Der Schwur der Königin
Wohlgeruch, der so intensiv war, dass man sie nur mit dem Kleidersaum zu streifen brauchte, um süß duftende Wolken aufsteigen zu lassen. Doch heute ging ich achtlos daran vorbei, denn meine Stunden waren von Sonnenaufgang bis in die Nacht mit Arbeit gefüllt. Die Lage unserer Finanzen zwang mich, zu improvisieren und die Ausgaben am Hof so weit einzuschränken, dass ich bei jedem Erwerb feilschen musste, egal worum es ging: Waffen, Rüstungen und Zelte, aber auch Rinder, Hühner und sonstige Tiere, dazu Wein, Gerste und anderes Getreide – was immer bei einer längeren Belagerung für die Ernährung unserer Männer nötig war. In den Nächten brütete ich mit dem gewissenhaften Cárdenas über den Rechnungsbüchern, überprüfte jede Ausgabe sorgfältig und entnahm aus meiner Privatschatulle für Kleider zusätzliches Geld, um damit fehlende Beträge in der Kriegskasse auszugleichen, denn unerwartete Ereignisse erforderten eben zusätzliche Ausgaben.
Meine Bemühungen wurden abrupt beendet, als am achtundzwanzigsten Juni mitten in einer Kronratssitzung die Wehen einsetzten. Gerade hatte ich noch meine Vorratsliste erläutert, als ich mich plötzlich vor Schmerzen krümmte. Die Fürsten beobachteten schweigend, wie Fernando mir eilig auf die Füße half und meine Vertrauten mich in die Gebärkammer führten. Dort platzte auch schon die Fruchtblase, und das Wasser ergoss sich über meine bestickten roten Lederpantoffeln.
Die nächsten vierundzwanzig Stunden verschwammen ineinander. Fernando weigerte sich, von meiner Seite zu weichen, und setzte sich sogar über die Sitte hinweg, die es Männern verbot, bei einer Geburt dabei zu sein. Er tupfte mir die Stirn mit einem in kühlem Minzewasser getränkten Tuch ab, bellte Befehle und hetzte die verstörten Hebammen, die nicht wussten, wie sie sich in seiner Gegenwart verhalten sollten, hin und her. Obwohl ich bis auf meine grässlichen Schmerzen kaum etwas wahrnahm, spürte ich dennoch seine Nähe, seine Hand auf meiner Stirn und hörte ihn wieder und wieder flüstern: »Pressen, mi Luna, mit allem, was du hast. Ich bin bei dir. Ich werde dich nicht verlassen.«
Schließlich, in den frühen Morgenstunden, setzte ich mich rittlings auf den Gebärhocker und gebar mit einem Schrei aus tiefster Kehle mein viertes Kind – ein Mädchen. Doch während sie gewaschen und der Milchamme übergeben wurde, presste ich weiter. Fassungslos sah ich einen Sturzbach aus Blut aus meinem Inneren strömen. Die oberste Hebamme murmelte etwas von einem zweiten Kind, das noch in mir festsitze. Als die Nacht den Tag verschluckte, schwebte der Schatten des Todes über mir. Vor meinen zu Schlitzen verengten Augen konnte ich seine gespenstische Fratze sehen, seine weit ausgebreiteten schwarzen Flügel. Jetzt endlich drängten die Hebammen Fernando auf den Flur hinaus, wo sich die Fürsten versammelt hatten. Inés nahm seinen Platz ein und beschwor mich, mich zu unmöglichen Anstrengungen aufzuraffen, obwohl ich vor Erschöpfung kaum noch in der Lage war zu wimmern.
Schließlich glitt auch das Zwillingsgeschwister in einer schleimigen Blase aus mir heraus. Die Hebamme nahm es flink in die Hände. Als ich sah, wie sie sich abwandte und es in ein Totengewand hüllte, stieß ich einen Schrei aus, der im ganzen Alkazar widerhallte.
Mit Tränen in den Augen befreite Inés meine tauben Glieder von den tropfnassen Hemden und legte mir ein sauberes Nachthemd an. Ich klammerte mich an sie und flüsterte: »Ich will sie sehen, ich will meine kleine Tochter sehen …«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Majestad «, murmelte sie, »das wollt Ihr nicht. Ruht jetzt, um der Liebe Gottes willen. Eurer Tochter geht es gut. Sie trinkt gerade. Die andere ist bei den Engeln.«
Aber das war sie nicht. Sie war ungetauft und ohne Beichte gestorben, eine unschuldige Seele, die nun für immer dazu verdammt sein würde, im Fegefeuer zu brennen. Ich war untröstlich und fand keine Ruhe, bis Fernando Kardinal Mendoza schroff befahl, der Leiche die Letzte Ölung zu spenden und den winzigen verformten Kopf mit Weihwasser zu besprenkeln.
Dann legte mein Mann die Arme um mich und hielt mich fest, bis ich mich in den Schlaf geweint hatte.
28
Mit einer elftausend Mann starken Armee brach Fernando unter einer Julisonne auf, die so heiß war, dass die Erde wie gekochtes Leder aufplatzte. Da meine Erholung von den Strapazen der Geburt entmutigend langsam verlief, musste ich im Bett Abschied von ihm nehmen. Unsere
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