst du dich, weil wir unversehrt zurückgekehrt sind? Wir mögen eine Schlacht nicht gewonnen haben, aber wir haben auch keine verloren.«
»Nein?«, konterte ich. »Du kannst von mir aus glauben, in der Niederlage liege Ruhm, aber ich gebe mich nicht mit weniger als einem Sieg auf der ganzen Linie zufrieden.«
Schon im Sprechen begriff ich, dass ich zu weit gegangen war. Seine Miene nahm einen abweisenden Ausdruck an. »Nun gut«, erwiderte er leise, »dann fürchte ich, steht uns eine schwere Aufgabe bevor, weil dir die Anstrengungen bloßer Sterblicher offenbar nicht genügen.«
Seine Stimme drang durch meinen Zorn und holte mich schlagartig in die Gegenwart zurück, in das niederschmetternde Bild vor meinen Augen – in die Lage unserer Armee, die zwar zerlumpt und verwahrlost war, aber eben auch unversehrt, wie er versucht hatte, mir zu erklären; zu Fernando, der lebte und nicht sterbend oder verwundet unter einem Leichenhaufen begraben lag. Er saß mir gegenüber aufrecht im Sattel, der Prinz, den ich wegen seiner Beharrlichkeit ausgewählt und der wiederholt für sein eigenes Reich gekämpft hatte. Er war ein König, der heute eine unmögliche Entscheidung getroffen hatte, um uns morgen eine mögliche Verwüstung zu ersparen. Und er war mein Gemahl, der aus Liebe zu mir und meinem Reich in den Krieg gegen unsere Erzfeinde gezogen war, bereit, notfalls für das Wohl Kastiliens zu sterben.
Ich blickte mit bedrückender Klarheit auf die Ebene hinaus. Zum ersten Mal nahm ich den Admiral wahr, der mich von seinem Pferd aus voller Unbehagen betrachtete, und die Soldaten hinter ihm – alles tapfere Männer. Von Ruhr, Hunger und Hitze ausgezehrt, beobachteten sie mich in einer rührenden Mischung aus Ehrfurcht und Desillusionierung. Ich war ihre Königin, doch statt ihre Rettung zu preisen, hatte ich sie wegen ihrer Weigerung, sich zu opfern, gescholten.
Am liebsten hätte ich mich in einem Mauseloch verkrochen. Hatte Fernando recht? Würden selbst noch so große Anstrengungen mich nie zufriedenstellen, schon gar nicht meine eigenen?
Ich zwang mich, Fernando in die Augen zu schauen. »Vergib mir«, flüsterte ich. Eigentlich erwartete ich, er würde sich abweisend zeigen, nicht nur jetzt, sondern für immer. Ich hatte ihn vor seinen Männern zurechtgewiesen, die schlimmste Beleidigung, die man einem Kommandanten zufügen konnte. Er hatte jedes Recht, mich die Folgen meines Verhaltens spüren zu lassen. Doch stattdessen bewies er, wenn auch widerstrebend, Verständnis.
»Es gibt nichts zu vergeben«, entgegnete er. »Von jetzt an wollen wir uns in Demut Ihm gegenüber üben, vor dem selbst die Mächtigsten schwach sind, damit Er uns in der Stunde der Not Seine Gnade erweisen kann.«
Mir schnürte sich die Kehle zu. Meine Stimme versagte mir ihren Dienst. Kein Wort schien geeignet zu sein, diejenigen Worte auszulöschen, die ich so leichtfertig in die Welt gesetzt hatte. Ich wendete Canela. Seite an Seite ritten Fernando und ich zur Burg zurück. Unsere Armee marschierte uns hinterher.
In Valladolid beriefen wir die Cortes ein. In einem leidenschaftlichen Aufruf bat ich die Versammlung um Hilfe. Auf kastilischem Boden stand neuerdings eine fremde Armee mit dem Ziel, uns zu vernichten. Doch die Vertreter der Städte – die von ihren früheren Abgaben ausgelaugt waren – stimmten gegen neue Mittel für den Krieg. Einzig die Kirche bliebe uns noch, erklärte Kardinal Mendoza, der mit geröteten Augen ebenfalls am Ratstisch saß. Wenn ich verfügte, dass die geistlichen Behörden uns die Hälfte ihrer Gold- und Silbervorräte zur Verteidigung des Reichs überlassen müssten, könnten wir diese für das benötigte Geld einschmelzen. Ansonsten hätten wir keine andere Wahl, als um Verhandlungen mit Alfonso und Villena zu ersuchen.
»Kommt nicht infrage!«, donnerte Fernando. Er wandte sich zu mir um. »Nicht einen Turm, hast du gesagt. Wir dürfen ihnen nicht eine Zinne überlassen.«
Ich
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